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Sie stiegen ab und banden ihre Pferde an. Der Vater Jaguar nahm sein Fernrohr aus der Tasche und kletterte auf einen Baum, da er von da oben aus weiter sehen konnte. Ja, da hinten kamen sie, die Abipones, voran eine Reiterschar, welche aus lauter Weißen zu bestehen schien, und hinter derselben die Indianer zu Fuße.

Hammer suchte mit seinem Rohre das Schilf des Ufers ab, konnte aber niemand entdecken, da Morgenstern und Fritze in gebückter Haltung an ihrem wertvollen Funde arbeiteten.

Die Sonne verschwand hinter dem Horizonte. Der Vater Jaguar freute sich darüber, denn das, was es hier wahrscheinlich zu thun gab, ließ sich bei Nacht viel leichter als am Tage ausführen. Der junge Inka hatte auch einen Baum bestiegen. Er konnte von seinem Sitze aus mehr sehen als Hammer und rief diesem schon nach wenigen Augenblicken zu:

»Fünf Pferde, Señor! Ich sehe sie.«

»Wo?«

»Da drüben an den Bäumen hinter dem Gebüsch. Von Ihrer Stelle aus kann man sie nicht sehen.«

»Da müssen sie doch von den Abipones bemerkt werden?«

»Ja. Die Reiter galoppieren gerade auf sie los. Jetzt steigen sie bei ihnen ab.«

»O wehe! Man wird die Unglücklichen sogleich entdecken.«

Die beiden Lauscher sahen von ihren Standorten oder vielmehr Sitzen aus, daß die abgestiegenen Reiter zu suchen begannen. Ebenso sahen sie, daß die andern Ankömmlinge nicht ganz bis zum Sumpfe marschierten, sondern in gewisser Entfernung von demselben anhielten.

Leider dämmerte es jetzt so rasch, daß die fernere Beobachtung resultatlos blieb. Der Vater Jaguar stieg also, ebenso wie der Inka, vom Baume herab und sagte, unten angekommen:

»Da, wo die fünf Pferde angebunden sind, müssen sich auch die Besitzer derselben befinden. Ich werde mich hinüberschleichen.«

»Das ist gefährlich,« warnte Anciano.

»Ich fürchte die Abipones nicht!«

»Ich meinte nicht diese, sondern die Krokodile, welche im Schilfe versteckt sind.«

»Jetzt ist es noch hell genug, diese Tiere zu sehen. Horch!«

Man hörte laute Stimmen von drüben herüberschallen.

»Die Unvorsichtigen sind erwischt worden,« fuhr Hammer fort. »Ich muß erfahren, was mit ihnen geschieht.«

»So gehe ich mit!« sagte Anciano.

»Und ich auch!« stimmte Hauka ein.

»Einer muß hier bei den Pferden bleiben. Anciano mag mit mir gehen.«

Der Inka wagte es nicht, gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben; die beiden andern entfernten sich, um in geduckter Haltung durch das Schilf zu schleichen. So lange es Sträucher gab, hinter denen sie Deckung fanden, war dies nicht schwer; bald aber waren sie gezwungen, sich niederzulegen. Sie mußten sich dabei in acht nehmen, das Schilf nicht zu bewegen; die scharfen Halme desselben schnitten ihnen in die Hände, was sie jedoch nicht beachteten. Oft mußten sie, um das Terrain gut auszunutzen, durch eine übelriechende Lache kriechen, deren Jauche ihnen bis an die Ellbogen reichte; sie thaten das ohne Zögern, da es sehr wahrscheinlich ein oder gar zwei Menschenleben galt. So kamen sie näher und näher und befanden sich höchstens noch sechzig Schritte von der Stelle entfernt, an welcher Hauka die fünf Pferde angebunden gesehen hatte.

Bis jetzt waren sie so vorsichtig gewesen, die Köpfe nicht über die Spitzen des Schilfes zu erheben; nun aber galt es, den letzten Rest des Tageslichtes zu benutzen. Der Vater Jaguar hatte seinen Hut längst abgenommen und zwischen den Zähnen getragen; jetzt riß er ein Bündel Schilf aus, hielt es wie einen Fächer in die Höhe und erhob dann hinter demselben den Kopf so weit, daß er beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden.

