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»Wirklich, wirklich? Ein Knochensumpf?« erkundigte sich Morgenstern mit großem Eifer. »Welchem Tiere gehören denn die Knochen an?«

»Das weiß ich nicht. Und dann kenne ich auch nicht ---«. Er stockte für einige Augenblicke, fuhr dann aber fort: »Die Señores sind gekommen, uns gegen unsre Feinde beizustehen, und aus Dankbarkeit dafür will ich sagen, daß ich einen Ort kenne, wo ein Tier in der Erde steckt' welches so groß gewesen sein muß, wie es jetzt keins mehr gibt. Wir haben es zufällig gefunden und wollten es an einen der Weißen, welche solche Knochen suchen, gegen Geld verhandeln. Da Sie uns aber gegen die Abipones helfen wollen, werde ich es Ihnen schenken.«

»Was? Wie? Ein so großes Tier, wie es jetzt keins mehr gibt?« fragte Morgenstern schnell. »Was ist es für eins? Vielleicht ein Glyptodon?«

»Das kann ich nicht sagen. Ich habe diesen Namen noch nie gehört.«

»Wie groß ist es denn? Wie lang und wie hoch?«

»Auch das weiß ich nicht, denn wir haben es nicht ganz

gesehen.«

»Nicht ganz? O wehe! Dann sind vielleicht nur einzelne Knochen vorhanden!«

»Nein; es ist ganz. Wir haben gegraben, bis die sämtlichen Rückenknochen zu sehen waren.«

»Und dann? Dann habt ihr sie wohl durcheinander geworfen?«

»Nein, wir hatten erfahren, daß ein zerbrochenes Tier nicht so viel wert ist, wie ein unverletztes. Darum ließen wir es, wie es war, und deckten es sorgfältig mit Erde zu.«

»Bravo, bravo! Das war sehr klug, sehr gescheit gehandelt! Ich ersehe daraus, daß ihr Indianer doch nicht so dumm seid, wie man euch uns geschildert hat. Ich muß dieses Tier haben! Wo steckt es? Wo ist der Ort?

Wann werden wir hinkommen? Doch sobald wie möglich?«

»Die Stelle befindet sich einen ganzen Tagesritt hinter unsrem Dorfe.«

»Das ist mir gar nicht lieb, ganz und gar nicht! Ich beantrage, sofort aufzubrechen, Señores! Ich sehe wirklich nicht ein, weshalb wir so lange hier sitzen bleiben wollen!«

»Nur langsam, langsam!« lachte der Vater Jaguar. »Erst wollten Sie hierbleiben, und nun können Sie nicht schnell genug fortkommen. Wir haben noch so viel zu thun, daß wir vor Mittag nicht aufbrechen können.«

»Zu thun? Was denn? Ich wüßte nicht, was wir noch zu arbeiten hätten!«

»Denken Sie an die vielen Pferde, welche wir jetzt haben, und an unser Gepäck. Wir müssen das letztere den ersteren zu tragen geben, haben also Packsättel anzufertigen.«

»Packsättel? Wir haben ja weder Leder noch sonstiges Material dazu?«

»Material ist genug vorhanden. Man muß sich nach den Umständen richten. Aus Zweigen, Laubwerk, Schilf und Gras lassen sich Sättel anfertigen, welche länger als drei Tage zu gebrauchen sind. Aus Schlingpflanzen, welche hier in Hülle und Fülle zu haben sind, drehen wir Seile, womit die Sättel befestigt und die Pferde aneinander gebunden werden. Haben wir auf diese Weise eine zusammenhängende Tropa gebildet, so geht der Ritt viel leichter und schneller von statten. Wir werden sofort an die Arbeit gehen.«

Der erfahrene Mann ließ junges Gezweig, Gras und Schilf sammeln, und bald waren alle Hände unter seiner Anleitung beschäftigt, die Pferde mit weichen Tragunterlagen und Halftern aus Schlinggewächsen zu versehen. Als die Tiere sich ausgeruht hatten, wurden sie beladen und so aneinander gebunden, daß sie eine zusammenhängende Tropa bildeten. Dann konnte der Aufbruch vor sich gehen. Es war gerade zur Mittagszeit, als man den Ort verließ, welcher einen so schlimmen Namen besaß und doch so vielen Schutz vor dem verderblichen Unwetter geboten hatte.

Das heutige Ziel war also der Palmensee, welcher in südwestlicher Richtung von der Ansiedelung der Niedermetzelung lag. Der »harte Schädel« ritt mit seinen vier Cambas als Führer voran; dann folgten die Pferde in einer langen Reihe, welche von den Reitern zu beiden Seiten in Ordnung gehalten wurden. Die Höhen, an denen man während der Nacht vorübergekommen war, blieben links liegen; die Gegend, durch welche man kam, konnte, obgleich man sich mitten im Chaco befand, als Campo bezeichnet werden. Sie war eben und offen. Nur hier oder da wurde der weiche Rasen von einer sandigen Stelle unterbrochen, bis man am Nachmittage wüstes Land betrat, welches, wie der Häuptling sagte, erst am Palmensee ein Ende nahm.

