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Der Anblick so vieler Reporter überwältigte den Anwalt Grit, der Mary ROSS Phelan Jackman vertrat, und erinnerte ihn offenbar an den ersten Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung oder, besser gesagt, an das fragwürdige Verständnis, das er davon hatte. Auf jeden Fall hielt er es für seine Pflicht, seine Meinung frei zu äußern. Den Arm um seine völlig verstörte Mandantin gelegt, sagte er, was sie und er hinsichtlich des überraschenden Testaments empfanden. Seine Mandantin habe ihren Vater stets bewundert, liebe ihn über alles und verehre ihn, doch sei das Testament ganz offenkundig das Werk eines Geisteskranken. Wie lasse sich sonst erklären, dass er ein so gewaltiges Vermögen einer unbekannten Erbin vermacht hatte? Während sich Grit weiter über die geradezu unglaublich enge Beziehung zwischen Phelan und seiner Tochter Mary ROSS verbreitete, begann diese zu schluchzen - endlich hatte sie verstanden, worauf er hinauswollte. Auch Grit schien am Rande der Tränen zu sein. Ja, fuhr er fort, sie würden kämpfen und gegen diese schreiende Ungerechtigkeit angehen - notfalls bis zum Obersten Gerichtshof. Warum? Weil in diesem Testament nicht der Troy Phelan zu erkennen sei, den sie kannten. Zwischen ihm und seinen Kindern habe stets gegenseitige Zuneigung geherrscht, und ihre Bindung aneinander, die sich durch Schicksalsschläge und schwere Zeiten hindurch bewährt habe, sei unvorstellbar eng gewesen. Ja, sie seien entschlossen zu kämpfen, weil ihr geliebter Vater bei der Abfassung dieses schrecklichen Schriftstücks nicht er selbst gewesen sei.

Josh Stafford hatte nicht die geringste Eile, den Gerichtssaal zu verlassen. In aller Seelenruhe unterhielt er sich mit Hark Gettys und einigen der Anwälte von den anderen Tischen und versprach, ihnen Exemplare des furchtbaren Testaments zu schicken. Dann aber wurde die anfangs freundliche Atmosphäre feindselig. Ein Reporter von der Washington Post, den er kannte, wartete auf dem Gang, und Josh ließ sich volle zehn Minuten von ihm befragen, ohne wirklich etwas zu sagen. Das besondere Interesse des Reporters galt Rachel Lane. Wie ihr Lebenslauf außehe, wollte er wissen, und wo sie sich aufhalte. Auf keine seiner zahllosen Fragen hatte Josh eine Antwort.

Doch er war sicher, dass Nate sie früher finden würde als jeder andere.

Die Geschichte zog Kreise. Auf den Funkwellen der neuesten hochspezialisierten Telekommunikations-Geräte verließ sie das Gerichtsgebäude. Die Reporter hantierten mit ihren Mobiltelefonen, Laptops und Modems und redeten drauflos, ohne eine Sekunde nachzudenken.

Die wichtigsten Sender brachten die Nachricht schon zwanzig Minuten nach Sitzungsende, und eine Stunde später unterbrach der erste Nachrichtensender, der rund um die Uhr Informationsmüll verbreitete, sein Programm für eine Direktschaltung zum Gericht, wo eine Mitarbeiterin vor der Kamera verkündete, dass es verblüffende Neuigkeiten gebe, und dann die ganze Geschichte erzählte, die sie zum größten Teil richtig wiedergab.

Hinten im Gerichtssaal saß Pat Solomon. Er war der letzte noch von Troy persönlich verpflichtete Vorstandssprecher der Phelan-Gruppe und hatte diese Position sechs sehr ereignislose und sehr ertragreiche Jahre hindurch ausgefüllt.

Er verließ das Gericht, ohne auch nur von einem einzigen Reporter erkannt zu werden. Während er im Fond seiner Limousine zurückgefahren wurde, versuchte er zu verstehen, was sich hinter der von Troy gezündeten Bombe verbarg. Er war nicht schockiert. Immerhin hatte er zwanzig Jahre lang für Troy gearbeitet, da konnte ihn nichts mehr überraschen. Die Reaktion von Troys dämlichen Kindern und deren Anwälten fand er tröstlich. Troy hatte Solomon einmal mit der unmöglichen Aufgabe betraut, im Unternehmen eine Tätigkeit zu finden, die Troy Junior ausüben konnte, ohne dass die Quartalsgewinne darunter litten. Es war ein Alptraum gewesen. Der verzogene, unreife junge Mann, der weder Umgangsformen noch die primitivsten kaufmännischen Kenntnisse besaß, hatte im Geschäftszweig Mineralvorkommen ein Chaos angerichtet, bis Solomon schließlich grünes Licht bekam, ihn an die Luft zu setzen.

Einige Jahre später war es bei einer ähnlichen Episode Rex gewesen und sein Bestreben um Troys Beifall und sein Geld. Am Ende war Rex zu seinem Vater gegangen, um Solomons Entlassung zu erwirken.

Obwohl sich Troys Gattinnen und auch die anderen Kinder jahrelang immer wieder eingemischt hatten, war er unerschütterlich geblieben. Sein Privatleben war ein Fiasko, aber nichts kam seiner geliebten Firma in die Quere. Zwischen Solomon und Troy hatte nie eine enge persönliche Beziehung bestanden. Mit der möglichen Ausnahme Josh Staffords war eigentlich niemand wirklich von Troy ins Vertrauen gezogen worden. Zwar hatte ein ganzer Tross von Blondinen die üblichen Intimitäten genossen, doch Freunde hatte Troy nie gehabt. Während er sich von allen Menschen zurückzog und sowohl körperlich wie geistig verfiel, kam es unter denen, die seine Alltagsgeschäfte führten, gelegentlich zu geflüsterten Spekulationen über die Zukunft des Unternehmens. Seinen Kindern würde Troy es bestimmt nicht hinterlassen, darin war man sich einig.

Das hatte er auch nicht getan, jedenfalls nicht den üblichen Verdächtigen.

Der Vorstand wartete in demselben Konferenzzimmer in der dreizehnten Etage, in dem Troy sein Testament aus der Tasche gezogen und dann die Flucht ergriffen hatte. Gutgelaunt schilderte Solomon in lebhaften Farben, was sich im Gerichtssaal abgespielt hatte. Die Vorstellung, die Erben könnten Einfluss auf das Unternehmen gewinnen, hatte bei seinen Kollegen große Besorgnis ausgelöst. Troy Junior hatte bereits durchblicken lassen, dass er zusammen mit seinen Geschwistern die Aktienmehrheit besäße und die Absicht hätte, klar Schiff zu machen, damit das Unternehmen künftig satte Gewinne abwarf.

Sie wollten wissen, was mit Janie war, Troys zweiter Frau. Sie hatte als Sekretärin für das Unternehmen gearbeitet, bis sie zur Geliebten und schließlich zur Ehefrau befördert wurde. Nachdem sie ganz oben war, hatte sie viele Angestellte derart drangsaliert, dass Troy ihr Hausverbot für das Verwaltungsgebäude erteilt hatte.

»Sie hat beim Rausgehen aus dem Gerichtssaal geheult«, sagte Solomon. Seine Stimme klang beschwingt.

»Und Rex?« fragte der Finanzdirektor, dem jener einmal im Aufzug mitgeteilt hatte, er sei mit sofortiger Wirkung entlassen.

»Kein glücklicher Zeitgenosse. Gegen ihn läuft ja ein Ermittlungsverfahren. «

Sie redeten über die meisten der Kinder und sämtliche Ehefrauen, und im Raum machte sich eine festliche Stimmung breit.

»Ich habe zweiundzwanzig Anwälte gezählt«, sagte Solomon lächelnd. »Das war vielleicht ein trübsinniger Haufen.«

Da es keine offizielle Vorstandssitzung war, spielte es keine Rolle, dass Josh fehlte. Der Leiter der Rechtsabteilung bezeichnete das Testament als wahren Segen. Statt um sechs Dummköpfe brauchten sie sich nur um eine einzige Erbin Gedanken zu machen, die allerdings niemand kannte.

»Haben Sie eine Ahnung, wer das ist?«

»Absolut nicht«, antwortete Solomon. »Vielleicht weiß Josh was über sie.«

Am Spätnachmittag hatte sich Josh gezwungen gesehen, sein Büro in der Kanzlei zu verlassen und sich in einen kleinen Bibliotheksraum im Keller zurückzuziehen. Bei hundertzwanzig hörte seine Sekretärin auf, die Anrufe zu zählen. Seit Ende des Vormittags drängten sich die Reporter in der Eingangshalle. Josh hatte den Sekretärinnen strenge Anweisung hinterlassen, dass er eine Stunde von niemandem gestört werden wolle. Daher empfand er es als besonders ärgerlich, als es an der Tür klopfte.

»Wer ist das?« rief er.

»Es ist dringend, Sir«, gab eine Sekretärin zur Antwort.

»Kommen Sie rein.«

Sie steckte den Kopf gerade weit genug zur Tür herein, um ihn sehen zu können, und sagte: »Es ist Mr. O'Riley.« Josh hörte auf, sich die Schläfen zu reiben, und lächelte sogar. Suchend sah er sich um, bis ihm einfiel, dass es in diesem Raum kein Telefon gab. Sie kam zwei Schritte auf ihn zu, legte einen schnurlosen Hörer auf den Tisch und verschwand wieder.