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Die Flottentaktiker hatten diesen Dinosaurier geradezu gehässig beschimpft. Ein Renommierstück hatten sie ihn genannt, ein Schild mit der Aufschrift Idiot an Bord! um den Hals der feindlichen Flotte. jede raumfahrende Spezies, die Kriegsschiffe baute, musste auf die eine oder andere Weise – oft genug auf die harte Tour – lernen, dass große Schiffe einfach nicht sinnvoll waren, höchstens als maßlos überteuertes Mittel, um Eindruck auf naive Eingeborene zu machen. Flexibilität, Steuerbarkeit, niedriges Kosten-Risiko-Verhältnis, effektive Verteilung der immanenten Schadensresistenz, präzise Analyse des Kampfraums, seitenblinde denotative Kontrollstrukturen … solche und noch abgefahrenere Konzepte spielten wirklich eine Rolle bei der Planung von modernen Weltraumkriegen. Ein ›Richtig Großes Schiff‹ schnitt dabei nicht allzu gut ab.

Die Taktiker redeten meistens in ihrem eigenen Kauderwelsch, sie waren leicht erregbar und zwinkerten oft mit den Augen.

»Also eine Stärke, die eigentlich eine Schwäche ist«, hatte Taince bei einer der Besprechungen vorgeschlagen.

»Das wäre eine mögliche Alternativdefinition«, hatte ihr einer der Spezialisten nach kurzem Überlegen zugestanden.

Doch seit etwa einer Woche gab es kaum Hinweise auf weitere Aktivitäten.

Die E 5-Invasoren waren später eingetroffen als erwartet, und die Generalflotte würde früher eintreffen. Was natürlich ganz in ihrem Sinne war. Die Invasoren hatten sicher bald herausgefunden, wann Ulubis mit der Ankunft der Generalflotte rechnen konnte, und es war immer ratsam, den Feind im Ungewissen zu lassen und seine Erwartungen zu enttäuschen. Sollte er ruhig glauben, er hätte alle Zeit der Welt, und bevor er seine Vorbereitungen abgeschlossen hatte, war man plötzlich da.

Zuschlagen. Darum ging es immer. Es war eines der Lieblingsworte von Admiral Kisipt. Der Flottenkommandeur, ein Voehn, kannte dieses Wort in mehreren hundert verschiedenen Sprachen, einschließlich des Anglisch der Erde. Sei allzeit bereit, dem Feind einen Schlag zu versetzen. Schnell, energisch und kraftvoll.

Bei Taince hatte die Liebe zugeschlagen, sie hatte sich in einen jüngeren Untergebenen verguckt, und als sie feststellte, dass ihre Gefühle erwidert wurden, hatte sie eine eigene kleine Eroberung inszeniert.

Die Zeitanzeigen tickten gleichmäßig auf den Punkt zu, an dem jeder wieder allein in seine kleine Kapsel zurückkehren und darauf warten musste, dass der Bremsschub das Schiff von knapp unter Lichtgeschwindigkeit auf fast Ulubis-null herunter brachte. Erst dann konnte der Angriff beginnen.

Das Nekro-Cineropol-Schiff Rovruetz schwebte unter der Velpin. Es rotierte ganz langsam und strebte immer noch mit sanfter Beschleunigung seinem fernen Zielsystem und dessen längst verstorbenen, aber noch nicht begrabenen Bewohnern zu. Die Velpin suchte mit allen Sensoren den äußeren Rand des Riesenschiffes ab. Fassin und Y’sul waren wieder an Bord. Man hatte ihnen Leisicrofes leblosen Körper gezeigt. Er war mit einem halben Dutzend weiterer toter Dweller an die vereiste Wand des großen dunklen Korridors geschweißt.

Sehr gut konserviert, wie Sie sehen, hatte der Diensthabende Rezeptionär Neunter Lapidarius betont. – Ich hoffe, Sie finden das Umfeld angemessen. Der Ythyn-Offizier war immer noch erschüttert über das Missverständnis.

Er ist also einfach so gestorben?, hatte Y’sul gefragt.

Offenbar ganz plötzlich. Er trieb – genauer gesagt, er rollte – in seinem Schutzanzug durch das Schiff. wir fanden ihn ein paar Tage nach seiner Ankunft. er hatte darum gebeten, während seines Aufenthalts hier die Verteilung von Leichen verschiedener Spezies erfassen zu dürfen. wir sahen keinen Anlass, ihm das zu verbieten.

Im Innern des Nekro-Schiffs war der Einsatz von Reaktionsmotoren nicht gestattet. y’sul hatte sich mit den vom Anzug geschützten Nabenarmen zur Tunnelwand hin bewegt und war schwerfällig neben dem Leichnam des Dwellers gelandet. Der war bis auf ein kleines Nabentuch nackt.

Ich habe wirklich keine Ahnung, ob das dieser Leisicrofe ist oder nicht, hatte Y’sul erklärt. – Aber es ist ein Dweller, wahrscheinlich von Nasqueron, und er ist auf jeden Fall tot.

– Irgendeine Spur von … irgendwas?, fragte Fassin.

Y’sul hatte den Leichnam bei Licht und mit Radarsensoren untersucht. Er hatte das Nabentuch abgenommen und ausgeschüttelt. Fassin hatte gespürt, wie ihr Ythyn-Gastgeber Einspruch erheben wollte, aber Y’sul hatte das Nabentuch gleich wieder angebracht und sah sich nun die Rückseite des Körpers an, die Stelle, wo er mit Eis an der Tunnelwand befestigt war.

Nichts, lautete seine Antwort.

»Da«, sagte eine Hälfte von Quercer & Janath.

Auf einem Bildschirm der Velpin erschien ein flackernder Umriss um eines der verlassenen Schiffe, die wie Furunkel außen am Rumpf des Nekro-Schiffs saßen.

Fassin betrachtete das Schiff. Es war ein schlichtes schwarzes Ellipsoid, vielleicht sechzig Meter lang. Kalt wie das Weltall und ohne Leben.

»Das ist es?«, fragte Y’sul.»Seid ihr sicher?«

»Es ist ein Dweller-SoloSchiff, Einmann-Allzweckmodell, Standardausführung«, erklärte der Vollzwilling.

»Und dem Ping nach noch nicht lange hier.«

»Könnt ihr seine Systeme aufwecken?«, ragte Fassin. »Herausfinden, wo es zuletzt war, bevor es hierher kam?«

Der Expeditionscaptain sah ihn an. »So funktioniert das nicht.«

»Gib Acht!«

Sie holten sich von den Ythyn die Erlaubnis, das SoloSchiff abzuheben und an die Velpin zu hängen. Dann wärmten sie es auf und leiteten die Standardatmosphäre eines Gasriesen ein. An Bord war gerade so viel Platz, dass Y’sul und Fassin gleichzeitig einsteigen konnten. Quercer & Janath hatten die abgeschaltete Computermatrix des Schiffchens bereits über Laser mit der Matrix der Velpin synchronisiert. Bildschirme, Holotanks, Flächen und andere Displays flackerten auf, stabilisierten sich und blieben hell. Es piepste und klickte auf allen Seiten. Das Schiff fühlte sich immer noch kalt an.

Y’sul beklopfte und betastete mit seinen Nabenarmen einige Maschinenteile, die besonders empfindlich aussahen.

»Kriegt ihr etwas rein?«, fragte er. Der Vollzwilling war auf dem größeren Schiff geblieben.

»Im Log ist was«, erklärte eine Hälfte.

»Log ist Seemannssprache für Tagebuch.«

»Was ihr nicht sagt!«, spottete Y’sul.

»Wirklich. Aber man kommt von hier aus nicht dran. Ihr müsst eure Eingaben von dort machen.«

»Und wie genau?«, fragte Fassin.

»Woher sollen wir das wissen?

»Ist doch nicht unser Schiff.«

»Ihr müsst eben experimentieren.«

Also experimentierten sie, bis sie das korrekte Verfahren gefunden hatten. y’sul musste sich in einen dwellerförmigen Doppelalkoven, eine Sensornische, zwängen und gleichzeitig vier Glyphensymbole auf vier verschiedenen Glyphentafeln drücken. Nun zeigte der Hauptschirm keine Sterne mehr, auch der schwarz glänzende Rumpf des Nekro-Schiffs verschwand, stattdessen erschien das Innere einer kleinen Bibliothek. y’sul griff in den virtuellen Raum, zog ein Buch heraus, auf dessen Rücken Logbuch stand, und schlug es auf.

Eine reglose Dweller-Nabe in Großaufnahme schaute ihnen entgegen.

»Tja«, sagte Y’sul,»sieht genauso aus wie die Leiche in dem großen Weltraumleichenwagen.«

»Wir können ihn sehen. Da müsste ein Play-Knopf sein.«