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Er suchte nach einem befreundeten Satelliten, nach irgendeinem Signal, das von seinem Gasschiffchen zu erkennen wäre, fand aber nichts. Alle abgestrahlten Signale waren entweder viel zu schwach oder verschlüsselt, und er fand auch kein Relais im niedrigen Orbit, an das er einen Gruß hätte absetzen können. Er versuchte, eines der schwächeren Signale zu erfassen und seine Botschaft mit dem Biobewusstsein des Gasschiffs zu entschlüsseln, aber die Routinen arbeiteten offenbar nicht. Er kapitulierte und begnügte sich vorerst damit, hier zu sitzen und die wenigen bekannten Sterne zu betrachten.

Trotz Y’suls Verletzungen waren sie nicht um ein weiteres, wenn auch nicht ganz so wildes Spiralmanöver herumgekommen. Fassin hatte in seinem Gasschiff gespürt, wie sich die ineinander gebetteten Korkenzieherwindungen und Schraubenbewegungen aufbauten, als würde eine Feder aufgezogen, und hatte auf den Eintritt ins Wurmloch gewartet, später jedoch erfahren, dass sie es bereits passiert hatten und er nur das Abrollen der Feder mitbekommen hatte. Dann waren sie plötzlich wieder hier in Nasqueron, aber in der Südlichen Polar-Region, nicht im Norden, von wo sie abgeflogen waren.

Das ehemalige Voehn-Schiff Protreptik war nur wenige Kilometer durch die oberste Wolkenschicht gesunken und hatte in den unteren Regionen der nahezu verlassenen Polarstadt Quaibrai in einer riesigen Höhle von einem Hangar auf einem etwas zu großen Schlitten aufgesetzt. Der Administrator der Stadt hatte ihnen mit mehreren hundert jubelnden, Papierschlangen schwenkenden und Duftgranaten werfenden Dwellern einen stürmischen Empfang bereitet.

Eine aus Vertretern verschiedener Alien-Schiff-Fanclubs zusammengesetzte Delegation war beim Anblick des Voehn-Schiffs vollends außer Rand und Band geraten und vor Ungeduld auf und ab gehüpft, während Y’sul vorsichtig ausgeladen und einem Sanitätsteam übergeben wurde. Sobald Y’sul, Fassin und der Vollzwilling Quercer & Janath das Schiff verlassen hatten, stürmten die Fans aufgeregt schwatzend an Bord und drängten durch Luken und Korridore. Der Vollzwilling hatte in weiser Voraussicht das Schiff, das sie für den Portaldurchgang so schmal wie eine Nadel konfiguriert hatten, so verändert, dass es dicker und damit geräumiger wurde, doch es wirkte für die Dwellerfiguren immer noch viel zu eng.

Y’sul schien bereits halb genesen, obwohl er nach dem Heilkoma noch ziemlich benommen war. Während das Sanitätsteam mit der Ambulanzjolle auf ihn zusteuerte, hatte er sich auf der Schaufeltrage ein wenig gedreht, um Fassin ansehen zu können. »Siehst du?«, hatte er heiser hervorgestoßen. »Ich habe dich heil zurückgebracht!«

Fassin hatte das bestätigt und obendrein versucht, Y’sul beruhigend zu tätscheln, doch er hatte den defekten Manipulator benützt und nur ziellos im Gas herumgefuhrwerkt. Also war er herumgeschwenkt und hatte mit dem anderen Arm des Gasschiffs die Nabenhand des verletzten Dwellers ergriffen.

»Fliegst du jetzt nach Hause?«, hatte Y’sul gefragt.

»Falls davon noch etwas übrig ist. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

»Wenn du tatsächlich gehst, dann komm bald wieder.« Y’sul hatte innegehalten und sich geschüttelt, um wach zu werden. »Ich sollte in zwei Dutzend Tagen wieder Besucher empfangen können und werde anschließend sicher einen sehr vollen Terminkalender haben. Ich werde mich nicht scheuen, meine jüngsten Erlebnisse und meine Verletzungen rücksichtslos auszubeuten und meine Rolle bei der Eroberung des Voehn-Schiffs, ganz zu schweigen von meinem Kampf mit dem Voehn-Commander hemmungslos hochzuspielen. Letzteren gedenke ich so auszuschmücken, dass du die Geschichte möglicherweise nicht wiedererkennst, wenn du sie zum ersten Mal hörst. Ich wäre dir dankbar, wenn du sie trotzdem bestätigen könntest. Du müsstest eben den Sinn der Erzählung zu erfassen suchen und dürftest dich nicht allzu sehr an profane Fakten und objektive Wahrheiten klammern, auch wenn du meinst, die Sache anders in Erinnerung zu haben. Was sagst du dazu?«

»Meine Erinnerungen sind ziemlich verschwommen«, hatte Fassin geantwortet. »Ich werde dir wohl nicht widersprechen können, ganz gleich, was du sagst.«

»Großartig!«

»Und wenn ich wiederkommen kann, werde ich es tun.«

Dabei wusste er noch nicht einmal, ob er Nasqueron überhaupt verlassen konnte. Er wusste nicht, ob es die Infrastruktur, die er für den Rücktransport, die Reparatur des Gasschiffs und ein erneutes Absetzen brauchte, überhaupt noch gab – ob die gerade herrschende Regierung einer Rückkehr zustimmen würde und ob auch die Dweller damit einverstanden wären.

