Выбрать главу

Er wagte es, hinzukriechen und sich dort auf den Boden niederzustrecken. Wenn die beiden zufällig aufstanden, mußten sie ihn sehen. Sie sprachen leise, aber doch so, daß er sie', wenn er scharf aufmerkte, wohl verstehen konnte. Eben sagte der Gambusino:

»Es ist mir immer, als ob ich es nicht glauben solle. Die Lassos waren zwar abgerissen, aber so ein fünfzehnfach zusammengeflochtener Riemen hält doch viel, sehr viel aus. Ein Krokodil kann dem, den es packt, das Bein abbeißen; aber einen Lasso zu zerreißen, das erscheint mir als unmöglich.«

»Ich nehme es, wie es gekommen ist, und mache mir keine Gedanken darüber,« antwortete Perillo. »Wer könnte die beiden befreit haben! Der es gethan hat, müßte ein ebenso kühner wie schlauer Mensch sein.«

»Es gibt einen solchen!«

»Du meinst den Vater Jaguar?«

»Ja.«

»Er ist ja doch nicht hier! Der Kleine hat es ja gesagt.«

»Glaube ich nicht an den Tod dieses Kleinen, so glaube ich auch seinen Worten nicht. Ist er der Oberst oder nicht? Wir halten ihn für Glotino. Wenn er dieser ist, so besitzt er jedenfalls Klugheit genug, uns zu täuschen. Er sagte, der Vater Jaguar sei uns nachgeritten. Wenn dies nun eine Lüge ist? Wenn er uns nun vorangeritten wäre? Er kannte ja unser Ziel.«

»Höre, das wäre eine verteufelte Sache! Wir müßten da gewärtig sein, daß wir, anstatt anzugreifen, überfallen werden. Dieser Vater Jaguar hat den Cambas schon einmal gegen die Abipones beigestanden, wenn auch in einer andern Gegend. Die Kerls, welche er bei sich hat, fürchten den Teufel nicht.«

»Wir müssen vorsichtig sein. Ist er schon hier, so stellt er uns sicherlich eine Falle.«

»Wir hätten aber doch eine Spur von ihm finden müssen.«

»Eigentlich haben wir eine.«

»Welche denn? Ich weiß nichts von ihr.«

»Und doch ist sie so deutlich, daß sie gar nicht deutlicher sein kann. Ich meine nämlich die leeren Dörfer und Hütten, welche wir auf unserm jetzigen Zuge getroffen haben.«

»Das nennst du eine Spur?«

»Natürlich! Die Bewohner sind geflohen. Warum? Aus Furcht vor uns. Sie müssen also gewußt haben, daß wir kommen. Wer aber hat ihnen das gesagt?«

»Das weiß ich freilich nicht.«

»Der Vater Jaguar ist es gewesen. Ich weiß das freilich nicht genau, sondern ich vermute es nur, aber ich möchte behaupten, daß diese Vermutung eine sehr begründete ist.«

»Hast du diesen Gedanken erst jetzt bekommen? Du hast ihn vorher doch nicht ausgesprochen.«

»Es kam mir verschiedenes verdächtig vor. Vor allen Dingen war es doch auffallend, daß alle unsre Waffenverstecke ausgeleert waren; da sie aber auch ganz zufälligerweise von Indianern entdeckt worden sein konnten, brachte ich diesen Umstand nicht in Beziehung zu dem Vaterjaguar. Heute nun kann ich, wenn ich näher darüber nachdenke, nicht glauben, daß unsre beiden Gefangenen durch die Krokodile von den Lassos gerissen worden sind, und was ich bisher nur vermutete, ist mir zur Gewißheit geworden: der Vater Jaguar ist da!«

»Wie aber hat er es angestellt, diese beiden loszubekommen? Die Riemen hingen doch noch am Baume.«

»Das begreife ich auch nicht; dieser Mensch aber bringt Sachen fertig, welche für andre Leute geradezu unmöglich sind. Ich kenne ihn. Er wurde von den Indianern ›Blitzende Hand‹ genannt; das hatte Bezug auf seine erstaunliche Fertigkeit im Schießen; er ist aber in andern Dingen ebenso gewandt.«

»Wenn deine Berechnung richtig ist, so befinden wir uns in der größten Gefahr. Wir müssen gewärtig sein, daß er die Cambas schon gegen uns zusammengerufen hat und nun mit ihnen irgendwo steckt, um uns plötzlich zu überfallen.«

