Выбрать главу

Brunhild sah ihm nach. Dann lief sie los und hielt ihn am Arm zurück. »Wartet«, sagte sie leise, als sie ihn erreichte.

Er drehte sich um. Ihre Hand glitt hinauf zu seiner Schulter. Vorsichtig ging sie noch einen Schritt näher. Ihr Blut rauschte durch ihre Adern, dann fühlte sie, wie seine Arme sie umfingen und wie er sie an sich zog. Sie fühlte, wie sein Herz an ihrer Brust heftig pochte. Für einen Augenblick lehnte sie den Kopf an seine Schultern.

Dann schob er sie von sich.

»Werde ich diesen Garten jemals wiedersehen?«

Der Craiach antwortete nicht gleich. »Es wird lange dauern. Brunhild, länger, als Ihr es Euch jetzt vorstellen könnt. Ihr werdet weit reisen und vieles sehen müssen, doch eines Tages werdet Ihr zurückkommen und auch den letzten Rest Eurer göttlichen Aufgabe erfüllen. Dann wird Euch dieser Garten wieder offenstehen.«

Als er sie losließ, war ihr, als erwache sie plötzlich aus einem Traum. Er hielt inne. »Noch eines, Hüterin, vergeßt bei Eurem Kampf niemals mehr den Gürtel, den ihr tragt. Gebt Ihn nicht her, auch nicht für ein weißes Gewand mit edlem Gestein.« Er strich vorsichtig mit dem Finger über die silbernen Ringe an ihrer Taille. »Dieses Geschmeide ist mehr als ein erlesenes Kunstwerk, das Euch schützt. Es ist auch der Schlüssel zu Eurem Sieg!«

»Kommt jetzt!« sagte er ernst und nahm sie an der Hand. »Der Weg, den Ihr noch vor Euch habt, Priesterin, ist weit.«

Brunhild schlug die Augen auf, als eine Hand sie zart am Arm berührte. Sie richtete sich auf und erkannte den Waldkönig neben sich. Norwin lag ein Stückweit entfernt von ihr ebenfalls auf dem Boden und schlief.

»Wie ich sagte, Ihr braucht nur Euren Wunsch zu äußern, und ich werde ihn erfüllen«, sagte der Craiach. »Ihr seid wieder dort, wo ich Euch aufgelesen habe.«

Brunhild schaute sich um. Sie war in dem kleinen Waldstück, in dem das Kind gestorben war. Die Erinnerung daran auszuhalten, fiel ihr schwer.

»Dort drüben stehen für Euch und Norwin zwei Pferde, mit denen ihr die Flammenburg recht bald erreichen werdet.«

Brunhild erhob sich. Sie klopfte sich den Staub aus den Kleidern und wollte zu Norwin gehen, um ihn zu wecken.

»Einen Augenblick noch!« Der Craiach hielt sie am Arm zurück. Er zog einen seiner Handschuhe aus und nahm einen silbernen Ring von seinem kleinen Finger. »Dieser Ring soll Euch an mich erinnern. Vielleicht birgt er auch noch das eine oder andere kleine Geheimnis.« Der Waldkönig lachte leise. »Aber ich habe es bisher nicht herausgefunden. Ich überlasse ihn Euch.«

Behutsam zog er ihr den Ring über den mittleren Finger ihrer rechten Hand. »Lebt wohl«, sagte er leise, und Brunhild hatte zum ersten Mal das Gefühl, daß die Stimme des Waldkönigs für einen Augenblick jeden Spott verloren hatte.

»Lebt wohl, Craiach«, sagte Brunhild leise und betrachtete den Ring an ihrer Hand. Als sie aufschaute, war der Mann mit der Samtmaske verschwunden. Auch sein Fuchshengst war fort. Brunhild trat zu Norwin und weckte ihn.

»Laßt uns aufbrechen, Krieger«, sagte sie. »Die letzte Schlacht wartet auf uns.«

11. KAPITEL

Raban hob die verletzte Priesterin von Bortino herunter und trug sie zu dem großen Eingangsportal der Flammenburg. Die Wölfin hatte sie in den letzten Tagen auf verschlungenen Wegen hierher geführt. Das Tier hatte ihm zu verstehen gegeben, daß, wenn Inmee wieder gesund wäre, er das unterirdische Feuerschloß seiner Ahnen finden würde. Raban warf einen kurzen Blick zurück auf den glühenden Lavaring, der diese Burg wie eine feurige Schlucht umgab. Er fragte sich, wo die Menschen waren, deren Hüterin des Feuers Inmee sein wollte. Seit ein paar Tagen waren sie nun unterwegs, aber weder auf ihrer Reise hierher noch auf dem Weg durch die Feuerberge hatte er einen anderen Menschen gesehen. Es war, als ahnten die Leute, daß sie kamen, und gingen ihnen aus dem Weg.

Die Wölfin wandte sich zu ihm um. »Warum zögert Ihr, Magier?« Ihre Stimme klang kalt in seinem Kopf. »Die Priesterin braucht Ruhe! Wir müssen sie endlich hinlegen. Die Reise hat sie sehr angestrengt.«

Raban nickte. Er betrachtete die ohnmächtige Frau in seinen Armen. Immer noch entstellten die blutigen Wunden, die Brunhild ihr geschlagen hatte, Inmees Gesicht, ihre Arme, ihre Hände und ihre Brust. Raban wußte nicht, womit Brunhild der schwarzen Priesterin solche Verletzungen beigebracht hatte. Stück um Stück platzte die Haut immer wieder auf und begann von neuem zu bluten.

Die Wölfin hatte in dem Dorf, das sie, kurz nachdem er Inmee bei ihrem Pferd gefunden hatte, durchquerten, ein arges Blutbad angerichtet, um Inmee zu helfen. Zuerst hatte das Tier ziemlich wahllos alles getötet, was ihm in den Weg kam, um seine eigene grausige Lust am Tod auszukosten, doch dann hatte der Dämon Raban aufgetragen, Inmee mit dem Blut der Kinder zu tränken, ihre Wunden damit zu berühren und nicht eher damit aufzuhören, bis sie den roten Lebenssaft der Kinder in sich aufgenommen hätte. Raban hatte sich alle Mühe gegeben, der schwarzen Priesterin zu helfen, doch es hatte nicht viel genützt. Für kurze Zeit war es der Priesterin besser gegangen, aber dann hatte sich ihr Zustand eher verschlimmert.

Die Wölfin schritt durch das große Portal der Burg und stieg eine breite Steintreppe hinauf. Raban folgte ihr. Sie betraten einen langen Gang, bis das Tier endlich vor einer hölzernen Tür stehenblieb.

Die Burg war noch nicht alt und offenbar unbewohnt. Es begegnete ihnen niemand.

Die Wölfin gab ihm zu verstehen, daß er die Tür öffnen sollte.

Raban nickte. So gut er es mit Inmee auf den Armen vermochte, drückte er einen fein geschmiedeten Riegel zur Seite und betrat, als die Tür vor ihm aufsprang, den dunklen Raum.

Schwere Vorhänge sperrten das Tageslicht aus, so daß er eine Weile brauchte, bis sich seine Augen an die Dunkelheit, die hier herrschte, gewöhnt hatten.

»Legt Inmee auf das Bett!« befahl die Wölfin. »Dies ist der Raum, den die Leute aus den nahen Dörfern für die Ankunft der Hüterin des Feuers bereitgemacht haben.«

Raban gehorchte und durchquerte den Raum. Stöhnend verzog die Priesterin ihr Gesicht, als er sie auf die weißen Leinenlacken niederlegte.

Dann öffnete sie die Augen. Eine Weile glitt ihr Blick an Raban auf und nieder.

»Ihr seid in Sicherheit«, sagte er leise. »Alles wird gut!«

»Wo bin ich?« fragte die Frau. Raban erkannte, daß das Sprechen ihr schwerfiel. Ihre Lippen bewegten sich kaum. Die blutigen Male auf ihren Wangen erschwerten ihr die Bewegung des Mundes.

»In der Flammenburg der Hüterin des Feuers«, sagte Raban und deckte die Priesterin zu. Wieder stöhnte sie schmerzhaft auf. Er hatte Mitleid mit ihr. Die Verletzungen in ihrem Gesicht waren am schlimmsten. Wenn nicht bald etwas geschieht, dachte er, und das Fieber weiter steigt, dann wird sie sterben.

Die Frau versuchte, einen Teil des Raumes um sich her zu erkennen. Aber sie war zu schwach, um sich aufzurichten. Sie lächelte ein wenig. »Hüterin des Feuers«, flüsterte sie und schloß die Augen wieder.

»Sie wird sterben!« sagte die Wölfin verächtlich und wandte sich ab. »Sie hat den Kampf aufgegeben, weil sie sich am Ziel glaubt. Doch der Kampf ist erst entschieden, wenn Brunhild tot ist! Erst dann ist sie die Hüterin!«

Die Wölfin ging zur Tür. »Inmee besitzt den Rubin der Macht, also achtet auf die Priesterin und wacht bei ihr. Ich will nicht, daß ein solcher Fehler wie am Wasserfall noch einmal geschieht.«

»Was für ein Fehler?« Raban blickte neugierig auf den Dämon.

»Diese Menschenfrauen haben ihr Herz niemals unter Kontrolle«, zischte die Stimme in seinem Kopf verächtlich. »Als Inmee Euch Brunhild retten sah, gab sie einen Herzschlag lang nicht acht, und die alte Ramee gewann das magische Duell, in dem sie den Garten in Stein verwandelte.« Die gelben Augen blickten ihn herausfordernd an. »Ich hoffe, Ihr seid wachsamer und gebt auf den Rubin acht. Wenn er Brunhild in die Hände fällt, wird Inmees Macht gebrochen sein!«