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Wenn er zu sehr zitterte oder zu laut stöhnte, erhöhte ein Arzt, Pfleger oder eine Schwester, je nachdem, wer sich gerade in der Nähe befand, den Durchfluss der Infusion ein wenig, und wenn er zu laut schnarchte, drehte jemand sie ein wenig ab.

Durch einen Krebstoten wurde ein Platz in einem Zimmer frei. Nate wurde in den nächstgelegenen Raum zwischen einen Arbeiter, der einen Fuß eingebüsst hatte, und einen Mann geschoben, der wegen Nierenversagens im Sterben lag. Im Lauf des Tags sah der Arzt zweimal nach ihm. Das Fieber pendelte ständig zwischen neununddreißig und vierzig Grad. Im Lauf des Spätnachmittages kam Senhor Ruiz vorbei, um sich mit Nate zu unterhalten, aber der Patient war nicht wach. Der Anwalt teilte Mr. Stafford vom Gang aus über sein Mobiltelefon die Ereignisse des Tages mit. Was Josh da hörte, gefiel ihm nicht.

»Der Arzt sagt, dass das völlig normal ist«, sagte Valdir. »Mr. O'Riley kommt bald wieder auf die Beine.«

»Lassen Sie ihn bloß nicht sterben, Valdir«, knurrte Josh.

Geld war telegrafisch angewiesen. Außerdem bemühte man sich um einen Pass für Nate.

Wieder einmal lief der Tropf leer, ohne dass es jemandem auffiel. Stunden vergingen, und die Wirkung der Medikamente ließ allmählich nach. Es war pechschwarze Nacht, und niemand rührte sich in den drei anderen Betten, als Nate endlich die Spinnweben seiner Bewusstlosigkeit abschüttelte und Lebenszeichen von sich gab. Er konnte kaum sehen, wer da außer ihm im Zimmer war. Durch die offene Tür fiel ein leichter Lichtschimmer aus dem Gang herein. Man hörte keine Stimmen, und keine Füße schlurften vorüber.

Er fasste nach seinem schweißnassen Hemd und merkte, dass er darunter wieder nackt war. Er rieb sich die geschwollenen Augen und versuchte die steifen Beine zu strecken. Seine Stirn fühlte sich sehr heiß an. Er hatte Durst und konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal gegessen hatte. Er bemühte sich, keine Bewegung zu machen, um niemanden um sich herum zu wecken. Bestimmt würde bald eine Schwester vorbeikommen.

Die Laken waren nass von Schweiß, und als der Schüttelfrost erneut einsetzte, gab es keine Möglichkeit, warm zu werden. Er zitterte, seine Zähne schlugen aufeinander, und er rieb sich Arme und Beine. Nachdem der Schüttelfrost abgeklungen war, versuchte er wieder zu schlafen, was ihm während der Nacht auch für jeweils kurze Zeit gelang, doch als es am dunkelsten war, stieg das Fieber erneut. Es hämmerte so sehr in Nates Schläfen, dass ihm die Tränen kamen. Er legte sich das Kissen um den Kopf und drückte zu, so fest er konnte.

Eine schattenhafte Gestalt trat in das dunkle Zimmer, ging von Bett zu Bett und blieb schließlich neben dem Nates stehen. Sie sah eine Weile zu, wie seine Gliedmaßen unter den Laken zuckten und hörte sein vom Kissen gedämpftes leises Stöhnen. Dann fasste sie ihn sacht am Arm und flüsterte: »Nate.«

Unter normalen Umständen wäre er hochgeschreckt, aber inzwischen hatte er sich an solche Erscheinungen gewöhnt. Er legte sich das Kissen auf die Brust und versuchte, die Gestalt zu erkennen.

»Ich bin es, Rachel«, flüsterte sie.

»Rachel?« flüsterte er zurück. Sein Atem ging schwer. Er versuchte sich aufzusetzen und bemühte sich dann, seine Lider mit den Fingern hochzuschieben. »Rachel?«

»Ich bin hier, Nate. Gott hat mich geschickt, Sie zu schützen.«

Er streckte die Hand nach ihrem Gesicht aus, und sie nahm sie. Sie küsste seine Handfläche. »Sie werden nicht sterben«, sagte sie. »Gott hat Pläne mit Ihnen.«

Er konnte nichts sagen. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, und er konnte sie sehen. »Ja, Sie sind es«, sagte er. Oder war das wieder ein Traum?

