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»Benito Pajaro, kennst du mich noch?« fragte Hammer den Gambusino.

»Ja,« antwortete dieser, von Qualen gefoltert. »Ich bin der Mörder deines Bruders. Töte mich, aber so rasch wie möglich!«

»Das wäre eine Wohlthat für dich. Wieviel Menschen hast du auf deinem Gewissen? Erst gestern abend wieder drei! Gott hat gerichtet; ich bin gerächt und greife ihm nicht vor. Du bist frei und kannst gehen, wohin du willst.«

»Töte mich, töte mich!« forderte der Gefangene im dringendsten Tone, denn auch er sah ein, daß ein schneller Tod eine Gnade für ihn sei.

»Nein!« antwortete Hammer fest.

»So fahre selbst auch zum Teufel, und sei verflucht!«

Indem er diese grausigen Worte aussprach, entriß er dem unvorsichtig neben ihm stehenden Anton Engelhardt das geladene Doppelgewehr, legte blitzschnell auf den Vater Jaguar an, drückte ab und jagte dann sich selbst, ehe man es verhindem konnte, die zweite Kugel durch den Kopf. Zum Tod getroffen, brach er zusammen; er hatte als beispielloser Bösewicht gelebt und als solcher geendet, aber doch seine letzte Absicht nicht erreicht, denn Hammer war ebenso schnell, wie auf ihn gezielt worden war, zur Seite gesprungen und der Kugel entgangen. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, deutete er auf Antonio Perillo und sagte zu Haukaropora:

»Hier steht der Mörder deines Vaters. Er ist dein.«

»Er gehört auch mir!« fiel da der kleine Gelehrte ein. »Er hat in Buenos Ayres auch meine Ermordung, lateinisch Truddatio, geplant.«

Niemand hörte auf ihn. Der Inka sah dem Stierkämpfer finster in das angst- und schmerzverzerrte Gesicht und sagte dann:

»Ich will nicht hart, sondern gnädig sein. Er soll nicht lange Qualen erleiden, sondern rasch sterben.«

Er legte sein Gewehr auf den Mörder an. Da sank dieser vor ihm in die Kniee und flehte ihn an:

»Nicht töten, nicht töten! Laß mich leben!«

»Gut, so lebe noch, um nach zwei oder drei Tagen wie ein Hund zu sterben,« antwortete Hauka, indem er sein Gewehr senkte und sich verächtlich von ihm wendete.

Kein Mensch bekümmerte sich um den Feigling, welcher zwischen den Steinen zusammenbrach und da wimmernd liegen blieb. Man wollte gern erfahren, welche Vernichtung das Feuer in der unterirdischen Kammer angerichtet hatte. Es hatte die Decke derselben zersprengt und da einen Riß in den Felsen getrieben, durch welchen noch jetzt der Rauch ausströmte. Dadurch war eine Art Ventilation entstanden, welche den Stollen von schädlichen Gasen reinigte, und es ermöglichte, daß man schon nach einer Stunde denselben betreten konnte. In die Schatzkammer aber vermochte niemand den Fuß zu setzen; der Boden derselben war verschwunden und durch die Gewalt der Explosionen mit allen Schätzen, welche sich da befunden hatten, in den gähnenden Schlund des erwähnten Felsenspaltes gedrückt und geschleudert worden. Alle sprachen ihr lebhaftestes Bedauern über diesen großartigen und, wenigstens für lange Zeit, unersetzlichen Verlust aus; Haukaropora aber sagte ruhig lächelnd zum Vaterjaguar:

»Sie sehen, Señor, daß die Vorsehung mir recht gegeben hat. Das Erbe ist fort; das Vermächtnis meines Vaters, des Inka, aber trage ich wohlverwahrt hier auf der Brust. Sein letzter Wunsch und Wille wird in Erfüllung gehen.«

Der Schacht wurde mit Steinen verschüttet; dann stiegen die Männer nach oben, um da zu lagern und das Geschehene zu besprechen. Am meisten hatten sich Anton und sein Vater zu erzählen, da sie so lange getrennt gewesen waren. Als der letztere hörte, welchen Plan der Inka in Beziehung auf seine Zukunft gefaßt hatte, erbot er sich, ihm den massiv goldenen Streitkolben abzukaufen und nach deutschem Gelde für das Pfund 1400 Mark zu zahlen, was bei der Schwere der Waffe eine Summe ergab, durch deren Benutzung sich der Abkömmling der Sonnensöhne eine sichre Zukunft zu gründen vermochte.

Man blieb bis zum andern Morgen oben lagern. Während der ganzen Nacht war das Wimmern und Stöhnen Antonio Perillos zu hören; nach Tagesanbruch fand man ihn zusammengekrümmt und tot zwischen den Steinen liegen. Die Leichen der beiden Mörder wurden unter dem Geröll begraben; dann brachen die Reiter auf, um über Salta und Tucuman zu den befreundeten Cambas zurückzukehren. Engelhardt und sein Sohn hatten eigentlich von Tucuman aus einen andern Weg, schlossen sich aber gern den Freunden an, welche bei den Cambas natürlich einen sehr freundlichen Empfang fanden.

Dort hatte der Doktor Parmesan Rui el Iberio auf sie gewartet. Als er erfuhr, was geschehen war, rief er bedauernd aus -

»Wie schade, daß ich nicht mit den beiden deutschen Gelehrten nachgekommen bin! Die beiden verbrannten Mörder wären am Leben geblieben, denn ich hätte die große und einzig dastehende Operation gemacht, ihnen die versengte Haut vom Körper zu schneiden und dadurch der unterbrochenen Transsudation Luft zu machen. Sie wissen ja, ich säble alles herunter.«

Der Aufenthalt bei den Cambas wurde benutzt, dem Doktor Morgenstern beim Zerlegen und Verpacken seines Riesentieres beizustehen. Die einzelnen Teile sollten auf Packpferden transportiert werden. Dann zog die Hälfte der Truppe des Vater Jaguar in die Wälder, um Paraguaythee zu sammeln, während die andern unter Anführung Hammers, Engelhardt, seinen Sohn, Morgenstern und Fritze nach Buenos Ayres begleiteten. Der Inka war mit seinem Anciano auch dabei, da der letztere seine Bereitwilligkeit erklärt hatte, die Seereise mit ihm zu unternehmen.

Jahre sind seitdem vergangen. Leider soll der Name der deutschen Stadt nicht genannt werden, in welcher Doktor Morgenstern seinen Studien lebt. Er ist durch sein Megatherium berühmt geworden und unternimmt mit seinem treuen Fritze zuweilen eine Reise in ferne Gegenden, um das Skelett eines Urmenschen zu entdecken. Nächstens wird er zu diesem Zwecke nach Sibirien gehen. Der Inka hat Tharandt besucht und ist Jäger geworden, in welchem Berufe ihn der nun uralte Anciano noch immer rüstig unterstützt. Engelhardt lebt als Rentier am schönen grünen Rhein, wo Anton mit seinem Bruder eine bedeutende Weinhandlung gegründet hat.

Alle diese Personen korrespondieren lebhaft und freundschaftlich mit einander, und keiner dieser Briefe wird geschrieben und gelesen, ohne daß wenigstens ein Teil seines Inhaltes sich auf die gemeinschaftlichen Erlebnisse bezieht, denn das Haupt- und Lieblingsthema ist und bleibt bei ihnen für alle Zeit

» Das Vermächtnis des Inka.«