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Bei Gelegenheit dieses Besuches überbot sich Marshall Field ebenso wie das Personal seiner Magazine fast in Glückwünschen und ermunternden Worten für die fünfte Partnerin und deren von ihr unzertrennliche Gefährtin.

Am folgenden Morgen entführte ein Schnellzug, auf einer Fahrt von hundertdreißig Meilen (209 Kilometer), die beiden Reisenden durch Illinois nach Danville, nahe der Westgrenze von Indiana. Am Nachmittag überschritten sie diese Grenze und verließen den Zug zur Zeit des Mittagsessens in Indianopolis, der hundertzwanzigtausend Bewohner zählenden Hauptstadt des Staates.

An Stelle Jovita Foley’s und ihrer Gefährtin hätte Harris T. Kymbale sicherlich einige Zeit darauf verwendet, diesen Staat etwas näher kennen zu lernen, wo man die Ausrottung der Eingeborenen schon seit dem letzten Jahrhundert anfing und in dem französische Colonisten mehrfach Niederlassungen gegründet haben. Jovita Foley glaubte sich aber auf Indianopolis beschränken zu sollen, das der White River durchströmt, ehe er sich in den Wabash ergießt. Indianopolis ist übrigens eine der bestverwalteten Städte der Union, die sich vor allem durch größte Sauberkeit auszeichnet.

In dem recht guten Hôtel, das die beiden Reisenden bezogen, verwechselte man sie, als sie ihre Namen angegeben hatten, häufig miteinander, jedenfalls weil in dem großen, im Gange befindlichen Spiele Jovita Foley weit mehr eine Rolle zu spielen geschaffen schien, als die bescheidene Lissy Wag.

Am 29. um acht Uhr fünfzehn fuhren sie mit dem ersten Zuge nach Louisville, das am linken Ufer des Ohio an der Grenze zwischen Indiana und Kentucky, d. h. des Staates liegt, der am eifrigsten für die Aufhebung der Sclaverei eingetreten war. Um elf Uhr neunundfünfzig war ihre Reise beendigt.

Man hätte Jovita Foley nun getrost sagen können, daß Kentucky einen Besuch verdiene, weil es, vorzüglich seit Louisiana ihm die Mündungen des Mississippi abgetreten hat, einer der reichsten Staaten der Union sei, ihre Antwort hätte doch nur gelautet: Mammuthhöhlen! – daß es für Ackerbau und Viehzucht ganz besonders geeignet sei, die besten Pferde in ganz Amerika und den dritten Theil des Tabaks der Vereinigten Staaten liefere, sie hätte doch nur: Mammuthhöhlen! geantwortet, – daß es die größten Industriestädte längs des Ohio und Kohlengruben im Gebiet der Alleghanyberge besitze, sie hätte unverändert nur das Wort: Mammuthhöhlen! darauf erwidert. Völlig gefangen genommen von jenen berühmten Grotten, dachte Jovita Foley nicht einmal mehr an Covington und Newport,. die beiden zu Kentucky gehörigen Vororte von Cincinnati, die schon Tom Crabbe und John Milner besucht hatten, nicht an Middlesborough, das auf bestem Wege ist, eine große Stadt zu werden, auch nicht an Frankfort, die heutige, oder an Lexington, die ehemalige Hauptstadt des Staates. Und doch ist die letztere so schön mit ihrem Netze breiter Straßen, ihrem grünen Laubwerk mit der köstlichen Kühle darunter, mit ihrer im ganzen Süden berühmten Universität und ihrem im besten Rufe stehenden Hippodrom, auf dem das erlesenste Pferdematerial der Neuen Welt zu starten pflegt. Was bedeutete freilich dieses Hippodrom bei seinem beschränkten Umfang gegenüber dem ungeheueren Rennplane der amerikanischen Republik, auf dem jetzt die Theilnehmer am Match Hypperbone unter den sieben Farben des Regenbogens um den großen Preis kämpften?

Am heutigen Nachmittag beschränkten sich die beiden Freundinnen darauf, die schönsten Bezirke von Louisville zu besuchen und die achthundertzwölf Toisen lange, den Ohio überspannende Brücke zu überschreiten, die die Stadt mit ihren zum Territorium Indiana gehörigen Vororten New Albany und Jefferson verbindet, mit denen zusammen sie zweimalhunderttausend Seelen zählt. Dagegen vermieden die beiden jungen Mädchen die Industrieviertel mit ihren zahlreichen Werkstätten, Tabakfabriken, Rauchwaarenzurichtereien, Spinnereien, Destillieranstalten, den Werften für den Bau von Flußschiffen und den Fabriken für den von landwirthschaftlichen Maschinen.

