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»Gehen Sie auf Ihren Platz zurück«, sagte der Commander ruhig.

»Das wäre wahrscheinlich keine schlechte I…«, begann der Vollzwilling.

»Geh du auf deinen eigenen Scheißplaneten zurück, du Pisser!« , dröhnte Y’sul und streckte einen Nabenarm aus, um den Voehn wegzustoßen.

Der Commander bewegte sich schneller, als das Auge zu folgen vermochte. Es sah aus, als wäre er ein Hologramm, das sich jetzt in einzelne Pixel auflöste und in eine graue, von pastellfarbenen Scherben durchsetzte Wolke verwandelte. Y’sul erschauerte kurz, dann segelte er gemächlich nach rückwärts und prallte hinter der Sitzgrube und der abgestreiften Fesselhülle gegen die Wand. Einen Moment hing er da, dann schlug er einen Salto nach rückwärts, sank langsam zu Boden und rotierte auf einer Kante wie eine Münze auf einem Tisch, bis er schließlich umfiel.

Der Voehn-Commander saß immer noch da wie vorher. Er wirkte vollkommen ruhig. »Das war keine rückhaltlose Kooperation«, sagte er leise.

»Würg«, krächzte Y’sul. Sein Panzer hatte zwei Dellen, eine an jeder Scheibe, und eine Prellung an der inneren Nabe, die wie ein Knick aussah. Für einen Dweller war das eine schwere Verletzung, vergleichbar mit mehreren Knochenbrüchen und einer Schädelfraktur mit Hirnkompression bei einem Menschen. Fassin hatte nicht einmal richtig mitbekommen, wie der Commander zugeschlagen hatte. Er hätte die Aufzeichnung gerne noch einmal zurückgespult, aber die Systeme seines Gasschiffchens waren offenbar außer Kraft gesetzt und hatten nichts aufgezeichnet.

Oh Scheiße, dachte er. Wir werden alle sterben, und ich bin der Einzige, den sie richtig foltern können. Im Geiste sah er schon, wie man ihn aus seinem Gasschiff herauspulte wie eine Schnecke aus ihrem Haus.

Y’sul richtete sich sehr langsam wieder auf. Er zitterte leicht und brabbelte Unverständliches vor sich hin.

Quercer & Janath und drehten sich gemächlich um, sahen den Dweller an und wandten sich wieder an den Commander. »Sie gestatten?«

»Was?«, fragte der Voehn.

»Wir würden unserem Landsmann gern helfen.«

»Nur zu.«

Der Expeditionscaptain ließ seine Fesselhülle zu Boden fallen, glitt zu Y’sul hinüber und führte den verletzten Dweller zu seiner Sitzgrube. Y’sul murmelte immer noch irgendwelchen Unsinn.

Mit einem Laut wie ein Seufzer und einem letzten Blick auf den immer noch zitternden und faselnden Y’sul kehrte der Vollzwilling in seine eigene Grube zurück.

»Wir geben uns nicht mit albernen Spielchen ab, wir sind hier, um die volle Wahrheit ans Licht zu bringen«, erklärte der Voehn-Commander. »Die reine Wahrheit könnte Sie retten. Alles andere ist mit Sicherheit Ihr Untergang. Die Protreptik ist ein Spezialschiff des Lustral-Ordens, der sich im Allgemeinen der Jagd auf und der Ausrottung von Gebannten widmet, das sind jene abscheulichen Gebilde, die gewöhnlich KIs genannt werden. Wie bei allen unseren Einsätzen, so sind unsere Befugnisse auch hier unbegrenzt. wir haben Sie vollkommen in der Hand, wenn Sie nicht fraglos und uneingeschränkt mit uns zusammenarbeiten, werden Sie die Konsequenzen zu spüren bekommen. Ich gehe davon aus, dass Sie keine Mühe haben, alles bisher Gesagte zu verstehen.«

»Na schön«, sagten Quercer & Janath. Es klang leicht verärgert, so als hätte der Vollzwilling eben über eine interne Funkverbindung eine unerfreuliche Nachricht erhalten und dem Commander gar nicht zugehört.

Das Gerät, das einer der Wärter auf die drei Gefangenen gerichtet hatte und das nun an einem Riemen auf seinem Rücken hing, leuchtete erst rot, dann gelb und sprühte winzige Funken. Der Soldat reagierte fast so schnell wie sein Commander, er drehte sich nach hinten, riss sich das Instrument ab und warf es von sich. Es rutschte über den Boden, prallte gegen die gewölbte Wand und blieb qualmend liegen.