Der Vater Jaguar ritt heute hinter dem Zuge. Er hatte Anciano und dem Inka einen Wink gegeben, sich zu ihm zu halten. Als sie dann zu seinen beiden Seiten ritten, sagte er zu ersterem:

»Dein Mund wäre heut früh beinahe mitteilsamer geworden, als in deiner Absicht lag. Fast hättest du dein Geheimnis verraten.«

»Du meinst, daß ich ein Geheimnis habe? Welches könnte das sein?« fragte Anciano.

»Ich kenne es nicht, aber ich errate es. Haukaropora ist nicht dein Sohn und auch nicht ein Enkel von dir.«

»Wie kommen Sie auf diesen Gedanken, Señor? Sie haben ihn doch stets als meinen Enkel gekannt!«

»Du hast ihn als solchen bezeichnet; ich aber ahnte längst, daß euer Verhältnis ein andres sei. Du teiltest uns in deiner Aufregung mit, daß die Spange, von welcher der Lieutenant sprach, nicht von Eisen, sondern aus purem Golde sei. Es gibt noch andre Gegenstände, welche aus Eisen zu sein scheinen und doch aus Gold gefertigt sind.«

»Welche, Señor?«

»Zum Beispiel der Streitkolben, den Hauka hier an seiner Seite trägt.«

»Der soll aus Gold sein, Señor? Dann wären wir ja reiche Leute!«

»Pah! Verstelle dich nicht! Ich bin dein Freund, und ihr wißt, daß ihr von mir nichts zu befürchten habt. Ich mag nicht aufdringlich erscheinen; aber wenn ihr euer Geheimnis wahren wollt, so müßt ihr vorsichtiger sein. Hauka hat gestern den feindlichen Indianer mit dem Streitkolben niedergeschlagen. Die Waffe muß auf etwas Hartes oder Scharfes oder Spitziges getroffen sein, wodurch der dunkle, harzige Überzug beschädigt wurde. Die kleine Stelle glänzt goldig gelb. Seht einmal nach!«

Haukaropora nahm den Kolben zur Hand, betrachtete ihn und hing ihn dann errötend wieder an seine Stelle.

»Nun?« fragte der Vater Jaguar lächelnd. »Nicht wahr, er ist von Gold?«

Keiner von beiden antwortete. Sie wollten nicht ja sagen, aber auch nicht den Freund belügen. Dieser fuhr fort:

»Wißt ihr, wer ganz allein das Recht hatte, einen goldenen Streitkolben oder Humantschuay zu tragen? Ihr wißt es ebensogut wie ich; dennoch will ich es sagen: der Herrscher von Peru war es. Und dieser Streitkolben verrät mir, daß Hauka ein Abkömmling der Inkas ist.«

»Señor, Sie irren!« entfuhr es dem alten Anciano.

»Ich irre mich nicht. Gib dir keine Mühe, mich zu täuschen! Das Geheimnis ist bei mir ebenso sicher wie in deiner eigenen Brust bewahrt. Überhaupt habt ihr ja gar nicht nötig, ein Geheimnis aus der Abstammung dieses jungen Mannes zu machen.«

»O doch!«

»Warum?«

»Denken Sie an die Verfolgungen, welche wir erlitten haben!«

»Ihr? Davon weiß ich nichts. Euern Vorfahren stellte man nach mit Feuer, Schwert und Gift; das ist wahr.

Seitdem haben sich die Zeiten geändert, und kein Mensch wird euch eurer Abstammung wegen nach dem Leben trachten.«

»Das denken wohl Sie; wir aber sind vom Gegenteil überzeugt.«

»So hast du einen besonderen Grund zur Vorsicht und Verschwiegenheit. Der Umstand, daß Hauka ein Kind des Inka ist, bringt ihn in keine Gefahr; aber gefährlich könnte ihm etwas andres werden.«

»Was wäre das, Señor?«

»Wenn ihr infolge seiner Abstammung gewisse Hoffnungen hegtet, welche niemals in Erfüllung gehen können.«

»Nie? Wirklich nie?«

»Niemals, sage ich euch! Ihr lebt in euern Erinnerungen und wißt nichts von der übrigen Welt, von dem Leben. Ihr träumt. Laßt diesen Traum einen Traum bleiben, da er nie zur Wirklichkeit werden kann! Das ist es, was ich euch sagen will. Weiter in euch zu dringen, habe ich weder die Absicht, noch das Recht. Ich wollte etwas andres erfahren. Was ist es mit der Spange? Ich bin überzeugt, daß du richtig geraten hast, daß der Tote, dessen Skalp Antonio Perillo besitzt, dein Bekannter war. Wer ist dieser Mann gewesen?«