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Ist ja großartig, dachte Nate.

»Er möchte, dass wir heute nacht hier im Dorf bleiben«, sagte Jevy. Die Frau füllte ihre Teller nach.

»Ich wusste gar nicht, dass wir bleiben«, sagte Nate.

»Er sagt ja.«

»Sagen Sie ihm, dass ich darüber nachdenken werde.«

»Sagen Sie es ihm selbst.«

Nate verfluchte sich, weil er das Satellitentelefon nicht mitgebracht hatte. Bestimmt machte sich Josh die größten Sorgen und schritt in seinem Büro unruhig auf und ab. Sie hatten fast eine Woche nicht miteinander gesprochen. Jevy sagte etwas halbwegs Komisches, das durch die Übersetzung richtig witzig wirkte. Der Häuptling brüllte vor Lachen, und schon bald lachten alle anderen auch. Selbst Nate schloss sich dem Lachen an, weil es so ansteckend war.

Sie schlugen eine Einladung zur Jagd aus. Ein Trupp junger Männer führte sie zum ersten Dorf zurück an ihr Boot. Jevy wollte noch einmal die Zündkerzen säubern und versuchen, den Vergaser besser einzustellen. Nate hatte nichts weiter zu tun.

Der Anwalt Valdir Ruiz nahm Mr. Staffords frühen Anruf entgegen. Die einleitenden Förmlichkeiten nahmen nur wenige Sekunden in Anspruch.

»Ich habe seit mehreren Tagen nichts von Nate O'Riley gehört«, sagte Stafford.

»Aber er hat doch so ein Telefon«, sagte Ruiz entschuldigend, als müsse er Mr. O'Riley in Schutz nehmen. »Stimmt. Deswegen mache ich mir ja auch Sorgen. Er kann mich jederzeit von jedem beliebigen Ort aus anrufen.«

»Kann er es auch bei schlechtem Wetter benutzen?«

»Nein, vermutlich nicht.«

»Wir hatten hier viele Gewitter. Es ist schließlich die Regenzeit. «

»Von Ihrem jungen Mann haben Sie auch nichts gehört?«

»Nein. Sie sind zusammen unterwegs. Er ist ein sehr guter Führer. Auch das Boot ist sehr gut. Bestimmt fehlt ihnen nichts.«

»Warum höre ich dann nichts von ihm?«

»Dazu kann ich nichts sagen. Aber der Himmel war ständig bedeckt. Vielleicht kann er sein Telefon dann nicht benutzen.«

Sie vereinbarten, dass sich Ruiz melden sollte, sobald er etwas erfuhr. Er trat ans offene Fenster und sah auf Corumbas geschäftige Straßen hinaus. Der Paraguay floss am Fuß des Hügels entlang. Es gab zahllose Berichte von Menschen, die ins Pantanal gegangen und nie zurückgekehrt waren. Das gehörte zur Überlieferung und trug zur Verlockung bei.

Jevys Vater hatte dreißig Jahre lang die Flüsse als Lotse befahren, und man hatte seinen Leichnam nie gefunden. Eine Stunde später traf Welly in der Kanzlei ein. Er kannte Senhor Ruiz nicht, wusste aber von Jevy, dass der Anwalt für die Kosten der Expedition aufkam.

»Es ist sehr wichtig«, sagte er der Sekretärin. »Und dringend.«

Senhor Ruiz bekam die Unruhe im Vorzimmer mit und trat aus seinem Büro. »Wer bist du?« wollte er wissen.

»Ich heiße Welly. Jevy hat mich als Leichtmatrose auf der Santa Loura eingestellt.«

» Auf der Santa Loura?«

»Ja.«

»Wo ist Jevy?« . .

»Im Pantanal.«

»Und das Boot?«

»Das ist untergegangen.«

Der Anwalt merkte, wie müde und verängstigt der Junge war. »Setz dich«, sagte er, und die Sekretärin lief, um Wasser zu holen. »Erzähl alles der Reihe nach.«

Welly umklammerte die Armlehnen des Sessels, auf dem er saß, und sprach schnell. »Jevy und Mr. O'Riley sind mit dem Beiboot aufgebrochen, um die Indianer zu suchen.«

»Wann war das?«

»Weiß ich nicht genau. Vor ein paar Tagen. Ich sollte auf der Santa Loura bleiben. Ein Unwetter, das schlimmste, das ich je erlebt habe, hat das Boot mitten in der Nacht vom Ufer losgerissen und zum Kentern gebracht. Ich bin ins Wasser gefallen. Ein Viehtransportboot hat mich später rausgefischt.«

»Wann bist du hier angekommen?«

»Erst vor einer halben Stunde.«

Die Sekretärin brachte ein Glas Wasser. Welly dankte ihr und bat um Kaffee. Auf den Schreibtisch der Sekretärin gestützt, betrachtete der Anwalt den armen Jungen. Er war schmutzig und roch nach Kuhmist.