Louisville liegt übrigens auf einem Plateau mit fast senkrecht abfallender Wand etwa hundert Fuß über dem Ohio. Von der Stadt aus umfaßt der Blick deshalb den unregelmäßigen Verlauf des Stromes, den Canal, der dessen linkes Ufer begleitet, die Inseln Sand und Coose, die Bahnlinie, die ihn schneidet, und auch die schönen Fälle, die das brodelnde Wasser des Stromes bildet.

Sehr ermüdet, was Jovita Foley zwar ableugnete, Lissy Wag aber ehrlich zugestand, kehrten sie endlich gegen neun Uhr abends in ihr Hôtel zurück.

»Gute Nacht, sagte Jovita Foley sich niederlegend.

– Und wann fahren wir weiter? fragte Lissy Wag.

– Morgen früh…

– So zeitig, Jovita, wo doch einige Stunden genügen, unser Reiseziel zu erreichen?… Wir haben ja noch Zeit…

– Zeit hat man niemals, wenn es sich um die Mammuthhöhlen handelt! antwortete Jovita Foley. Schlaf nur recht ruhig, meine Liebe, ich werde Dich schon wecken.«

Wirklich führte der Zug schon am Morgen des 30. die beiden jungen Damen nach Süden zu hinweg – eine Strecke von etwa hundertfünfzig Meilen (230 Kilometer) bis zu den berühmten Grotten und durch eine ziemlich ebene, mit tiefen Wäldern bedeckte Landschaft, in der nur da und dort Getreidefelder und Tabakanpflanzungen sichtbar wurden.

Jenseit der kleinen Stadt Maufort, der einzigen, die in diesem Landestheile an der Bahnlinie liegt, thut sich das herrliche Thal des Green River auf. Dieser Nebenfluß des Ohio mit sehr klarem Wasser gleitet unter einer Decke von grünen Seerosen und von Pontederias mit gelben und blauen Blüthen dahin – das sind Farben, die an die Hermann Titbury’s, Harris T. Kymbale’s und auch Lissy Wag’s erinnern.

Noch vor der Mittagsstunde stiegen die beiden Freundinnen im Mammoth Hotel, einem Gasthause ersten Ranges ab, das sich fast am Eingange zu den Grotten inmitten der prächtigsten Umgebung erhebt.

Trotz der sie verzehrenden Neugier mußte Jovita Foley mit dem Besuche der Mammuthhöhlen bis zum nächsten Tage warten, da heute alle Führer bereits in Anspruch genommen waren. Dafür benutzte sie ihre Muße, in der Umgebung spazieren zu gehen, lang hin durch das reizende Thal und an dem schattigen Ufer des Rio hinauf zu wandern, der sich, tausend Cascaden bildend, in den Green River ergießt.

Der Besuch endigt vor einem bodenlosen Abgrunde… (S. 308.)

Das Hôtel ist ganz vortrefflich eingerichtet, das Wohlbefinden der hier zusammenströmenden Lustreisenden zu sichern. Es umfaßt mehrere Landhäuser im Schweizerstil, die verschiedenen Zwecken dienen und alle schön eingerichtet sind. Die jungen Mädchen erhielten hier ein nach dem Thale zu gelegenes Zimmer; sie waren offenbar – und das befriedigte vorzüglich die eine von ihnen – bereits mit Ungeduld erwartet worden.

Zu dieser Jahreszeit finden sich hier gewöhnlich sehr viele Ausflügler ein, die die Mammuthhöhlen besichtigen wollen; davon konnte sich Jovita Foley überzeugen, als der Klang des schrecklichen, in den amerikanischen Hôtels gebräuchlichen Gongs die Gäste des Hauses nach dem Speisesaale gerufen hatte.

Indianopolis. – Der Bahnhof.

Der Gouverneur des Staates Illinois, John Hamilton, der ebenfalls als Tourist hier verweilte, ließ es sich nicht nehmen, daß Lissy Wag zur Rechten und Jovita Foley zur Linken von ihm sitzen mußten Das genügte ja, um der zweiten den Kopf noch ein wenig mehr zu verdrehen.

Bereiteten übrigens der Gouverneur von Illinois, seine Begleiter, sowie die übrigen Gäste der fünften Partnerin und ihrer Gefährtin einen so ehrenvollen Empfang, so wurden diese auch von den Damen, die zum Besuche der Mammuthhöhlen hierhergekommen waren, nicht minder herzlich willkommen geheißen. Die Actien Lissy Wag’s hatten eben einen hohen Cursstand erreicht… ließ das nicht auf einen glücklichen Enderfolg hoffen? Muß man es da Jovita Foley, die ja ihren Theil an diesen Aufmerksamkeiten, diesem Wohlwollen hatte, nicht nachsehen, wenn sie sich mehr und mehr mit ihrer Lissy identificierte, da es dieser ja selbst nicht in den Sinn kam, ihr daraus einen Vorwurf zu machen?