Sechs Kanzleien, die denselben Kampf führten, und jede von ihnen wollte ein unmäßig großes Stück von dem zu verteilenden Kuchen. Es war an der Zeit, dass die Angehörigen eine Spur Familiensinn zeigten. Er beschloss, mit seinem Bruder TJ zu beginnen. Das schien ihm am einfachsten, weil es so aussah, als ob sich dessen Anwälte an die Standesrichtlinien klammerten.
Telefonisch teilte er Troy Junior mit, dass es ein Gebot der wirtschaftlichen Klugheit sei, das Kriegsbeil zu begraben. Die Brüder vereinbarten, sich heimlich zu treffen, damit es keinen Ärger mit ihren Frauen gab, die einander nicht außtehen konnten.
Sie trafen sich zum Frühstück in einer Imbissstube in einem Vorort und redeten eine Weile über Football, während sie Waffeln vertilgten. Es zeigte sich, dass sie ganz gut miteinander auskamen. Dann sprach Rex die Snead-Geschichte an. »Das ist ein Hammer«, erklärte er. »Je nachdem, was der Mann sagt, kann er uns buchstäblich zugrunde richten oder reich machen.« Er schmückte die Geschichte aus und kam schließlich auf die Zahlungsverpflichtung zu sprechen, welche die Anwälte unterschreiben wollten, alle bis auf die von Troy Junior beauftragten. »Deine Anwälte versauen die Sache«, sagte er finster und sah sich misstrauisch um, als säßen Spione an der Imbisstheke.
»Der Schweinehund will also fünf Millionen?« fragte Troy Junior, der das Snead nach wie vor nicht recht zutraute.
»Das ist so gut wie geschenkt. Er ist bereit zu sagen, dass er als einziger in der Nähe war, als unser Vater das Testament abgefasst hat. Wir müssen unbedingt verhindern, dass er uns um unser Erbe bringt. Als Anzahlung will er nur eine halbe Million. Später können wir ihn immer noch um den Rest bescheißen.«
Dieser Plan gefiel Troy Junior. Den Anwalt zu wechseln war für ihn nichts Neues. Wäre er ehrlich gewesen, hätte er zugegeben, dass ihn die Kanzlei, für die Hemba und Hamilton arbeiteten, einschüchterte. Vierhundert
Anwälte. Eine mit Marmor ausgekleidete Eingangshalle. Gemälde an den Wänden. Irgend jemand musste das Geld für den guten Geschmack dieser Leute aufbringen.
Rex kam auf etwas anderes zu sprechen. »Hast du die sechs Schriftsätze gelesen?« fragte er.
Troy Junior zerbiss eine Erdbeere und schüttelte den Kopf. Er hatte nicht einmal den in seinem Namen eingereichten gelesen. Hemba und Hamilton hatten mit ihm darüber gesprochen, und er hatte unterschrieben. Es war ein dicker Stapel gewesen, und Biff hatte im Auto vor der Tür gewartet.
»Nun, ich habe sie alle gründlich gelesen, und in allen steht genau dasselbe. Jede dieser sechs Kanzleien tut haargenau, was auch die anderen tun: Sie alle fechten dasselbe Testament an. Es ist absurd.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, beeilte sich Troy Junior seinem Bruder zu versichern.
»Und alle sechs hoffen darauf, reich zu werden, wenn wir zu einer Einigung kommen. Wie viel kriegen deine Leute?«
»Wie viel zahlst du Hark Gettys?«
»Fünfundzwanzig Prozent.«
»Meine wollten dreißig. Wir haben uns auf zwanzig geeinigt.« Troy Junior strahlte vor Stolz, dass es ihm gelungen war, mehr herauszuhandeln als Rex.