»Das Boot ist also verloren?« fragte Valdir.

»Ja. Tut mir leid. Ich konnte nichts machen. Ich habe so ein Unwetter noch nie erlebt.«

»Und wo war Jevy bei dem Unwetter?«

»Irgendwo auf dem Cabixa. Ich mache mir Sorgen um ihn.«

Senhor Ruiz ging in sein Büro, schloss die Tür und trat erneut ans Fenster. Mr. Stafford war fünftausend Kilometer entfernt. Jevy konnte in einem kleinen Boot überleben. Es gab keinen Anlass, übereilte Schlüsse zu ziehen.

Er beschloss, erst einmal einige Tage nichts zu unternehmen. Gewiss würde Jevy bis dahin nach Corumba zurückkehren.

Der Indianer stand im Boot und hielt sich an Nates Schulter fest. Der Motor lief nicht erkennbar besser als vorher. Er stotterte, hatte Aussetzer und brachte bei Vollgas weniger als die Hälfte der anfänglichen Leistung zustande.

Sie fuhren an der ersten Indianeransiedlung vorüber. Der Fluss schlängelte sich in einer Weise, dass man annehmen konnte, er drehe sich im Kreise. Dann gabelte er sich, und ihr Begleiter wies ihnen die Richtung. Zwanzig Minuten später sahen sie ihr kleines Zelt. Sie legten dort an, wo Jevy zuvor sein Bad genommen hatte, brachen das Zelt ab und begaben sich mit ihrer Habe ins Dorf. Dort wollte der Häuptling sie haben.

Rachel war noch nicht zurück.

Weil sie nicht zum Stamm gehörte, lebte sie nicht in einer der Hütten um den Dorfplatz, sondern etwa dreißig Meter entfernt allein, näher am Waldrand. Ihre Hütte wirkte kleiner als die übrigen, und als sich Jevy nach dem Grund dafür erkundigte, erklärte der Indianer, den man ihnen zugeteilt hatte, schließlich lebe sie allein. Während sie zu dritt - Nate, Jevy und ihr Indianer - unter einem Baum am Rande des Dorfes auf Rachel warteten, sahen sie dem täglichen Treiben zu.

Der Indianer hatte von den Coopers, dem Missionars-Ehepaar, das vor Rachel da gewesen war, Portugiesisch gelernt. Außerdem kannte er eine Handvoll englischer Wörter, die er ab und zu an Nate ausprobierte. Vor den Coopers hatten die Ipicas noch nie einen Weißen gesehen. Mrs. Cooper war an Malaria gestorben, und Mr. Cooper war dorthin zurückgekehrt, woher er gekommen war.

Die Männer seien beim Fischfang und auf der Jagd, erklärte er den Gästen, und die Jüngeren hätten sich zweifellos zu ihren Freundinnen geschlichen. Den Frauen oblag die schwere Arbeit - Kochen, Backen, Waschen und die Aufsicht über die Kinder. Aber was auch immer es war, jede Tätigkeit wurde gemächlich erledigt. Bereits südlich des Äquators verging die Zeit langsamer als im Norden, aber den Ipicas war der Begriff Zeit völlig fremd.

Die Türen der Hütten blieben offen, und die Kinder rannten aus einer in die andere. Junge Mädchen flochten sich im Schatten gegenseitig Zöpfe, während ihre Mütter am Feuer arbeiteten.

Das Äußere der Hütten sah sauber und gepflegt aus. Gemeinsam benutzte Flächen wurden mit Strohbesen gekehrt. Ganz allgemein schienen die Ipicas großen Wert auf Sauberkeit zu legen. Frauen und Kinder badeten dreimal täglich im Fluss; die Männer zweimal, und nie mit den Frauen zusammen. Zwar waren alle nackt, aber es gab durchaus private Bereiche.

Am Spätnachmittag versammelten sich die Männer vor dem Männerhaus, dem größeren der beiden rechteckigen Gebäude in der Mitte des Platzes. Nachdem sie sich eine Weile mit ihren Haaren beschäftigt hatten, sie schnitten und reinigten, begannen sie zu ringen. Dabei stellten sie sich Mann gegen Mann und Fuß gegen Fuß. Das Ziel der Übung bestand darin, den Gegner zu Boden zu werfen. Zwar ging es bei diesem Zeitvertreib rauh zu, aber er folgte strengen Regeln, und zum Schluss lächelten die beiden Kontrahenten einander fröhlich an. Für den Fall, dass es zu Streitigkeiten kam, griff der Häuptling schlichtend ein. Die Frauen sahen mit flüchtigem Interesse aus den Türen der Hütten zu, als erwarte man das von ihnen. Kleine Jungen ahmten ihre Väter nach.