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»Ja.«

»Demonio! Erkläre dich deutlicher! Du kannst ihm den Schatz unmöglich abgenommen haben, da du nicht reich bist. Warum hast du es nicht gethan?«

»Weil er ihn nicht bei sich hatte. Es waren nur einige Gegenstände, welche zu dem Schatze gehörten, die ich bei ihm fand.«

»Hat er dir denn gesagt, wo sich das übrige befindet?«

»Nein.«

»So weißt du also gar nicht, wo dieser dein berühmter Schatz zu suchen ist?«

»Ja und nein, ich weiß es und weiß es doch auch nicht.«

»Sprich nicht in Rätseln!«

»Ich meine, daß ich zwar die Gegend kenne, aber die betreffende Stelle nicht.«

»So brauchst du dir auf den Schatz ganz und gar nichts einzubilden. Was nützt mir ein Schatz, den ich nicht finden kann? Vielleicht existiert er gar nur in deiner Phantasie.«

»Er existiert in Wirklichkeit; ich kann es beschwören.«

»Wo denn?«

»Droben in den Bergen und zwar jedenfalls in einer Schlucht, welche man die Barranca del Homicidio nennt.«

»Die kenne ich genau. Es geht von ihr die Sage, daß dort die letzten Inkas ermordet worden sind.«

»So ist es. Und ich nehme an, daß diese Inkas vor ihrem gewaltsamen Ende ihre Schätze dort versteckt haben.«

»Hm! Ich habe oft gehört, wie reich die Inkas gewesen sind. Alles, was die Herrscher berührten, hat von reinem Golde sein müssen. Die Spanier sollen damals ganze Schiffsladungen von Gold und Silber heimgeschafft haben. Doch was hilft das unnütze Reden! Erzähle!«

»Schwöre mir vorher, daß du keinem andern ein Wort davon sprechen willst!«

»Von solchen Sachen spricht man nicht; aber wenn ich dich damit beruhigen kann, so soll es mir auf einen Schwur nicht ankommen. Also ich schwöre, gegen jedermann über diese Angelegenheit zu schweigen!«

»So sollst du alles hören. Ich kam damals von Chile herüber, wo ich bei mehreren Stiergefechten mitgewirkt und mir einige Prämien erworben hatte; aber wie gewonnen, so zerronnen; du weißt ja, wie ich bin. Ich aß gut, trank noch besser, spielte viel und hatte kein Glück; ich verlor alles, und als ich die Rückreise antrat, mußte ich, um nur herüberzukommen, mich an einen Kaufmann, welcher nach Mendoza wollte, als Diener vermieten. Ich sage dir, daß er nie dort angekommen ist; warum, das kannst du dir ja denken.«

Er stieß ein hämisches Lachen aus. Er hatte natürlich diesen Kaufmann ermordet, um zu dem Eigentum desselben zu kommen. Nach einer kleinen Pause fuhr er fort:

»Ich war also ganz allein, als ich die diesseitigen Hänge des Gebirges erreichte. Es war des Abends, als ich an der Barranca del Homicidio ankam. Da du auch dort gewesen bist, so weißt du, daß es eine höchst unwirtliche Gegend ist. Gern wäre ich noch bis zur Salina del Condor weitergeritten, aber es war denn doch zu weit, und der Weg da hinunter ist so schlecht, daß man selbst beim hellsten Mondenschein verunglücken oder wenigstens ihn verfehlen kann. Ich suchte mir also einen Felsen, um hinter ihm Schutz gegen den rauhen Nachtwind zu finden, band mein Maultier an einen Stein fest und legte mich zum Schlafen nieder.«

»Konntest du denn schlafen?« fragte der Gambusino mit eigenartiger Betonung.

»Warum sollte ich das nicht?«

»Des Kaufmanns wegen, welcher nie in Mendoza angekommen ist.«

»Du meinst, daß er mir verwundet und blutig im Traum erschienen sei? Ich bin kein Kind oder altes Weib.

Wer tot ist, kommt nicht wieder. Dennoch wollte an jenem Abende der Schlaf nicht gleich kommen; dafür aber kam ein andrer.‹,

»Ah, ich vermute! Der Indianer, oder nicht?«

»Ja. Der Vollmond stand am Himmel, und kein Wölkchen war zu sehen. Ich hörte Schritte und lauschte. Ein Mann kam, ohne mich und mein Maultier zu sehen, ganz nahe an dem Felsblocke vorüber, hinter dem ich lag. Er blieb stehen und schaute nach dem Monde. Dabei bekam ich sein Gesicht zu sehen. Er war ein Greis, aber ein sehr rüstiger und sehr schöner Greis. Er trug einen langen Bogen und einen Köcher auf der Schulter, und ein Messer stak in seinem Gürtel; andre Waffen hatte er nicht und schien überhaupt gar nichts andres bei sich zu haben. Auffallend war sein langes, weißes und sehr dichtes Haar, welches ihm hinten bis an die Oberschenkel vom Kopfe hing und, wie ich später bemerkte, durch eine Spange zusammengehalten wurde.

Er stand lange da, ohne sich zu bewegen, starrte den Mond an und flüsterte dabei leise Worte, als ob er betete. Es schien, als ob er warten wolle, bis der Mond den höchsten Punkt seines Bogens erreicht habe; dann ging er weiter.«

»Und du folgtest ihm heimlich?« fragte der Gambusino.

»Ich wollte es thun, brachte es aber nicht fertig. Der scharfe Rand der Barranca befand sich nämlich gar nicht fern von mir. Der Mann ging auf denselben zu und war dann verschwunden. Ich kroch leise bis hin zur Schlucht und blickte hinab. Ich sage dir, daß mir bei dem, was ich sah, ein Grauen ankam. Die Felswand stieg beinahe senkrecht hinab; sie schien nicht die kleinste Stelle zu haben, an welcher ein menschlicher Fuß festen Halt fassen könne, und doch glitt der weißhaarige Mann mit einer Sicherheit da hinab, als ob eine bequeme Treppe hinunterführe. Sein Haar glänzte im Monde, bis ich es nicht mehr sehen konnte, so groß war die Tiefe, in welche er hinunterstieg. Wer war der Mann? Seinen Zügen nach jedenfalls ein Indianer.

Was wollte er hier? Warum wartete er, um den gefährlichen Weg anzutreten, nicht bis es Tag geworden war?

Wo hatte er sein Maultier? Oder war er so arm, daß er keins besaß? Du kannst dir denken, daß ich diese und andre Fragen gern beantwortet haben wollte; darum blieb ich am Rande der Schlucht auf der Lauer liegen, um auf seine Rückkehr zu warten. Ich lag die ganze Nacht; er kam nicht wieder; aber am Morgen, eben als die Sonne im westlichen Tieflande aufstieg, sah ich ihn jenseits langsam emporklettern. Er hatte jetzt ein Paket auf dem Rücken hängen. Als er oben angekommen war, breitete er die Arme gegen die Sonne aus, als ob er sie begrüßen wolle, und ging dann weiter. Ich beobachtete ihn, ohne daß er mich sehen konnte. Von der Höhe, auf welcher er sich ebenso wie ich mich befand, ging eine felsige Lehne allmählich abwärts; er schritt dieselbe hinunter und bog dann um den Fuß einer zweiten Höhe, worauf er mir aus den Augen verschwand.«

»Du bist ihm natürlich sofort nach?« fragte der Gambusino.

»Ja. Ich mußte unbedingt wissen, wer der Mann war, und was er nächtlicherweile aus der Barranca geholt hatte, denn das Paket, welches er jetzt trug, hatte er am Abende nicht gehabt. Ich band mein Maultier los, stieg auf und ritt ihm nach. Ich brauchte dabei keinen Umweg zu machen, denn die Richtung, welche er eingeschlagen hatte, führte nach der Salina del Condor, wohin auch ich wollte. Ich war sehr schnell die Lehne hinab und bog dann um die Stelle, hinter welcher er verschwunden war. Von da lief ein ziemlich steiler Abhang in ein schmales Thal hinunter. Der Indianer war schon unten. Er schien es eilig zu haben, denn er ging schneller, als mein Maultier bis jetzt gegangen war. Ich spornte es also an. So folgte ich ihm in das Thal, durch dasselbe auf eine Ebene, dann wieder über einen felsigen Abhang in ein zweites Thal, in welchem ich ihm so nahe kam, daß er den Hufschlag Meines Tieres hörte. Er blieb einen Augenblick stehen, um sich umzublicken. Als er mich sah, eilte er viel schneller weiter, als er bisher gegangen war. Er wollte mir ausweichen. Ich gab meinem Tiere die Sporen, daß es zu galoppieren begann. Er hörte das und blickte nach rechts und nach links, um einen Ausweg zu entdecken, aber die Seitenwände des Thales waren gerade hier so senkrecht eingeschnitten, daß er nicht hinauf konnte. Jedoch da öffnete sich das Thal, noch ehe ich ihn ganz erreicht hatte, und er wollte sich seitwärts wenden. Ich rief ihm zu: ›Bleib stehen, sonst schieße ich!‹

»Er hörte nicht; darum schickte ich die Kugel des einen Laufes hinter ihm her. Ich traf ihn nicht, wollte ihn überhaupt nicht treffen; er hörte die Kugel neben sich auf den Felsen schlagen und mochte nun doch denken, daß es geraten sei, meinem Befehle zu gehorchen. Er blieb also stehen und drehte sich nach mir herum. Das Doppelgewehr noch in der Hand, kam ich an ihn heran. Da fragte er mich: ›Señor, was habe ich Ihnen gethan, daß Sie auf mich schießen?‹