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»Wenn dat richtig ist, so ist mich das Augenmaß vollständig verloren jegangen. Als wir hierher kamen, sind wir schnurjerade auf dieses Thal zujeritten, wir hatten es jerade der Nase nach vor uns liegen. Und wenn ik mir jetzt auf diese Spur stelle, so liegt es von mich aus zu viel nach links. Der Vater Jaguar muß also abgewichen sein.«

»Gewiß nicht. So ein Mann macht keinen solchen Fehler.«

»Dat scheint auch mich richtig zu sind. Ik denke, daß ich mir eher irre als er. Wie reiten wir also?«

»Gerade so wie er. Dann kommen wir ganz sicher nach dem Sumpfe der Knochen.«

»Jut, ik will Ihnen jehorchen. Hoffentlich kommen wir nicht nach Connewitz, anstatt nach Stötteritz.«

Sie folgten der Spur also auch noch fernerhin. Es vergingen einige Stunden, und doch kamen sie nicht an eine einzige Stelle, von welcher sie mit Bestimmtheit sagen konnten, daß sie auf ihrem Herwege an derselben gewesen seien. Dann gab es sandigen Boden und die Fährte war nicht mehr zu sehen. Sie hielten die bisherige Richtung genau fest, obgleich die Gegend ihnen vollständig unbekannt vorkam. Wieder verging eine längere Zeit; da parierte Fritze die Pferde und sagte:

»Ik habe mir doch nicht jeirrt; wir sind falsch jeritten. Wir müßten nun längst an dem Sumpfe sein.«

»Das ist wahr. Aber der Vater Jaguar kann sich doch nicht im Wege täuschen!«

»So hat er eine Absicht jehabt, einen Jrund, den Sumpf zu vermeiden.«

»Und wir haben eine kostbare Zeit verloren. Was ist zu thun, lieber Fritze? Müssen wir umkehren und etwa wieder nach dem Thale des ausgetrockneten Sees zurück?«

»Dat thue ik nicht, auf keinen Fall. Wir sind zu weit links, also brauchen wir nur nach rechts zu reiten, so kommen wir dahin, wo der Dichter oft und manchmal singt: »An der Quelle saß der Knabe.« Und weil wir zu weit vorgekommen sind, müssen wir uns jetzt zurückhalten, in Summa also rückwärts nach rechts. Wenn wir auch dann nicht an den Sumpf kommen, so lasse ik mir in Butter braten und esse mir selbst als Kalbskotelette auf.«

Diese Berechnung war allerdings sehr richtig, und da sie derselben folgten, kamen sie nach längerer Zeit auf bekanntes Terrain, bogen auf demselben um und sahen dann die Uferbäume des Knochensumpfes vor sich liegen. Leider aber war nun der Tag fast verstrichen, und die Sonne befand sich schon im letzten Achtel ihres Tagebogens. Später erfuhren sie, warum der Vater Jaguar nach links abgewichen war.

An dem Sumpfe angekommen, stiegen sie ab und führten die Pferde, um sie dort anzubinden, vorsichtig in die Nähe der Stelle, wo sie die Knochen liegen gelassen hatten.

»Nun heißt's schnell machen,« meinte Fritze. »In einer Stunde wird es Nacht. Bis dahin müssen wir die Fracht im Sattel haben. Dann wieder fort.«

»Nicht hier bleiben?«

»Nein. Es ist ja heute der letzte Tag, und da könnten die Abipones kommen. Dat wäre ein Jaudium for ihnen, wenn sie mir und Ihnen erwischten!«

»Ehe die kommen können, kommt der Vater Jaguar vorüber. Sobald er sie erblickt, wird er schnell wieder umkehren.«

»Dat sollte man denken; aber ik kann mir nicht darauf verlassen, da er schon einmal nicht so jeritten ist, wie wir jedacht hatten. Jehen wir an die Arbeit; aber nehmen Sie Ihnen vor die Krokodile in acht! Heute sehe ik erst, wie massenhaft sie hier vorhanden sind.«

Diese Worte Fritzes waren sehr wohl berechtigt, denn wenn man aufmerksam über die Wasserfläche, ganz besonders in der Nähe der Ufer, blickte, konnte man wohl hunderte von diesen Eidechsen sehen. Die Knochen lagen noch so da, wie sie verlassen worden waren. Die beiden Männer machten sich daran, sie in Bündel zusammenzuschnüren. Das ging aber nicht so rasch, wie Fritze es wünschte, denn sein Herr hatte ihm allerlei zu zeigen, zu erklären und hundertmal zu bitten, doch ja die größte Behutsamkeit anzuwenden, damit nichts beschädigt werde. Da gab es bald hier eine Kleinigkeit abzukratzen, bald mußte eine Stelle mit einer Handvoll Wasser gereinigt werden. Die Zeit verging und die beiden achteten nicht auf das, was in der Nähe des Sumpfes geschah. Da hörten sie plötzlich eine laute Stimme sprechen. Sie hatten im Schilfe gekauert und fuhren empor, um zu sehen, wer so unerwartet hier anwesend sein könne. Sie befanden sich hinter einem Buschwerke, welches sie verdeckte, konnten aber zwischen den Zweigen desselben hindurchsehen. Was sie da erblickten, war ganz geeignet, sie im höchsten Grade besorgt zu machen.

