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»Wie ist's abgelaufen?« fragte er ihn, die Todfeinde gar nicht beachtend. »Hat Ihr Körper jut zusammenjehalten, oder sind ein paar Gelenke zerrissen?«

Der Doktor befühlte sich auch und antwortete dann:

»Es scheint nichts zerbrochen zu sein, aber der Kopf brummt mir wie eine Pauke, lateinisch Tympanum genannt.«

»Dat jibt sich wieder. Wie sind Sie nur ins Rollen jekommen?«

»Ganz so wie du, der du doch auch -«

»Schweigt!« fuhr sie der Gambusino an. »Jetzt habe nur ich mit euch zu sprechen, und zwar ein sehr ernstes Wort. Wo seid ihr denn gestern abend hingekommen?«

»Hierher,« antwortete Fritze.

»Das sehe ich! Aber wer hat euch losgebunden?«

»Niemand.«

»Lüge nicht! Von selbst konntet ihr nicht loskommen.«

»O doch, sehr leicht!«

»Auf welche Weise?«

»Wir haben uns losgebissen.«

»Mensch, wenn du so gute Laune hast, daß es dir beikommt, Scherz mit mir zu treiben, so will ich dich bald in eine andre Stimmung bringen! Ich will wissen, wer euch befreit hat!«

»Und ich kann nichts anders antworten, als was ich schon gesagt habe. Wir haben uns selbst losgemacht.«

»Auf welche Weise?«

»Fällt mir nicht ein, dies zu verraten!«

»Wenn du nicht reden willst, werde ich dir den Mund öffnen!«

»Auch dann sage ich nichts. Wenn ich es erklärte, und ihr hängt uns wieder auf, könnten wir dann nicht herunter, denn ihr würdet euch besser vorsehen.«

»Ist das etwa wieder Hohn? Ich weiß, wer euch befreit hat. Ist's nicht der Vater Jaguar gewesen?«

»Seid jetzt nicht so neugierig! Später werden wir es euch erzählen.«

Er nahm seinen Herrn bei der Hand und eilte mit ihm fort, zum Felsenthor hinein. Antonio Perillo zog seine Pistole und wollte ihnen nach, um sie zum Stehenbleiben zu zwingen, aber der Gambusino meinte, indem er höhnisch auflachte:

»Laß sie nur! Sie entgehen uns nicht. Sie scheinen nicht zu wissen, daß sich die Krieger schon hier befinden und werden arg erschrecken, wenn sie dieselben sehen.«

»Mir fällt ein Stein vom Herzen!« fiel Perillo in das Gelächter ein. »Jetzt werden wir bald erfahren, was wir über ihr rätselhaftes Verschwinden zu denken haben und es wird uns das Vergnügen, sie noch einmal aufhängen zu können. Reiten wir ihnen nach!«

Sie folgten den Vorangeflohenen. Der Hauptmann Pellejo machte den Letzten. Als sie das Thor hinter sich hatten, sahen sie den Doktor und seinen Diener eben rechts hinter den nächsten Büschen verschwinden. Zu gleicher Zeit aber sahen sie noch etwas oder vielmehr noch jemand, das heißt, einen Menschen, welcher nicht verschwand, sondern erschien. Er trat soeben am linken Rande des Thales unter den Bäumen hervor.

Wer ihn einmal gesehen hatte, der mußte ihn stets und überall wieder erkennen.

»Todos los diablos!« rief der Gambusino. »Das ist der Vater Jaguar!«

Er hielt unwillkürlich sein Pferd an, und die andern beiden thaten mit den ihrigen dasselbe. Da sahen sie hinter dem Vater Jaguar ein leichtes Rauchwölkchen erscheinen, und im nächsten Augenblicke krachte ein Schuß. Was nun geschah, kann unmöglich im zehnten, ja nicht im fünfzigsten Teile der Zeit erzählt werden, in welcher es sich abspielte.

Der Vater Jaguar war von allen, welche auf das Nahen der Feinde warteten, der ruhigste gewesen. Er wußte, woran er war. Und dann, als der Häuptling der Abipones im Thale erschien und allen Cambas das Herz klopfte, bewahrte er dieselbe Ruhe. Er lehnte am Stamme eines Baumes und beobachtete durch das Gebüsch, welches er vor sich hatte, den Anmarsch der Feinde. Aber eben dieses Gebüsch, welches so dicht sein mußte, daß es ihn verbarg, verhinderte ihn, genau zu sehen. Er konnte die Gesichtszüge der einzelnen, oft sogar selbst ihre Gestalten, nicht erkennen. Er sah erst die Roten kommen, dann die weißen Reiter, und als hierauf der Zuzug stockte, weil der Gambusino, Perillo und Pellejo draußen geblieben waren, glaubte er, daß nun alle im Thale versammelt seien. Darum sagte er zu dem Lieutenant Verano:

»Bleiben Sie stehen, bis ich wiederkomme. Sollte ich aber schießen, so können Sie mit Ihren Kugeln so viele Abipones niederstrecken, wie Ihnen beliebt.«

Er trat aus dem Gesträuch hervor, um sich nach dem Mittelpunkte der Feinde zu begeben. Zwar sah er in diesem Augenblicke erst den Gambusino mit seinen beiden Begleitern erscheinen; aber er konnte unmöglich wieder zurück. Verano aber hielt seine Zeit für gekommen. Er hob sein Gewehr, legte es an, zielte auf den Häuptling der Abipones und drückte ab. Der Schuß krachte und der Häuptling stürzte, durch den Kopf getroffen, am Wasser nieder. Eine halbminutenlange Pause des Entsetzens folgte; dann erhoben die Abipones ein Geheul, welches von den Wänden des Thales widerhallte. Der Vater Jaguar wendete sich, als der Schuß hinter ihm krachte, blitzschnell um. Er sah den Lieutenant mit noch erhobenem Gewehre stehen und stand nach einigen raschen Sprüngen neben ihm.

»Schurke, Verräter, Mörder!« donnerte er ihn an. »Ist das der Gehorsam, den ich von dir forderte!«

»Ich habe keinem Menschen zu gehorchen,« antwortete der Mann trotzig.

»Auch Gott nicht, welcher den Mord verboten hat? Und du bist nicht ein einfacher, sondern ein Massenmörder!«

»Ich habe nur den Häuptling erschossen!«

»Nein, denn dein Schuß ist das Signal zu sechshundert andern. Horch!«

Von beiden Seiten des Thales krachten die Schüsse der Cambas unter den Bäumen hervor. Man sah die Abipones in Masse niederstürzen, und vom am Eingange rief eine laute, donnernde Stimme:

»Flieht, rettet euch! Ihr seid von allen Seiten umzingelt!«

Es war der Gambusino, welcher diese Worte mit solcher Stimme rief, daß sie über das ganze Thal hin schallten. Dann warf er sein Pferd herum und jagte hinaus. Antonio Perillo und der Kapitän Pellejo folgten ihm. Dies geschah, während der Vater Jaguar seine letzten Worte zu dem Lieutenant gesprochen hatte; darum fuhr er ergrimmt fort:

»Schon sind wenigstens hundert tot, und dort entkommen diejenigen, die ich haben wollte und haben muß.

Ich habe dir gesagt, wie ich einen solchen Mord bestrafen würde; du aber hast nicht auf meine Warnung gehört. Hier, nimm deinen Lohn!«

Er riß den Revolver hervor, hielt ihn dem Lieutenant blitzschnell an die Schläfe und drückte ab. Der Ungehorsame brach augenblicklich tot zusammen. Dann warf der gewaltige Mann einen schnellen Blick über das Thal. Eben krachte eine neue Salve der Cambas, welche zehnfach gefährlich waren, weil sie von den Abipones nicht gesehen werden konnten und die letzteren stürzten zu zehn und zwanzig zusammen. Was sollte er thun? Den Gambusino und Antonio Perillo, auf welche es hier ankam, entkommen lassen oder hier bleiben, um dem Morden Einhalt zu thun? Da eben kam Geronimo mit den Seinen durch den Eingang gestürmt; das brachte ihn schnell zur Entscheidung. Er rannte auf eins der Abiponespferde zu, welche, von den Schüssen erschreckt, scheu im Thale herumrannten, und sprang auf. Zu gleicher Zeit mit ihm kam der alte Anciano mit geschwungenem Gewehre gesprungen, warf sich auf ein zweites und rief ihm dabei zu:

»Señor, Antonio Perillo, der Mörder meines Inka, entkommt. Ich muß ihm nach, muß ihn haben!«

»Ich reite mit,« antwortete er. »Halte dich zu mir!«

Sie jagten nebeneinander nach dem Eingange zu. Dort hielt der Vater Jaguar sein Pferd für einen Augenblick an und rief seinem Geronimo zu:

»Hast du die drei fliehenden Reiter gesehen?«

»Ja. Wir konnten sie nicht halten, da wir keine Pferde hatten.«

»Nach welcher Seite haben sie sich gewendet?«

»Nach links, vom Thale aus.«

»Thu schnell dem Blutvergießen Einhalt! Der Kampf mag ruhen, wenigstens bis ich wiederkomme!«

Dann schoß er mit dem alten Anciano zwischen den beiden Felsen hindurch und riß sein Pferd nach links herum, wo er die Spuren der Flüchtigen im Grase sah.