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Null.

Fassin lachte. Er spürte, wie Brust und Bauch unter dem Schockgel im Innern des Pfeilschiffchens erbebten. Dann sah er sich im Geiste auf einem Planeten an einer Felsküste stehen und warten. Das Lachen blieb ihm im Halse stecken.

Null.

Die letzte Antwort lautete also nichts. Man hatte ihn bis ans andere Ende der Galaxis geschickt, wobei er die Antwort ohnehin die ganze Zeit bei sich getragen hatte, und dann lautete diese Antwort »Null Komma nichts«. Nur mathematisch ausgedrückt.

Er lachte weiter.

Na schön.

Wieder blitzte etwas hoch in der obersten Wolkenschicht, fast genau nördlich. Unter dem Objekt, das soeben das Licht reflektiert hatte, erblühten viele winzige Lichter am Himmel. Eine Spur von Violett. Dann Weiß.

Er beobachtete den Raumabschnitt eine Weile und wartete auf weitere Erscheinungen. Was immer das war, es musste ziemlich weit entfernt sein. Wenn es sich um dasselbe Objekt handelte, das er zuvor dicht über dem Horizont bemerkt hatte, dann befand es sich hoch über der Äquatorzone, zehntausende von Kilometern weit im All.

Null. Sehr aufschlussreich. Fassin fragte sich, ob es irgendwo auch eine richtige Antwort gäbe, ob das, was er gefunden hatte  – worüber Valseir vor langer Zeit gestolpert war und was er selbst dann ahnungslos von seinem Trip mit nach Hause gebracht hatte –, Teil einer ganzen Serie von falschen Spuren sein könnte. Gab es nur diese eine Antwort, oder gab es mehrere? Hatte der Mythos von der berühmten Transformation der Dweller-Liste Hunderte von Falschlösungen im Anhang?

Selbst wenn es so wäre, er würde nicht weiter nach der richtigen Lösung suchen. Er hatte seine Schuldigkeit getan, hatte irgendwie sogar eine Mission erfüllt, an die er nie geglaubt hatte. Er war zu spät gekommen, das Ergebnis war Unsinn, ein schlechter Witz, eine Beleidigung fast, aber – bei jedem Gott, den man beschwören wollte – er hatte es geschafft.

Nun wäre es an der Zeit, sich zu überlegen, wie er diesen Planeten verlassen oder zumindest, wie er, nur der Form halber, die Information weitergeben könnte. Um die bedeutungslose Nachricht nicht für sich zu behalten.

Wieder zwei Blitze aus dem All, nicht weit von der Stelle, wo das erste Feuerwerk aufgeleuchtet hatte. Ein winziger Funke, ein längerer Strahl. Gleich darauf ein Schein wie von einem Schiffstriebwerk, das sich, rasch schneller werdend, entfernte.

Fassin suchte nach Satelliten der Gemeinschaftsanlage oder ganz allgemein nach Flugkörpern der Merkatoria irgendwo im Umkreis von Nasqueron. Aber er fand nichts. Er hatte Aun Liss gesagt, er wolle versuchen, eine Position zwischen den zwei Seher-Satelliten EQ4 und EQ5 anzupingen, aber die Satelliten waren nicht mehr da. vielleicht konnte er berechnen, wo sie gewesen waren und wo demzufolge der Mikrosatellit sein müsste, den die Beyonder auf seine Anweisung hin zwischen ihnen hätten postieren sollen. Er suchte im Speicher des Gasschiffs nach den Satellitenplänen, rief sie auf und gab die Ortszeit und seinen Standort ein.

In seinem Blickfeld blinkte eine Position über der Wolkenschicht auf, nicht ganz genau nördlich, ein paar tausend Kilometer unterhalb der Stelle, wo er eben noch die Lichtaktivität beobachtet hatte. Jetzt hatte er Sichtverbindung. Er beschloss, diesen Glücksfall als gutes Omen zu betrachten, und sendete, er sei zurück, um wenigstens sein Versprechen zu halten. Dann wartete er eine Weile, aber es kam keine Empfangsbestätigung und erst recht keine Antwort. Er hatte eigentlich auch nicht damit gerechnet.

Was mochte von der Ocula der Justitiarität noch übrig sein? Sollte er überhaupt versuchen, sich dort zu melden? Er musste nachforschen, was sich seit der Invasion tatsächlich verändert hatte, musste in Erfahrung bringen, ob er als tot galt oder noch gesucht wurde. vielleicht hatte man ihn in der Aufregung auch einfach vergessen.

Fassin lachte wieder. Das wäre das Beste, was ihm passieren könnte.

Man hatte ihnen erklärt, dem E-5-Separat gehe es bei seiner Invasion im Grunde nur um die Liste und die Transformation. Wenn das nur zum Teil, nur im Ansatz richtig wäre und die Invasoren von seiner Mission Wind bekommen hätten, würden sie wahrscheinlich mit Feuereifer nach ihm suchen. Schließlich bliebe ihnen nicht viel Zeit, bis die Generalflotte auf der Party erschien.

In einer Hinsicht war er erleichtert über die Gleichung mit der Lösung null. Damit hatte er eine Information, die er nun wirklich mit jedem teilen konnte. Hätte die Liste tatsächlich die Positionen der Wurmlochportale aufgeführt, dann wäre dieses Wissen wie eine erdrückende Last gewesen, ein unendlich kostbarer Besitz, der für ihn wahrscheinlich den sicheren Tod bedeutet hätte. Er sollte froh sein, dass es nur ein Scherz gewesen war. Wären es die gesuchten Angaben gewesen, das, was sich alle erhofft hatten, dann hätte ihn der Erste, dem er davon erzählt hätte, vermutlich zunächst gefoltert oder zumindest sein Bewusstsein auseinander gerissen, um sich zu vergewissern, dass er auch die Wahrheit sprach, um ihn dann zu töten, damit er sein Wissen an niemand anderen weitergeben könnte. Er hatte die Beyonder zwar für etwas humaner gehalten, aber das Risiko wäre dennoch zu groß gewesen.

Am besten posaunte er das Ergebnis lauthals hinaus, um dann möglichst schnell wieder zu verschwinden. Vielleicht wären die Dweller bereit, ihn aufzunehmen.

Valseir. Zumindest sein Dweller-Freund sollte erfahren, dass die Information, um die sie sich alle solche Sorgen gemacht hatten, in Wirklichkeit nicht mehr war als eine mickrige kleine Null. Aber dann müsste er Valseir auch beibringen, dass sich sein Freund und Kollege Leisicrofe wegen dieses Nichts das Leben genommen hatte. Er käme also nicht nur mit guten Nachrichten.

Fassin schaltete um auf den Nachrichtensender der Sturm-Segler. Die Regatten waren nicht so zahlreich wie sonst, weil alles sich mit dem Krieg beschäftigte und viele Segler, die normalerweise auf GasClippern und SturmJammern gefahren wären, nun für die Panzerkreuzer und andere Kampfschiffe gebraucht wurden. Aber insgesamt fanden auf dem Planeten doch ein Dutzend Begegnungen statt. Wenn er auf Regatten nach Valseir suchen wollte, hätte er einen weiten Weg vor sich.

Er könnte ja den Administrator der Stadt bei der Transportfrage um Hilfe bitten – Y’sul würde wahrscheinlich in ein bis zwei Tagen nach Hauskip zurückgebracht, und Fassin bekäme wahrscheinlich ohne weiteres die Erlaubnis, den verletzten Dweller zu begleiten – aber vielleicht sollte er doch etwas vorsichtiger sein.

Als er die Protreptik verließ, hatte ihn niemand weiter beachtet, aber das musste nicht heißen, dass seine Ankunft gänzlich unbemerkt geblieben wäre. Hielten sich derzeit Menschen  – vielleicht andere Seher – in Nasq auf? Irgendjemand – Valseir? –, zum Teufel mit seinem plötzlich so schwachen Gedächtnis – irgendjemand hatte ihm erklärt, innerhalb der Dweller gäbe es verschiedene Parteien, die bezüglich der Liste nicht einer Meinung seien, und die vermeintlich erbliche, durch alle Schichten gehende Verachtung, die die Dweller gegenüber allen anderen Bewohnern der Galaxis an den Tag legten, sei nicht durchgängig. Wir sind keine Monokultur. Das waren doch Valseirs Worte gewesen?

Gab es irgendeine Dweller-Gruppe, die ihm schaden wollte oder von jemandem beeinflusst wurde, der sein Feind war?

Er schaltete um auf den Sender für Alien-Beobachtung, der gewöhnlich am zuverlässigsten war, und rief die Globalkarte auf. Sie zeigte sich zum ersten Mal in völliger Klarheit. Dem Display zufolge gab es in ganz Nasqueron kein einziges lebendes Fremdwesen. Auch er wurde nicht erwähnt, das hieß, dass seine Rückkehr nicht registriert worden war, jedenfalls nicht von den Fans, die diesen Sender betrieben.

Jemand rief ihn an. Quercer & Janath. Er steckte das Bildblatt in das Fach in der Flanke zurück.

Fassin. Können wir dich irgendwo hinbringen?

– Innerhalb des Planeten, wie ich gleich hinzufügen möchte.