Er sank wieder zurück, legte den Kopf auf das Kissen und spürte, wie sich die Anspannung in seinen Muskeln und die Verkrampfung seiner Gelenke löste. Er schloss die Augen, ließ ihre Hand aber nicht los. Das Hämmern hinter seinen Augen ließ nach. Die Hitze schwand von seiner Stirn und aus seinem Gesicht. Das Fieber hatte seine Kräfte erschöpft, und er sank wieder in Schlummer, einen tiefen Schlaf, den nicht die Medikamente bewirkt hatten, sondern seine völlige Erschöpfung.

Er träumte von Engeln - junge Mädchen in weißen Gewändern schwebten zu seinem Schutz in den Wolken über ihm, summten Melodien, die er nie gehört hatte, die ihm aber trotzdem vertraut vorkamen.

In Jevys und Valdirs Begleitung verließ Nate, mit Anweisungen des Arztes versehen, das Krankenhaus am nächsten Mittag. Es gab keine Spur von Fieber, keinen Ausschlag, lediglich Gelenke und Muskeln schmerzten ein wenig. Er bestand darauf zu gehen, und der Arzt erklärte sich rasch damit einverstanden. Er war froh, ihn loszuwerden.

Zuerst machten sie in einem Restaurant halt, wo er eine große Schüssel Reis und einen Teller gekochte Kartoffeln verzehrte. Anders als Jevy würdigte er die Steaks und Koteletts keines Blicks. Beide hatten noch Hunger von ihrem gemeinsamen Abenteuer. Der Anwalt trank Kaffee, rauchte Zigaretten und sah ihnen beim Essen zu. Niemand hatte Rachel beim Betreten oder Verlassen des Krankenhauses gesehen. Nate hatte Jevy das Geheimnis zugeflüstert, der seinerseits die Schwestern und Helferinnen befragt hatte. Nach dem Mittagessen verließ Jevy die beiden und machte sich zu Fuß in der Stadt auf die Suche nach Rachel. Er ging zum Fluss und sprach mit den Matrosen auf dem letzten Viehtransportboot, das in der Stadt eingetroffen war. Mit ihnen war sie nicht gereist. Auch die Fischer hatten sie nicht gesehen. Niemand schien etwas über das Eintreffen einer Weißen aus dem Pantanal zu wissen.

Als Nate allein in Valdirs Büro war, wählte er die Nummer von Staffords Kanzlei, an die er sich nur mit Mühe erinnern konnte. Sie holten Josh aus einer Besprechung. »Leg los, Nate«, sagte er. »Wie geht es dir?«

»Das Fieber ist vorbei«, sagte er, in Valdirs Lehnstuhl schaukelnd. »Ich fühle mich großartig. Ein bißchen müde und mitgenommen, aber sonst prima.«

»Es klingt auch danach. Du solltest zurückkommen.«

»Lass mir ein paar Tage.«

»Ich schicke eine Düsenmaschine, Nate. Sie fliegt heute Abend ab.«

»Tu das nicht, Josh. Es ist keine gute Idee. Ich komme, wenn mir danach ist.«

»Von mir aus. Erzähl mir von der Frau, Nate.«

»Wir haben sie gefunden. Sie ist Troy Phelans uneheliche Tochter und will von dem Geld nichts wissen.«

»Und wie hast du es geschafft, sie zu überreden, dass sie es doch nimmt?«

»Josh, diese Frau kann man zu nichts überreden. Ich habe es versucht, aber nichts erreicht und aufgegeben.«

»Na hör mal, Nate! Niemand lässt so viel Geld einfach sausen. Du hast ihr doch bestimmt klarmachen können, wie unvernünftig das wäre.«

»Keine Chance, Josh. Sie ist der glücklichste Mensch, den ich je kennengelernt habe, und vollkommen bereit,

den Rest ihres Lebens bei den Indianern zuzubringen. Dort hat Gott sie abgestellt. «

»Aber die Papiere hat sie doch unterschrieben?«

»Nein.«

Eine längere Pause trat ein, während Josh diese Mitteilung verdaute. »Du machst Witze«, sagte er schließlich so leise, dass es in Brasilien kaum hörbar war.

»Nein. Tut mir leid, Chef. Ich habe mir die größte Mühe gegeben, sie dazu zu bringen, dass sie zumindest die Papiere unterschrieb, aber sie wollte nicht. Sie wird sie nie unterschreiben.«

»Hat sie das Testament gelesen?«

»Ja.«

»Und hast du ihr gesagt, dass es sich um elf Milliarden Dollar handelt?«

»Ja. Sie lebt allein in einer Hütte mit einem Strohdach, ohne sanitäre Einrichtungen und Strom, hat kaum Ansprüche an Nahrung und Kleidung, kein Telefon und kein Fax und macht sich nicht im geringsten Sorgen um das, was ihr fehlen könnte. Sie lebt in der Steinzeit, Josh, und genau da möchte sie auch leben. Und Geld würde das verändern.«