Da draußen kam nämlich ein ganzes Heer von Reitern und Fußgängern angezogen. Man sah, daß diese Leute in einiger Entfernung vom Sumpf Halt machen wollten. Jedenfalls beabsichtigte man die Nacht da zuzubringen, und in der Nähe des Sumpfes zu lagern. Einige Reiter, vielleicht zwölf oder vierzehn, waren ganz herangekommen, denn sie hatten von weitem die fünf Pferde gesehen, bei denen sie jetzt hielten. Einer von ihnen war ein Indianer; die andern gehörten der weißen Rasse an. Sie stiegen von ihren Pferden und begannen nach rechts und links im Schilfe nach Spuren zu suchen. Da sie höchstens vierzig Schritte entfernt waren, konnte man ihre Gesichtszüge deutlich erkennen.

»O Jerum, ist dat eine Weihnachtsbescherung!« raunte Fritze seinem Herrn zu. »Warum haben Sie doch so lange geplaudert und gezaudert! Wir konnten längst über alle Berge sind und sitzen nun im schönsten Pfannkuchen drin. Ik habe mich's doch fast jedacht! Kennen Sie diese Kerls?«

»Leider ja,« antwortete der Doktor, welchem es höchst ungemütlich zu werden begann. »Wenn ich mich nicht irre, so sehe ich dort jenen Antonio Perillo, der auf mich geschossen hat, und auch den Kapitän Pellejo, der uns bei der Gigantochelonia überraschte.«

»Und auch den langen, starken Menschen, welchen sie den jrößten Jambusino nannten! Herr Doktor, schauen Sie hinaus ins Land! Dat sind doch wenigstens achthundert bewaffnete Menschen. Und wer sind sie? Die Abipones! Dat ist eine Suppe, welche uns sehr jesalzen vorkommen wird. Sehen Sie, daß diese Menschen nach uns suchen! Sie denken, wo Pferde sind, müssen auch Reiters sind.«

»Können wir nicht fliehen, mein lieber Fritze?«

»Wohin denn? Hinaus zu die Kerls oder hinein in dat Wasser? Dort fangen uns die Roten, und hier fressen uns die Krokodile.«

»So bleiben wir hier hinter den Büschen stecken. Vielleicht finden sie uns nicht. Ist es dann dunkel, was der Lateiner caliginosus oder obscurus nennt, so fliehen wir.«

»Dat bilden Sie Ihnen ja nicht ein, denn ehe fünf Minuten in die Ewigkeit jeflossen sind, haben sie uns beim Zopfe und beim Schopfe.«

»Darin wird's wohl gefährlich? Nicht?«

»Jemütlich auf keinen Fall.«

»Was sagen wir, wenn sie uns fragen, was wir hier wollen?«

»Jut, daß Sie diese Frage aussprechen. Sie antworten jar nichts. Dat Reden wird meine Aufjabe sind. Am allerwenigsten aber dürfen diese Leute wissen, daß der Vater Jaguar hier ist und daß die Cambas von dem Überfalle wissen. Wir sind janz allein hierher jeritten. Dabei bleiben wir, selbst wenn sie uns erst pfählen, dann spießen, nachher aufhängen, endlich verjiften und schließlich zuletzt jar ermorden wollen. Verraten wir unsre Freunde, so sind wir verloren, denn nur durch diese können wir jerettet werden. Selbst wenn wir uns verteidigen wollten, würde dat unmöglich sind, weil wir die Waffen dort bei die Pferde haben. Passen Sie auf! Jetzt haben sie unsre Spur. Alle juten Jeister! jetzt jeht der Vorhang in die Höhe! Wie wird's sein, wenn er wieder niederfällt!«

Die Suchenden waren jetzt endlich soweit gekommen, die alten Spuren von den neuen zu unterscheiden; indem sie den letzteren folgten, näherten sie sich rasch und kamen hinter den Busch. Der Gambusino schritt ihnen voran. Als er die beiden kleinen Roten erblickte, machte er eine Gebärde der Überraschung und rief dann aus:

»Ay maravilla - o Wunder! Wen treffen wir hier? Das sind ja alte, liebe Bekannte! Willkommen, Señores!