Als ihm Quercer & Janath auf der letzten Etappe der sechsstündigen Reise vom Wurmloch hierher gezeigt hatten, wo sie waren, und ihm gestattet hatten, auf die lokalen Datenspektren zuzugreifen, hatte er die Nachrichtensender von Nasqueron abgehört, um zu erfahren, was während seiner Abwesenheit geschehen war.

In den Dweller-Nachrichten drehte sich alles um den Krieg. Den Formalkrieg zwischen Zone 2 und Gürtel C. Die Auseinandersetzung gestaltete sich inzwischen offenbar so ungeheuer spannend, dass sie von angesehenen Kritikern bereits als Klassiker ihrer Art gehandelt wurde. Dabei war sie schätzungsweise erst zur Hälfte gelaufen und versprach noch eine Menge Unterhaltung.

Fassin musste erst einen Sender suchen, der sich auf Alien-Beobachtung spezialisiert hatte, um zu erfahren, dass das Ulubis-System mehr als dreißig Tage zuvor von den Streitkräften des Epiphanie-5-Separats oder des Hungerleider-Kults unter Führung des Archimandriten Lusiferus überfallen und erobert worden war. Der letzte größere von der Ulubis-Merkatoria organisierte Widerstand war erst vor etwa einem Dutzend Tagen mit der offiziellen Kapitulation des Hierchon Ormilla zu Ende gegangen, nachdem eine Stadt auf Sepekte und ein Habitat im Orbit um den Planeten zerstört worden waren. Ein Gegenangriff durch mehrere Geschwader der Generalflotte wurde innerhalb der nächsten paar Dutzend Tage erwartet. Die letzte Meldung lautete, im Orbit um Nasqueron finde derzeit an Bord des Hungerleider-Schiffs Lusiferus VII eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit statt.

Fassin hatte eine Nachricht an Valseir geschickt, in der Hoffnung, ihn auf diese Weise ausfindig zu machen. Nun wollte er abwarten, ob er eine Antwort erhielt. Er hatte auch daran gedacht, sich bei Setstyin zu melden, doch dann hatte er sich vage an eine Bemerkung von irgendjemandem über diesen Dweller erinnert, die sein Misstrauen geweckt hatte. Nein, langsam, war es nicht genau umgekehrt? Setstyin war immer sein Freund gewesen, stets hilfsbereit und charmant. Hatte ihn nicht Setstyin vor dem alten Dweller gewarnt, der das große kugelförmige … Ding befehligte, das bei der GasClipper-Regatta aus den Wolken emporgestiegen war und die Truppen der Merkatoria vernichtet hatte? Ja, das hörte sich besser an. Seltsam, dass die Erinnerung so verschwommen war. Er hatte doch immer so ein gutes Gedächtnis gehabt.

Quercer & Janath waren von Gratulanten umringt, die mehr über das Voehn-Schiff wissen wollten. Der Vollzwilling hatte Fassin in der Menge entdeckt und ihm zugewinkt. Fassin hatte zurückgewinkt.

Während Y’sul auf die Ambulanzjolle verladen wurde, war Fassin durchgegangen, was er noch wusste und was nicht, woran er sich erinnern konnte und woran nicht. wahrscheinlich hätte er mit Y’sul in der Jolle fahren können, aber er wollte eine Weile allein sein, um Abstand zu gewinnen.

So war er hier heraufgekommen, um die Sterne zu betrachten, abzuwarten, nachzudenken und vielleicht ein paar mathematische Analysen durchzuführen.

Er holte das kleine Bildblatt aus dem Fach in der Flanke des Gasschiffs und sah es an. Das Sehvermögen des Schiffchens hatte bei den Vorfällen an Bord der Protreptik sehr gelitten, aber auf einer Seite war die Vergrößerungsfunktion noch so weit intakt, dass er den blauen Himmel und die weißen Wolken deutlich erkennen konnte. Er zoomte das Bild näher heran, um es mit der gespeicherten Kopie zu vergleichen, die sich im … Aber die Kopie war im Speicher des Schiffchens nicht mehr zu finden.