»Das möchte ich nicht behaupten, da er dazu keine Zeit gehabt hat. Desto sicherer aber ist es, daß er sich mit seinen Leuten, die stets bei ihm sind, in der Nähe befindet und uns beobachtet. Ja, es ist nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, daß er hier irgendwo am Sumpfe steckt. Ist dies der Fall, so wird er unser Lager umschleichen, um unsre Stärke kennen zu lernen, und dann noch während der Nacht fortreiten, um die Cambas zu benachrichtigen. Wir müssen uns auf alle Fälle beeilen. Wenn wir mit dem Anbruche des Morgens aufbrechen, so kommen wir am Abende am ›klaren Bache‹ an und können das Dorf noch während der Nacht überfallen.«

»Aber wenn die Cambas gerüstet sind?«

»Dann ist unser Kriegszug vergeblich gewesen, und die Hoffnungen, welche wir an denselben geknüpft haben, werden sich nicht erfüllen.«

»Damnacion! Er hat uns so viele Mühe und auch all unser Geld gekostet1Wirwürden als arme Leute zurückkehren, und statt durch den Putsch, welchen wir beabsichtigen, mit einem Schlage reich zu werden, müßten wir uns Bettler nennen.«

»Wir spielen Va banque. Verlieren wir, so bleibt uns nichts übrig, als von vorn anzufangen. Ich gehe wieder in die Berge, um eine Gold- oder Silberader zu entdecken, und du mußt wieder zu deinem früheren Geschäft als Stierkämpfer greifen.«

»Dann wirst du eines schönen Tages im Gebirge umkommen, und mich erwartet dasselbe Schicksal in der Arena. Ich habe es jetzt in Buenos Ayres gemerkt, daß ich nicht mehr der Alte bin. Meine Knochen sind weich und meine Gelenke steif geworden. Nein, es fällt mir nicht ein, wieder zum alten Metier zu greifen.«

»Was aber wolltest du sonst anfangen? Etwa mit mir auf Abenteuer gehen?«

»Damit man eines schönen Tages mein Gerippe in den Cordilleren findet? Nein, ich weiß etwas andres, etwas viel, viel besseres.«

»Was?«

Der Gefragte zögerte eine ganze Weile; dann antwortete er in geheimnisvollem Tone:

»Ich habe zu keinem Menschen davon gesprochen, und es sollte nie jemand davon erfahren; da die gegenwärtigen Verhältnisse aber so stehen, sollst du es hören. Auch ganz abgesehen von dem Vater Jaguar, kommt es jedenfalls zum Kampfe mit den Cambas, und keiner von uns weiß, ob er aus demselben entkommen wird. Ich kann verwundet und sogar getötet werden. In diesem Falle wäre es jammerschade, wenn mein Geheimnis mit mir sterben sollte. Du bist mein bester Kamerad, und so will ich es dir mitteilen.«

»Du machst mich im höchsten Grade neugierig. Der feierliche Ton, in welchem du sprichst, läßt erraten, daß es sich um etwas ganz Ungewöhnliches handelt.«

»Das ist es auch! Ich spreche nämlich von Reichtümern, von einem Schatze, welcher ungeheuer groß zu sein scheint.«

»Von einem Schatze? Höre, fast möchte ich denken, daß du im Traume redest!«

»Ich träume nicht, sondern was ich dir sage, ist die volle, reine Wirklichkeit. Ich kann es dir durch einen Gegenstand beweisen, welchen du sehr genau kennst.«

»Welcher ist das?«

»Der lange, weiße Haarschopf, den du bei mir gesehen hast.«

»Ach, der Skalp des Indianers, welcher dich überfallen wollte, aber von dir getötet wurde?«

»Derselbe. Doch ist die Geschichte anders, als ich sie bisher erzählte. Dir kann ich die Wahrheit sagen, da du schon oft ähnliches gethan hast. Nämlich nicht ich wurde von dem Indianer überfallen, sondern er von mir.«

»Qué diablos! Ist die Sache so! Da will ich dir denn aufrichtig sagen, daß ich deine Erzählung nicht etwa geglaubt habe. Du hattest damals gar nichts bei dir, was die Habsucht eines Indianers anlocken konnte. Ich dachte mir immer, daß die Begebenheit sich anders, als du sie erzähltest, abgespielt habe. Also du hast ihn überfallen, und sein Haar steht im Zusammenhange mit dem Schatze, von welchem du sprichst? Soll ich etwa annehmen, daß jener Indianer der Besitzer dieses Schatzes gewesen ist?«