»Sehen wir uns doch mal die Zahlen an«, fuhr Rex fort. »Stellen wir uns vor, wir verpflichteten Snead. Er sagt, was nötig ist, wir haben unsere Seelenheinis, die Kacke beginnt zu dampfen, und die Gegenseite erklärt sich zu einem Vergleich bereit. Angenommen, jeder Erbe bekommt, was weiß ich, sagen wir zwanzig Millionen. Das wären vierzig hier an diesem Tisch. Fünf kriegt Hark, vier gehen an deine Jungs. Das sind neun, bleiben einunddreißig für uns beide.«
»Damit wäre ich einverstanden.«
»Ich auch. Aber wenn wir deine Jungs aus dem Spiel lassen und uns zusammentun, ist Hark sicher bereit, bei seinem Honorarsatz Zugeständnisse zu machen. Wir brauchen diese vielen Anwälte nicht, TJ. Das sind lauter Trittbrettfahrer, die nur darauf warten, unser Geld einzusacken.«
»Ich kann Hark Gettys nicht außtehen.« »Von mir aus. Dann verhandle ich mit ihm. Du sollst dich ja auch nicht mit ihm anfreunden.«
»Warum setzen wir nicht Hark auf die Straße und bleiben bei meinen Leuten?«
»Weil er derjenige ist, der Snead aufgetrieben hat. Er hat auch die Bank aufgetrieben, die das Geld vorschießt, mit dem wir Snead kaufen können. Außerdem ist er bereit, die Papiere zu unterschreiben, während deine Leute Bedenken haben. Das ist eine hässliche Angelegenheit, TJ, und Hark weiß, wie man so was handhabt.«
»Ich halte ihn für einen korrupten Sauhund.« »Ist er auch! Aber er steht auf unserer Seite. Wenn wir uns zusammentun, bekommt er statt fünfundzwanzig nur zwanzig Prozent. Falls wir Mary ROSS auch mit auf unsere Seite ziehen können, geht er sicher auf siebzehneinhalb runter, und mit Libbigail auf fünfzehn.« »Die kriegen wir nie.« »Es besteht zumindest die Möglichkeit. Wenn wir zu dritt sind, ist vielleicht auch Libbigail bereit, sich die Sache anzuhören.«
»Und was ist mit dem Schlägertyp, mit dem sie verheiratet ist?« Troy Junior stellte diese Frage in vollem Ernst, als wäre nicht sein Bruder mit einer Stripperin verheiratet.
»Wir nehmen uns einen nach dem anderen vor. Erst müssen wir uns einigen, dann reden wir mit Mary ROSS. Ihr Anwalt Grit scheint mir keine besondere Leuchte zu sein.«
»Es hat keinen Sinn, sich zu streiten«, sagte Troy Junior betrübt.
»Das würde uns ein verdammtes Vermögen kosten. Höchste Zeit für einen Waffenstillstand.«
»Mama wird stolz sein.«
Das hochliegende Gelände am Xeco kannten die Indianer schon seit Jahrhunderten. Es diente ihnen als Lager für Fischer, die bisweilen über Nacht fortblieben, und als Rastplatz bei Fahrten auf den Flüssen. Rachel, Lako und ein weiterer Indianer namens Ten drängten sich unter einem strohgedeckten Schutzdach aneinander und warteten auf das Ende des Unwetters. Das Dach war undicht, und der Wind blies ihnen den Regen von der Seite ins Gesicht. Das Kanu lag zu ihren Füssen. Sie hatten es vom Fluss hergeschleppt, nachdem sie eine entsetzliche Stunde lang gegen das Unwetter angekämpft hatten. Rachel war bis auf die Haut durchnässt, aber zumindest war das Regenwasser warm. Mit Ausnahme einer Schnur um die Hüften und einer Lederhülle für ihre Geschlechtsteile waren die Männer nackt.
Früher hatte sie ein hölzernes Boot mit einem alten Außenbordmotor gehabt. Es hatte den Coopers gehört, ihren Vorgängern. Wenn Benzin da war, hatte sie es für Fahrten zwischen den vier Ipica-Dörfern benutzt. Außerdem war sie damit nach Corumba gefahren, zwei lange Tage auf dem Hinweg und vier zurück.
Schließlich hatte der Motor den Geist aufgegeben, und Geld für einen neuen gab es nicht. Jahr für Jahr hatte sie, immer wenn sie bei der Missionsgesellschaft ihren bescheidenen Etat vorlegte, gebeten, ihr einen neuen Außenbordmotor oder zumindest einen guten gebrauchten zur Verfügung zu stellen. Sie hatte in Corumba einen gesehen, der für dreihundert Dollar zu haben war. Aber Geld war überall auf der Welt knapp. Was sie bekam, brauchte sie für Medikamente und religiöse Schriften. Beten Sie weiter, hatte es jedes Mal geheißen. Vielleicht im nächsten Jahr.
Sie hatte das widerspruchslos hingenommen. Wenn der Herr es wollte, würde sie einen neuen Außenbordmotor bekommen. Über das Ob und Wann zu entscheiden war nicht ihre Aufgabe. Das stand allein Ihm zu.
Da sie über kein Boot verfügte, zog sie zu Fuß zwischen den Dörfern umher, fast immer in Begleitung des hin-
kenden Lako. Und einmal im Jahr, jeweils im August, brachte sie den Häuptling dazu, ihr ein Kanu und einen Führer für die Fahrt zum Paraguay zur Verfügung zu stellen. Dort wartete sie auf ein Viehtransportboot oder eine chalana nach Süden. Zwei Jahre zuvor hatte sie drei Tage warten müssen und im Stall einer kleinen Fazenda am Fluss übernachtet. In diesen drei Tagen war aus der Fremden erst eine Freundin und dann eine Missionarin geworden, denn der Bauer und seine Frau hatten sich dank ihrer Lehre und ihres Gebets zum Christentum bekehrt. Bei ihnen würde sie am nächsten Tag auf ein Boot nach Corumba warten.