Da stand der Doktor mit seinem Diener bei den Weißen, welche mit den Abipones gekommen waren, und etwas weiter zurück waren die Roten in verschiedenen Gruppen zu sehen. Fritze hielt sein Gesicht gerade nach der Stelle gerichtet, an welcher sich die beiden Lauscher befanden, während die andern alle in andre Richtung blickten, nämlich auf die beiden Gefangenen. Diesen Umstand benutzte der Vater Jaguar zu einem Wagnisse, welches leicht schlimme Folgen haben konnte, aber, wenn es gelang, den Bedrängten sagte, daß Hilfe in der Nähe sei. Er erhob sich nämlich zu seiner vollen Höhe, aber nur für einen einzigen Augenblick, gab Fritze einen Wink und ließ sich darauf schnell wieder nieder.

»Was wagen Sie, Señor!« flüsterte ihm Anciano zu. »Diese Bewegung kann uns das Leben kosten.«

»Nun nicht, denn man hat sie nicht bemerkt; aber Fritze hat mich gesehen und wird seinem Herrn sagen, daß er hoffen darf.«

»Was werden sie mit den beiden unbedachtsamen Menschen machen?«

»Das werden wir bald sehen, denn es scheint, daß sie Beratung halten. Ziehe Schilf aus dem Boden und stecke es vor dich hin! Dann kannst du bequem beobachten, was geschieht.«

Anciano befolgte diesen Rat. Die beiden sahen, daß der Gambusino auf seine Gefährten einsprach; aber sie konnten die Gesichter schon nicht mehr deutlich erkennen. Dann hörten sie laute, zustimmende Rufe, ohne aber die einzelnen Worte verstehen zu können. Es wurde dunkel, und man brannte unter einem Alisobaum ein Feuer an. Die beiden Gefangenen wurden in die Nähe desselben geschafft. Die Flamme warf ihren Schein auf die Gestalten und auf die Gesichter. Da entfuhr dem Vater Jaguar ein Schrei, den seine Feinde jedenfalls gehört hätten, wenn ihre eigenen Stimmen weniger laut gewesen wären.

»Was ist's? Was gibt's?« fragte Anciano.

Hammer antwortete nicht. Sein Auge war mit einem wie glühenden Blicke auf die Männergruppe gerichtet, welche dort am Feuer stand.

»Warum riefen Sie?« fuhr der Alte fort. »Wenn man Sie gehört hätte! Was haben Sie gesehen?«

Er hörte, daß der Vater Jaguar schwer, fast röchelnd, atmete, und wiederholte seine letzten Worte. Da endlich antwortete der Gefragte:

»Siehst du den langen, starken Menschen, der wie ein Riese unter den andern steht? Er spricht eben jetzt auf die Gefangenen ein.«

»Natürlich sehe ich ihn, denn er ist ja groß genug, Señor.«

»Aber du siehst ihn jetzt wohl zum erstenmal?«

»Nein!«

»Was? Wie? Wirklich?« stieß er schnell hervor. »Du kennst ihn also?«

»Ja. Jeder kennt diesen Mann.«

»Wer ist er?«

»Benito Pajaro, den sie den Gambusino nennen.«

»Ah! Oh! Der - der - - der! Alle Welt kennt ihn; jeder hat ihn gesehen! Nur mir allein ist er noch nicht vor die Augen gekommen, obgleich ich ihn jahrelang gesucht, ja förmlich nach ihm geschmachtet habe!«

Er hatte bei diesen Worten seine Stimme so erhoben, daß Anciano schnell einfieclass="underline"

»Nicht so laut, Señor, nicht so laut! Sie verraten uns ja! Was ist mit Ihnen? Sie, der vorsichtigste Mann, den ich kenne, bringen uns in eine solche Gefahr! Haben Sie etwas mit dem Gambusino?«

»Ob ich etwas mit ihm habe!«

Er sprach nur diese Worte; sie kamen dumpf zwischen seinen Lippen hervor, und dann hörte der Alte ihn mit den Zähnen knirschen. Darauf blieb er still. Das warum die Zeit, in welcher die Lassos aneinander geknüpft wurden; dann stiegen, wie schon erwähnt, die beiden Indianer auf den Baum. Als Anciano dies sah, fragte er mehr sich selbst als seinen Gefährten: »Was haben sie vor? Wozu schaffen sie die Riemen auf die Äste?«

»Ich vermute es,« antwortete der Vater Jaguar, jetzt wieder in der ruhigen Weise, welche ihm so eigentümlich war.

»Will man die Gefangenen etwa aufhängen?«

»Ja.«

»So können wir sie nicht retten!«

»Vielleicht doch.«

»Dann wäre keine Zeit zu verlieren. Was aber vermögen wir zwei gegen so viele!«

»Wir haben Zeit. Man will die Gefangenen nicht in der gewöhnlichen Weise hängen, nämlich nicht am Halse. Wollte man das thun, so hätte man es bequemer und brauchte nicht die Äste zu wählen, welche über das Wasser ragen. Paß auf!«