Der Commander betrachtete es einen Augenblick lang, dann wandte er sich ohne Eile wieder den Gefangenen zu. »Nicht schlecht«, sagte er. Es klang amüsiert. »Wer ist der Angeber?« Er sah Fassin an. Die beiden Wärter hatten ihre Waffen in Anschlag gebracht, eine war fest auf Fassin gerichtet, die andere wanderte zwischen Y’sul und dem Vollzwilling hin und her.

»Bekenne mich schuldig, Commander«, riefen Quercer & Janath dreist. »Aber Teufel nochmal, das ist noch gar nichts.«

»Passen Sie mal auf.«

Der matte Lichtschein auf allen Oberflächen flammte schlagartig auf, bis alle – die beiden Dweller, die drei Voehn und Fassin selbst – wie im grellen Schein einer Supernova schwebten, als hätte man sie alle zugleich in eine Sonne geworfen. Fassin hörte sich selbst aufschreien und spürte, wie die Automatik in den Sinnen des Gasschiffs die Brandschilde zuschaltete.

Ganz unvermittelt waren sie wieder sehr schwer.

Fassin hätte geschworen, dass er das Licht sehen konnte. Es schoss durch den Rumpf des Gasschiffs und traf seine geschlossenen menschlichen Augen. Drei mächtige Schläge hallten durch den Raum und erschütterten die Luft. Mittendrin öffnete er seine Sehorgane so weit, dass er die anderen als schwarze Klumpen erkennen konnte. Zwischen dem Voehn und Quercer & Janath spannten sich dünne rote Linien von noch größerer Leuchtkraft. Wie benommen wartete er darauf, dass der Expeditionscaptain explodierte oder zurückgeschleudert würde, aber die große runde Doppelscheibe bewegte sich kaum von der Stelle; stattdessen purzelten die Voehn durch den Raum wie abgeschnittene Marionetten.

Und plötzlich war alles still und dunkel. Fassin war wieder blind. Er erlaubte dem Gasschiff, ein ›Auge‹ bis auf normale Lichtempfindlichkeit zu öffnen. Die Schäden waren nicht unerheblich, aber noch konnte er sehen. Die Menge an Infrarotstrahlung überraschte ihn. Er suchte nach dem Ursprung. Die Voehn. Sie glühten.

Einer der Wärter lag, alle Gliedmaßen von sich gestreckt, mit offenem Panzer neben der Tür an der Wand, der andere mit dem Gesicht nach unten zwischen der Tür und der Stelle, wo der Commander gestanden hatte. Ihm fehlten zwei Vordergliedmaßen. Der Commander näherte sich mit ruckartigen Bewegungen der Gestalt von Quercer & Janath. Sein Kopf war zur Hälfte weggerissen, eine Seite des Schädels hing, nur noch vom Bindegewebe gehalten, herab und schaukelte beim Gehen hin und her. Mit hoch erhobenen Armen machte er noch ein paar unsichere Schritte auf den Expeditionscaptain zu, dann brach er zusammen und zerfloss wie eine schmelzende Eisskulptur.

»Der macht keinem mehr etwas vor«, sagte eine Stimme, die Quercer & Janath gehören mochte. Die Fesselhüllen legten sich um Fassin und den immer noch zitternden Y’sul. »He, he«, sagte der Expeditionscaptain.

Die Schwerkraft spielte verrückt und wechselte mehrmals schnell die Richtung vom Bug zum Heck und wieder zurück. Dadurch wurde der Voehn-Commander ein halbes Dutzend Mal zwischen Boden und Decke hin und her geschleudert. Dann trat er in Aktion. Seine Bewegungen verschwammen. Ein Wirbelwind mit halbem Kopf schoss schneller, als das Auge zu folgen vermochte, auf Quercer & Janath zu.

Und alles erstarrte.

Ein lebendes Bild: der Voehn-Commander hing hilflos zappelnd, im Nacken gehalten, an einem von Quercer & Janaths ausgestreckten Nabenarmen.

»Wie konnten wir es nur so weit kommen lassen?«, fragte der Vollzwilling deutlich vergrämt. Er brach dem Commander das Genick, dann schossen vom äußeren Rand seiner Doppelscheibe zwei dünne blaue Strahlen durch die Gasatmosphäre und zerstückelten den zuckenden, krampfenden Körper, bis fast nichts mehr zu halten übrig war. Der Vollzwilling ließ die Reste fallen. Sie landeten mit einem klatschenden Geräusch auf dem Boden, das Fassin besonders Ekel erregend fand.

»Hier spricht das autonome Loyalitätssystem des Schiffs!«, rief eine Stimme aus dem Gas. »Integritätsverletzung! Integritätsverletzung! Selbstzerstörung in …«

»Also wirklich«, stöhnten Quercer & Janath. »Ner-vend!«