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Brunhild wandte den Blick ab, legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die silbernen Sterne am Himmel. Sie war selbst in ihren alten Gewändern die Königin des Festes gewesen. Ein Blick des Waldkönigs hatte genügt.

Das köstliche Mahl und den Wein würde sie nicht so bald vergessen. Auch den Tanz mit dem Craiach würde sie wie einen schönen Traum in kostbarer Erinnerung behalten. Seine Arme hatte sie fest gehalten, und für den Hauch eines Augenblicks hatte sie sich gewünscht, daß die Musik niemals aufhörte zu spielen.

»Seid Ihr traurig?« Der Craiach war leise hinter sie getreten und legte ihr behutsam seinen Umhang über die Schultern. Brunhild schüttelte den Kopf und zog den weichen Stoff fester um sich. Sie hatte sich längst an den Anblick der edlen Samtmaske gewöhnt, die nur seine Augen frei ließ und alles andere von seinem Gesicht verbarg.

»Nein, ich bin glücklich, wie ich es lange nicht war«, sagte sie.

Eine Weile schwiegen beide.

»Rono? Warum habt Ihr im Wald auf Raban geschossen?«

»Ihr wißt es nicht?« Erstaunen lag in seiner Stimme.

»Ich bin nicht sicher«, erwiderte Brunhild. »War der Fluch der Grund, der auf Raban und mir lastet?«

Der Craiach nickte. »Ich dachte, es wäre nicht gut für Euren Kampf gegen die Wölfin, wenn Ihr auch noch gegen Euer eigenes Herz kämpfen müßt. Der Fluch wurde ausgesprochen, um Euch mit dieser Liebe zu töten. Vergeßt das niemals! Lursa war eine mächtige Frau. Wenn Ihr Euch Raban hingebt, kann diese Liebe sehr gefährlich sein. Auch für Ihn. Er ist nicht so stark!« Seine Hände legten sich wieder auf ihre Schultern. Brunhild genoß die Wärme seines Körpers. »Werdet Ihr hierbleiben?« fragte er leise.

Brunhild wandte sich zu ihm um. »Ich kann nicht, und das wißt Ihr!«

»Warum nicht! Ihr seid eine schöne und kluge Frau, es würde mich freuen, Euch in meiner Nähe zu haben.«

Brunhild trat einen Schritt zurück. »Ich muß wieder fort. Die Wölfin...« Sie brach ab.

Der schwarze, zottelige Dämon war so unendlich weit fort von alledem hier. Es schien ihr, als gehörte er einem anderen Leben an, das sie längst vergessen hatte.

»Erinnert Euch, Hüterin, noch gestern wolltet Ihr Euch nahe des kleinen Dorfes von ein paar wütenden Männern opfern lassen, so wenig war Euch noch an dem Kampf gegen die Wölfin gelegen. Ihr hattet aufgegeben, weil Ihr ein kleines Mädchen nicht retten konntet! Habt Ihr das vergessen?« Seine Stimme hatte wieder den gewohnt spöttischen Klang. »Ebensogut könntet Ihr dieses unsinnige Duell mit dem Dämon auch vergessen, nur mit dem Unterschied, daß es Euch hier nicht das Leben kostet. Im Gegenteil!«

»Ihr wißt nicht, was Ihr redet!« sagte Brunhild und wandte den Kopf. »Eine göttliche Aufgabe kann man nicht einfach ablegen wie ein getragenes Gewand und weiterleben, als wenn nichts geschehen wäre!«

»Ihr wißt, daß das nicht wahr ist, Brunhild!« Er strich ihr zärtlich über die Schultern. Ein wohliger Schauer lief ihr den Rücken entlang. »Ihr könntet es, Hüterin, genau wie andere vor Euch auch!« Seine Stimme wurde weich. »Ihr müßt nicht weiterkämpfen. Niemand zwingt Euch, gegen einen Dämonen anzutreten, dem ihr nicht gewachsen seid! Hört einfach auf und überlaßt den Menschen dort draußen diese Sorge. Die Jägerin der schwarzen Göttin wird mein Reich niemals betreten. Ihr seid für alle Zeiten vor Ihr sicher!«

Brunhild schaute an den Craiach vorbei durch das offene Tor in den von Kerzen erleuchteten Festsaal. Sie hörte die Musik; die liebliche Melodie erfüllte ihr Herz. Einen Augenblick lang genoß sie wieder die Vorstellung, die Jagd und der Kampf habe ein Ende und sie könne Ihr Leben hier verbringen. Es war eine verlockende Vorstellung. Sie betrachtete den Mann. Der Craiach besaß die Gabe, seine Worte so geschickt zu setzen, daß, gleichgültig, was er auch erzählte, es niemals langweilig klang. Wenn seine Arme sie umfingen, wie vorhin beim Tanz, so war es ein schönes, warmes Gefühl. In seiner Nähe war sie geborgen, und das Leid hatte ein Ende. Brunhild hob den Kopf und blickte noch einmal zu den Sternen, dann wandte sie sich ihm wieder zu.

