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Dieses Unternehmen in den Zwei Flüssen allerdings … Das stank wie ein Kadaver, den man einfach zum Verwesen liegen gelassen hatte. Er kannte noch immer nicht die wahren Gründe. Sollte wirklich al’Thor damit angelockt werden, oder hatte man Isam bloß von irgendwelchen wichtigen Ereignissen fernhalten wollen? Er wusste, dass die Auserwählten von seinen Fähigkeiten fasziniert waren; er konnte etwas tun, das ihnen verwehrt blieb. Sicher, sie konnten die Weise imitieren, auf die er den Traum betrat, aber sie mussten dazu die Macht lenken, brauchten Wegetore und Zeit.

Er war es leid, eine Figur in ihren Spielen zu sein. Sollte man ihn doch einfach nur jagen lassen; sollte man aufhören, jede Woche ein neues Wild auszusuchen.

Aber so etwas sagte man den Auserwählten nicht ins Gesicht. Er behielt seine Einwände für sich.

Schatten verdunkelten den Eingang der Schenke, und die Magd verschwand im hinteren Raum. Damit waren allein Isam und die Auserwählte im Gemeinschaftsraum.

»Du darfst aufstehen«, sagte sie.

Isam gehorchte hastig, als zwei Männer den Raum betraten. Groß, muskulös und mit roten Schleiern. Sie trugen braune Kleidung wie Aiel, hatten aber weder Speere noch Bögen. Diese Kreaturen töteten mit viel tödlicheren Waffen.

Obwohl Isam sich nichts anmerken ließ, stiegen in ihm Gefühle auf. Eine Kindheit voller Schmerzen, Hunger und Tod. Ein ganzes Leben lang die Bemühung, den Blick solcher Männer zu meiden. Es kostete ihn große Anstrengung, nicht zu zittern, als die Männer mit der Anmut natürlicher Raubtiere zum Tisch kamen.

Die Männer senkten die Schleier und entblößten die Zähne. Soll man mich doch zu Asche verbrennen! Ihre Zähne waren spitz zugefeilt.

Sie waren Umgedreht worden. Man konnte es in ihren Augen sehen – Augen, die nicht ganz richtig waren, nicht ganz menschlich.

Um ein Haar wäre Isam in diesem Augenblick in den Traum gegangen. Er konnte diese Männer nicht beide töten. Er wäre nur noch Asche gewesen, bevor ihm gelungen wäre, einen von ihnen zu erwischen. Er hatte die Samma N’Sei töten sehen. Manchmal taten sie es bloß, um neue Möglichkeiten in der Benutzung ihrer Macht auszuprobieren.

Sie griffen nicht an. Wussten sie, dass diese Frau eine Auserwählte war? Aber warum senkten sie dann die Schleier? Samma N’Sei senkten niemals die Schleier, solange sie nicht töten wollten – und das auch nur, wenn sie es ganz besonders gierig erwarteten.

»Sie werden dich begleiten«, verkündete die Auserwählte. »Du sollst auch eine Handvoll der Talentlosen bekommen, um mit al’Thors Leibwächtern fertigzuwerden.« Sie wandte sich ihm zu und erwiderte zum ersten Mal seinen Blick. Sie erschien … angewidert. Als ekelte es sie an, seine Hilfe zu brauchen.

Sie werden dich begleiten, hatte sie gesagt. Und nicht, sie werden dir »dienen«.

Verflucht. Das würde ein wirklich abscheulicher und hassenswerter Auftrag werden.

Talmanes warf sich zur Seite und entging nur knapp der Axt des Trollocs. Der Boden erbebte, als die Axt auf dem Straßenpflaster zerbrach; er duckte sich und rammte der Kreatur seine Klinge in den Oberschenkel. Das Ding hatte eine Stierschnauze, und es warf den Kopf zurück und blökte.

»Verflucht, du stinkst ja schrecklich aus dem Maul«, knurrte Talmanes, riss das Schwert heraus und trat zurück. Die Kreatur brach zusammen, und er hackte ihre Waffenhand ab.

Keuchend tänzelte er zurück, während zwei seiner Gefährten dem Trolloc die Speere in den Rücken rammten. Trollocs bekämpfte man immer am besten als Gruppe. Nun, eigentlich kämpfte man immer am besten als Gruppe, egal gegen wen, aber zog man Größe und Kraft der Tiermenschen in Betracht, war es bei ihnen noch wichtiger.

Leichen lagen wie Müllhaufen in der Nacht. Talmanes war gezwungen gewesen, die Wächterhäuser am Stadttor anzuzünden, damit sie Licht hatten; das ungefähr halbe Dutzend Wächter, die übrig geblieben waren, waren für den Augenblick Rekruten der Bande.

Einer schwarzen Welle gleich zogen sich die Trollocs vom Tor zurück. Der Angriff hatte sie ihre Reihen zu sehr auseinanderziehen lassen. Natürlich hatte man sie dazu gedrängt. Ein Halbmensch war bei der Gruppe gewesen. Talmanes berührte die Wunde in seiner Seite. Sie war feucht.

Die Wächterhäuser brannten kaum noch. Er würde den Befehl geben müssen, ein paar der umstehenden Läden anzuzünden. Zwar ging man dabei das Risiko ein, dass sich das Feuer weiter ausbreitete, aber die Stadt war ohnehin verloren. Sinnlos, jetzt noch Zurückhaltung üben zu wollen. »Brynt!«, rief er. »Zündet den Stall da an!«

Sandip kam herbei, während Brynt mit einer Fackel loslief. »Die kommen wieder. Vermutlich schon bald.«

Talmanes nickte. Da der Kampf im Augenblick beendet war, fluteten die Einwohner aus Gassen und Verstecken, schlugen zaghaft die Richtung zum Tor und damit zur vermeintlichen Sicherheit ein.

»Wir können nicht hierbleiben und dieses Tor halten«, sagte Sandip. »Die Drachen …«

»Ich weiß. Wie viele Männer haben wir verloren?«

»Ich habe noch keine Zählung veranlasst. Mindestens hundert.«

Beim Licht, Mat zieht mir die Haut ab, wenn er davon hört. Mat hasste es, Männer zu verlieren. Dieser Mann verfügte über eine Weichheit, die in etwa seinem Genie gleichkam – eine merkwürdige, aber durchaus inspirierende Kombination. »Schickt ein paar Späher los, die in der Nähe die Straßen überwachen und nach anrückendem Schattengezücht Ausschau halten sollen. Schichtet ein paar dieser Trolloc-Kadaver auf, um Straßensperren zu errichten; die funktionieren dazu genauso gut wie alles andere. Ihr da, Soldat!«

Einer der erschöpften Soldaten, die gerade vorbeigingen, erstarrte. Er trug die Farben der Königin. »Mein Lord?«

»Wir müssen die Leute wissen lassen, dass dieses Tor sicher ist, wenn man die Stadt verlassen will. Gibt es ein Hornsignal, das andoranische Untertanen erkennen würden? Etwas, das sie herbringt?«

»›Untertanen‹«, wiederholte der Mann nachdenklich. Das Wort schien ihm nicht zu gefallen. Hier in Andor wurde es nur selten benutzt. »Ja, der Königinnenmarsch.«

»Sandip?«

»Ich setze die Signaltrompeter darauf an, Talmanes«, sagte Sandip.

»Gut.« Talmanes kniete nieder, um sein Schwert am Hemd eines toten Trollocs zu säubern; seine Seite schmerzte. Die Wunde war nicht schlimm. Nicht nach normalen Maßstäben. Eigentlich kaum mehr als ein Kratzer.

Das Hemd war so dreckig, dass er seine Waffe beinahe nicht damit gereinigt hätte, aber Trolloc-Blut war schlecht für eine Klinge, also wischte er das Schwert ab. Die Schmerzen in seiner Seite ignorierend, erhob er sich wieder und ging zurück zum Tor, wo er Selfar angebunden hatte. Er hatte es nicht gewagt, das Pferd gegen Schattengezücht einzusetzen. Er war ein guter Wallach, der aber nicht in den Grenzländern ausgebildet worden war.

Keiner der Männer hatte etwas dagegen einzuwenden, als er in den Sattel stieg und Selfar nach Westen lenkte, aus der Stadt heraus zu den Söldnern, die er zuvor dabei beobachtet hatte, wie sie bloß zuschauten. Es überraschte ihn nicht, dass sie der Stadt in der Zwischenzeit näher gekommen waren. Ein Kampf zog Krieger an wie ein Feuer frierende Reisende in einer Winternacht.

Sie hatten nicht in den Kampf eingegriffen. Talmanes wurde von einer kleinen Gruppe Söldner begrüßt: sechs Männer mit überaus starken Armen und vermutlich wenig Hirn im Schädel. Sie erkannten ihn und die Bande. Mat war in letzter Zeit zu einer richtigen Berühmtheit geworden, und damit auch die Bande. Zweifellos entging ihnen auch nicht das Trolloc-Blut an seiner Kleidung und der Verband an seiner Seite.

Mittlerweile brannte diese Wunde wirklich schlimm. Talmanes zügelte Selfar, dann klopfte er geduldig die Satteltaschen ab. Irgendwo habe ich hier noch Tabak …

»Und?«, fragte einer der Söldner. Der Anführer war leicht zu erkennen; er trug die teuerste Rüstung. Oftmals wurde man zum Anführer einer solchen Gruppe, einfach weil man am Leben blieb.