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Es waren nämlich draußen soeben zwei Schüsse gefallen, worauf die beiden Pferde, von den Kugeln Hammers getroffen, tot niederstürzten. Der Gambusino hatte den Vater Jaguar ganz richtig beurteilt. Dieser letztere wußte ganz genau, wie er unter den gegenwärtigen Verhältnissen zu handeln hatte. Als die beiden Flüchtlinge von ihren Pferden sprangen und im Walde verschwanden, hatte der alte Anciano fröhlich ausgerufen:

»Sie sehen ein, daß wir sie einholen werden und verstecken sich in den Büschen. Jetzt haben wir sie. Wir müssen ihnen nach, schnell hinter ihnen her!«

Er wollte sein Pferd zu möglichst noch größerer Eile antreiben, um die Stelle, an welcher die beiden verschwunden waren, schnell zu erreichen; aber Hammer, welcher eng neben ihm ritt, griff ihm in die Zügel, und es gelang ihm, die Pferde nach einigen Sätzen anzuhalten.

»Was fällt dir ein!« sagte er. »Willst du direkt in den Tod reiten? Wir müssen anhalten.«

»Anhalten?« fragte der Alte erstaunt. »Dann entgehen sie uns ja! Sie werden trotz der Dichtheit des Waldes so tief in denselben eindringen, daß es uns unmöglich ist, sie zu finden.«

»Nein, das werden sie nicht. Ich wette, sie sind am Rande des Gebüsches stehen geblieben, um uns, mit den Gewehren in den Händen, zu erwarten. Wenn wir uns ihnen nähern, bekommen wir ihre Kugeln.«

»Das ist wahr, Señor; daran dachte ich nicht. Aber sollen wir diese Halunken entkommen lassen?«

Der Vater Jaguar antwortete nicht sofort. Sein Gesicht nahm den Ausdruck grimmiger Entsagung an. Er blickte eine Weile finster vor sich nieder und sagte dann, indem das zornige Knirschen seiner Zähne zu hören war:

»Es bleibt uns wohl nichts andres übrig, als unverrichteter Sache zurückzureiten.«

»Aber ich will und muß diesen Antonio Perillo, diesen Mörder haben!«

»Und ich will und muß den Gambusino erreichen; aber wenn wir uns zur Unvorsichtigkeit hinreißen lassen, werden sie uns bekommen, anstatt wir sie.«

»Gibt es denn kein Mittel, keinen Weg, Señor? Sie sind so erfahren, so listig. Sie sind niemals um eine Auskunft verlegen. Sollten Sie gerade jetzt, wo es sich um alles handelt, wo wir schon so nahe am Ziele waren, von Ihrem Scharfsinne verlassen werden?«

»Nein, doch nicht so ganz, wie du denkst,« antwortete Hammer, indem sein Gesicht sich wieder aufzuheitern begann. »Wir müssen sie laufen lassen, aber doch nur einstweilen. Wir kennen den Ort, an welchem sie sich jetzt befinden, und werden ihrer Fährte folgen.«

»Aber dies können wir doch nicht jetzt, sondern erst später thun!«

»Allerdings. Jetzt müssen wir nach dem Thale zurückkehren, wo meine Anwesenheit zunächst notwendiger sein wird als hier.«

»Dann kommen die beiden Schurken hervor, setzen sich auf ihre Pferde und reiten davon, sie erhalten dadurch einen Vorsprung, welchen wir nicht einholen können.«

»Sie werden nicht reiten können, sondern gehen müssen. Dafür sorge ich jetzt.«

Er legte sein Doppelgewehr an und richtete es nach der Stelle, an welcher die Pferde der Flüchtlinge standen.

Die beiden Kugeln trafen so genau, daß die Tiere sofort niederstürzten. Dann fuhr er fort, indem er gleich wieder lud:

»Übrigens ist es vielleicht gar nicht nötig, daß wir ihren Spuren mühsam folgen. Hast du gehört, was Hauptmann Pellejo uns zurief, als wir an ihm vorüberjagten?«

»Ja.«

»Er scheint in die Pläne seiner Kumpane eingeweiht zu sein und wird sich rächen wollen, indem er sie uns verrät. Vielleicht ist er nicht zu Tode getroffen. Wenn er noch lebt, werden wir vielleicht Wichtiges von ihm hören. Laß uns also umkehren.«

Er wendete sein Pferd um, ohne noch einmal zurückzublicken. Anciano aber folgte ihm nicht eher, als bis er die Faust drohend gegen die Stelle geschüttelt hatte, an welcher die entkommenen Feinde zu vermuten waren. Er, der sonst so ruhige und bedächtige Greis, zitterte fast vor Grimm darüber, daß die erst so viel versprechende Verfolgung ein solches Ende genommen hatte.

Als sie sich im Galoppe der Stelle näherten, wo Pellejo vom Pferde gestürzt war, sahen sie, daß er seinen Oberkörper mühsam erhob und ihnen zuwinkte. Er lebte also noch. Sie hielten bei ihm an und stiegen von ihren Pferden. Er lag in einer Blutlache und hielt die Hand auf die Wunde, als ob er dadurch das entfliehende Leben zurückhalten könne. Der Vater Jaguar sah es seinem todesbleichen Gesichte und den schon starr werdenden Augen an, daß jede Hilfe hier vergeblich sei; dennoch kniete er bei dem Verwundeten nieder und schnitt die Kleidung desselben auf, um die Wunde zu untersuchen.

»Geben Sie sich keine Mühe, Señor,« sagte Pellejo mit schwacher Stimme. »Ich fühle, daß die Kugel im Leben sitzt. Haben Sie gesehen, daß ich von dem Gambusino meuchlerisch vom Pferde geschossen wurde?«

»Ja. Er, der Ihr Verbündeter war, ist zum Mörder an Ihnen geworden. Ich sehe, daß es keine Rettung für Sie gibt. Sie haben nur noch wenige Minuten zu leben. Wollen Sie Ihr Gewissen erleichtern? Haben Sie einen Wunsch, den ich Ihnen vielleicht erfüllen kann?«

»Einen Wunsch ---? ja!« antwortete der Gefragte, indem sein Auge für einige Sekunden neues Leben bekam.

»So teilen Sie ihn mir mit!«

»Rache!«

»An dem Gambusino?«

»Ja. Rächen Sie meinen Tod, Señor!«

»Ich will es thun. Auch ich habe eine schwere Rechnung mit dem Gambusino und werde den an Ihnen begangenen Mord dazu addieren. Aber unterstützen Sie mich. Kennen Sie die Pläne dieser beiden Männer?«

»Ja,« antwortete Pellejo, indem er die Hand wieder auf die Wunde drückte, um das Blut aufzuhalten und so einige Minuten länger leben zu können. »Meine Augenblicke sind gezählt, aber sie werden ausreichen, Ihnen mitzuteilen, was ich erlauscht habe. Der Gambusino und Perillo wollten durch den jetzigen Kriegszug und das darauf folgende Pronunciamiento reich werden. Sie hofften, reiche Beute zu machen. Darauf müssen sie nun verzichten. Dafür aber wollen sie sich den gewünschten Reichtum nun aus den Bergen holen.«

»Ach! Kennen Sie den Ort?«

»Ja. Er liegt in der Nähe der Salina del Condor.«

»Kennen Sie den Namen?«

»Ich kenne ihn; aber ich bin schon so schwach, daß - daß ich mich erst noch besinnen muß.«

»War es vielleicht die Barranka del Homicidio?«

»Ja, ja, die war es!« antwortete der Sterbende lebhafter als bisher.

»Soll es denn dort Schätze geben?«

»Große Reichtümer aus der Inkazeit!«

»Woher weiß das der Gambusino?«

»Antonio Perillo erzählte es ihm. Dieser hat einen Indianer belauscht, der in einer Vollmondnacht in die Barranka stieg und am nächsten Morgen mit Kostbarkeiten beladen wieder herauf kam.«

»Wann ist das gewesen?«

»Das weiß ich nicht, denn es wurde nicht mit erwähnt.«

»Hat Perillo denn die Kostbarkeiten gesehen?«

»Nicht nur gesehen. Er ist dem Indianer nach und hat ihn ermordet, um ihn zu berauben. Sogar seine Kopfhaut hat er mitgenommen.«

Der alte Anciano hatte geschwiegen; jetzt ließ er einige dumpfe, unverständliche Worte hören. Der Vater Jaguar fragte weiter:

»Ist Perillo später wieder in der Barranka gewesen?«

»Ja. Er hat nach den Schätzen gesucht, aber nichts gefunden. Nun will er jetzt mit dem Gambusino hinauf, weil dieser erfahrener und scharfsinniger ist.«

»Sie wissen das genau?«

»Ganz genau. Ich hörte es von ihnen selbst. Ich belauschte sie gestern, ohne daß sie es ahnten und - - -« '

Er hatte nur in kurzen Absätzen gesprochen und die Worte oft einzeln und mühsam hervorgestoßen; seine Stimme war dabei immer schwächer geworden. Jetzt riß es ihm mitten in der Rede die Hand von der Wunde weg; er bäumte sich mit einem gurgelnden Schrei empor und sank dann wieder nieder. Seine Augen schlossen sich; er röchelte leise und immer leiser; seine Glieder streckten sich in krampfhaften Zuckungen aus er war tot.