»Ich muß gehen.« sagte sie fest. »Solange die Wölfin lebt, werde ich entweder kämpfen oder sterben, aber aufgeben werde ich nicht!«

»Aber Ihr habt gestern aufgegeben, Priesterin!«

»Ich weiß, doch die Göttin hat mir durch Euch ein Zeichen gegeben, daß Aufgeben nicht der Weg ist. Sie hat mich überleben lassen und mir gezeigt, wofür es sich zu kämpfen lohnt!«

»Und wofür lohnt es sich zu kämpfen?« Die Stimme des Craiach klang ein wenig amüsiert.

»Für ein Leben voller Glück und Schönheit, so wie Ihr es hier habt«, sagte Brunhild.

Der Mann vor ihr lachte leise. »Hüterin des Feuers«, sagte er übertrieben feierlich, »Ihr seid die einzig lebende Priesterin der weißen Göttin. Was also wollt Ihr tun? Die Wölfin mit ihren eigenen Waffen schlagen und sie beißen?«

»Ihr spottet!« Brunhild wandte sich ab.

»Nein!« Der Waldkönig hob einen Finger unter ihr Kinn und drehte ihren Kopf sanft zurück, so daß sie ihn anschauen mußte. »Nein, ich spotte nicht. Ich frage Euch ehrlich, was Ihr tun wollt.«

»Das weiß ich noch nicht«, sagte Brunhild. Ihre Hände glitten zu dem Gürtel, und wie von selbst legten sich ihre Finger fest darum. »Es wird einen Weg geben, die Wölfin zu besiegen! Die Göttin wird ihn mir zeigen.«

»Oft ist der Weg einfacher, als man es sich vorstellt. Doch gestern schon habt Ihr nicht mehr an einen Sieg geglaubt, denn Ihr wißt, daß die schwarze Priesterin mit Raban längst weiter auf die Flammenburg zureitet. Daß sie, wenn sie die Burg erreicht hat, kaum noch zu besiegen ist, denn sie hat den Rubin, und jeder ihrer Zauber wird damit nur stärker. Sie wird in der Flammenburg herrschen, die für Euch von den Menschen erbaut wurde, die auf eine gute und weise Hüterin hofften. Ihr werdet es nicht mehr verhindern können!«

»Woher wißt Ihr das?«

Der Craiach berührte mit seiner Hand sanft ihre Wange. »Von den Zweifeln in Eurem Herzen, edle Frau. Ihr fürchtet Euch zu sehr! Befragt meinetwegen die Flammen, wenn Ihr mir nicht glaubt.«

»Wenn Ihr in meinem Herzen wirklich zu lesen vermögt, dann wißt Ihr auch, daß ich niemals bleiben könnte«, sagte Brunhild.

»Ihr wollt aber auch nicht gehen!«

»Bin ich Eure Gefangene?« Brunhild trat einen Schritt zurück und blickte den Mann mißtrauisch an.

»Nein.« Der Craiach lachte wieder. »Ihr könnt gehen, wann immer es Euch beliebt.«

»Ich wollte schon heute morgen gehen.«

»Heute morgen, Hüterin, war nur Euer Geist bereit zu gehen, der arg von Eurem Gewissen geplagt wurde, nicht aber Euer Herz. Es verlangte Euch nicht nach Kampf, sondern nach Schönheit, und die habt Ihr heute in meinem Garten und beim Ball erlebt.«

Er kam einen Schritt näher und berührte zärtlich ihr Haar. »Selbst jetzt, nachdem Ihr das alles genossen habt, will Euer Herz nicht wirklich fort. Denn Ihr habt Angst!«

»Vielleicht habt Ihr recht, doch ich muß dennoch sofort gehen«, sagte Brunhild leise. Sie fühlte, wie ihr Herz schneller schlug. Die warme Hand des Mannes berührte sanft ihre Wangen.

»Sofort!« sagte sie.

Mühsam löste sie sich von seinen Zärtlichkeiten und ging ein paar Schritte in den Garten. »Ich danke Euch, Craiach, für den schönen Tag. Ich habe vieles gelernt.«

Schweigend kam der Waldkönig ihr nach. »Ihr seid tapfer«, sagte er nach einer Weile. »Ich denke, die alte Ramee tat recht damit, Euch zur Hüterin zu weihen! Begleitet mich zu den Ställen. Dort werden wir für Euch und Euren Begleiter zwei Pferde finden, die Euch sicher zur Flammenburg tragen werden.« Er deutete eine Verbeugung an, drehte sich um und schritt den Gartenweg entlang.