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Die Cambas hatten heute keinen Mann verloren, Grund genug, ihre Forderungen nicht zu übertreiben. Die Abipones waren durch die große Zahl ihrer Toten und Verwundeten hart bestraft. Sie mußten alle ihre Waffen abgeben und dann Frieden schwören. Es war dem Vater Jaguar gelungen, eine Straflieferung von Pferden und Rindern zu hintertreiben, da die Abipones diese Tiere doch, um sie den Cambas bringen zu können, den weißen Ansiedlern vorher hätten rauben müssen.

So war der Krieg zum Nutzen der Cambas beendet. Diese jubelten und fanden kaum Worte, dem Vater Jaguar ihre Dankbarkeit zu bezeigen. Die Abipones aber waren selbstverständlich im höchsten Grade niedergeschlagen. Sie saßen klagend bei ihren Leichen und kühlten mit Wasser die Wunden ihrer Blessierten. Heute blieben alle, Sieger und Besiegte, im Thale. Morgen sollten die letzteren waffenlos abziehen, natürlich nur die Gesunden und Leichtverwundeten, während die Schwerverwundeten von den Cambas gepflegt würden und dann nachkommen sollten.

Kein Mensch freute sich darüber, daß so viel Blut geflossen war, in der Weise, wie Don Parmesan Rui el Iberio, denn er glaubte, nun das Licht seiner chirurgischen Kenntnisse und Geschicklichkeiten leuchten lassen zu können. Er wendete sich an die Häuptlinge der Abipones, um die Erlaubnis zu erhalten, ihre Kranken behandeln zu dürfen, wurde aber kalt und ohne Dank abgewiesen, da diese Roten sich auf die Behandlung der Wunden weit besser als mancher weiße Arzt verstehen. Er kehrte darum ganz erbost von ihnen zurück und sagte zu Morgenstern, dem er sich am liebsten mitzuteilen pflegte:

»Sind diese Kerls nicht Prügel wert, Señor? Sie weisen mich ab, obgleich ich ihnen meine Hilfe angeboten.

Sie meinen doch auch, daß ich viele ihrer Blessierten gerettet hätte?«

»Ich bin überzeugt davon,« antwortete der Gefragte in höflicher Weise.

»Ja, viele, viele hätte ich gerettet! Ich sah sie liegen, blutend und mit zerschossenen Gliedern. Diese Glieder müssen herunter, sonst kommt der Brand dazu. Und wer kann sie kunstgerechter herunterbringen als ich? Sie sind doch vollständig überzeugt, Señor, daß ich alles, alles heruntersäble?«

»Ich bezweifle es nicht im mindesten.«

»Dann wollte ich, daß Sie einen Schuß in den Arm, in das Bein oder in den Leib bekommen hätten. Sie sollten staunen, mit welcher Virtuosität ich Ihnen die Kugel und alle Knochensplitter aus der Wunde ziehen und nötigenfalls das verletzte Glied abschneiden würde. Es ist wirklich jammerschade, daß niemals ein verständnisinniger Mann einen Schuß bekommt!«

Morgenstern entfernte sich schnell, da es ihm in der Nähe dieses Mannes nicht ganz geheuer war. Der Abend brach herein und mit ihm kamen Gäste, nämlich die Frauen und größeren Kinder der Cambas. Sie wußten, für welche Zeit man den Kampf vermutet hatte, und kamen nun, den Ausgang desselben zu erfahren, erst einzeln und verzagt, dann aber in hellen Haufen. Auf den versprochenen Sieg rechnend, hatten sie reichlich Speise und Trank mitgebracht, um denselben zu feiern, und da doch Friede geschlossen war, so durften auch die Besiegten an dem Mahle teilnehmen. Es brannten viele Feuer, an denen Freunde und Feinde in den verschiedensten Gruppierungen lagerten oder sich bewegten.

Obgleich von einer Gefahr keine Rede mehr sein konnte, hatte der Vater Jaguar doch einen Doppelposten an den Eingang des Thales postiert. Es war das mehr eine Folge der Gewohnheit. Das mochten die beiden Indianer, denen dieser Auftrag geworden war, auch denken, denn als sie einige Zeit allein gestanden hatten, wurde ihnen die Zeit lang und sie kehrten, ohne daß der Vater Jaguar dies bemerkte, an ihr Feuer zurück.

Dieser Ungehorsam, den man geneigt sein könnte, eine bloße, kleine Nachlässigkeit zu nennen, sollte von schweren Folgen sein.

Der Gambusino hatte nämlich mit Antonio Perillo wohl eine Stunde lang im Gebüsch gelegen, ehe er es wagte, den Kopf aus demselben zu stecken, um sich umzusehen.

»Ich sehe niemand,« sagte er.

»So sind sie fort,« meinte sein Genosse.

»Das möchte ich doch nicht als so gewiß annehmen. Wie nun, wenn sie in der Nähe in den Büschen stecken, um zu warten, bis wir hervorkommen!«

»Dann müßten wir doch die Pferde sehen.«

»Nein. Der Wald ist zwar sehr dicht, aber der Rand desselben hat doch hie und da eine dünnere Stelle, wo man zwei Pferde verstecken kann.«

»Wenn du so übermäßig vorsichtig sein willst, können wir bis zum jüngsten Tage hier stecken bleiben!«

»Gar so lange doch nicht ganz. Jetzt möchte ich nicht hinaus auf den freien Campo treten; ich könnte sogleich eine Kugel bekommen. Aber wenn es finster geworden ist, gibt es kein Wagnis dabei. Es ist dann sogar möglich, daß wir nach dem Thale des ausgetrockneten Sees zurückkehren.«

»Bist du toll!«

»Gar nicht!«

»Sollen wir uns ergreifen lassen?«

»Fällt mir gar nicht ein. Es ist mir nur ein Gedanke gekommen, den ich für einen sehr glücklichen halte.«

»Welcher?«

»Wir haben keine Pferde und können auch auf viele Tagereisen weit keins bekommen. Im Thale aber gibt es welche.«

»Die du dir holen willst?«

»Nicht alle, sondern nur zwei.«

»Das wäre Tollkühnheit!«

»Wenn ich finde, daß es zu verwegen ist, werden wir es lassen. Ich hoffe aber, daß es viel, viel leichter sein wird, als du denkst.«

»Schwerlich!«

»Pah! Wir wissen genau, daß die Cambas Sieger sind, und ich befürchte, daß sie unsere Verbündeten bis auf den letzten Mann aufgerieben haben. Nach einem solchen Erfolge sind die Roten wie betrunkene Kinder. Sie werden schreien und jubeln, essen und trinken und an nichts anders denken, als daß sie uns überwunden haben. Da vergißt man es vielleicht, den Eingang zum Thale zu bewachen. Und stellt man ja einen Wächter hin, so läuft er entweder fort, um mitzujubeln, oder er wird von mir und dir sehr leicht unschädlich gemacht, worauf es sehr schlimm zugehen müßte, wenn wir nicht zu zwei Pferden kämen.«

»Und wenn dieselben nicht gesattelt sind?«

»Dummkopf! Schau da hinaus! Siehst Du denn nicht, daß der Vater Jaguar unsre Pferde zwar erschossen, aber ihnen nicht das Sattel- und Zaumzeug genommen hat? Finden wir zwei ungesattelte Pferde, so reiten wir hierher, um das zu finden, was wir brauchen.«

Perillo brachte noch einige Einwendungen vor. Er wollte sich nicht wieder in eine so große Gefahr wie die heut überstandene begeben; aber der Gambusino widerlegte ihm alles, was er vorbrachte. Darüber wurde es Abend und die beiden verließen vorsichtig ihr Versteck. Sie wendeten sich nicht am Waldesrande zurück, da sie da leicht auf den befürchteten Hinterhalt stoßen konnten, sondern schlichen sich eine Strecke weit in den Campo hinein und bogen erst dann, als sie den Wald nicht mehr sehen konnten, nach rechts ab, in welcher Richtung das Thal des ausgetrockneten Sees vor ihnen lag.

Um dasselbe zu erreichen, brauchten sie jetzt viermal so viel Zeit, als am Nachmittage, da sie es zu Pferde als Flüchtlinge verlassen hatten. Sie konnten es nicht verfehlen, weil sie sich dem Walde nach und nach wieder näherten und endlich an demselben hinschritten. Noch ehe sie in der Finsternis den Eingang sehen konnten, hörten sie den Lärm, welcher durch denselben aus dem Thale drang.

»Horch!« sagte der Gambusino, indem er lauschend stehen blieb. »Ich habe mich nicht geirrt. Man bejubelt den Sieg. Daß es so kommen mußte! Meine Ahnung, daß der Vater Jaguar uns voraus sei, war also doch ganz richtig.«

»So hättest du dich danach richten sollen. Pellejo hatte doch recht, als er uns zu größerer Vorsicht aufforderte.«

»Schweig und sprich mir nicht von diesem Menschen! Er wollte kommandieren. Es hat so sollen sein und ist nun nicht zu ändern. Bleib jetzt einmal hier stehen! Ich will voranschleichen, um zu rekognoscieren.«

Er huschte fort. Als er nach ungefähr zehn Minuten zurückkehrte, berichtete er in freudigem Tone: