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Dann redeten Lustrale in einem Flieger – Menschen und ein Whule, der aussah wie eine große graue Fledermaus – und dann war es endlich Zeit, und die böse Maschine wurde getötet. Aber auch das war nicht so toll, der Klumpen auf der Turmspitze wurde nur rot und spuckte jede Menge Rauch aus, dann gab es einen großen hellen Blitz, aber auch wieder nicht soo groß oder soo hell, und dann krachte es, qualmende Teile fielen herunter, und ein paar Leute jubelten, aber die meisten waren still. Der Krach hallte ringsum von den Bergen wider.

Als sie zum Flieger zurückkamen, hatte Großonkel Fimender rote Augen und sagte, seiner Meinung nach seien sie soeben Zeuge eines schrecklichen Verbrechens geworden.

»Aha, der junge Taak. was soll denn dieser Unsinn? Wieso können wir keinen richtigen Trip machen, worunter ich natürlich einen Fern-Trip verstehe?«

Braam Ganscerel, Oberster Seher des Sept Tonderon und damit der ranghöchste Seher überhaupt – und obendrein Fassins künftiges Familienoberhaupt – war groß und schlank und hatte eine dichte weiße Mähne. Er sah jünger aus, als er tatsächlich war, immerhin zählte er nach der naheliegendsten Art zu rechnen fast siebzehnhundert Jahre. Er hatte ein scharfes, kantiges Gesicht mit großer Nase, seine Haut war wachsbleich und fast durchsichtig, und seine Finger und Hände waren lang und wirkten zerbrechlich. Wenn er ging oder stand, nahm er den Kopf zurück und drückte die Brust heraus, so als hätte er sich schon vor langer Zeit gelobt, nicht gebeugt zu erscheinen, wenn er ein ehrwürdiges Alter erreichte, nur um dann in die andere Richtung zu übertreiben. Durch diese seltsame Haltung legte er den Kopf stets so weit in den Nacken, dass ihm gar nichts anderes übrig blieb, als auf jeden, mit dem er sprach, an seiner monumentalen Nase entlang herabzuschauen. In den Händen hielt er zwei lange glänzende Stöcke, als sei er soeben von einem besonders mondänen Skihang gekommen – oder dorthin unterwegs.

Mit seinem langen, weißen Haar, das er zu einem Knoten aufgesteckt hatte, der hellen Haut und dem schlichten, aber elegant geschnittenen Seher-Anzug – schwarze Wickelgamaschen, Pluderhosen und lange Jacke – machte er den Eindruck eines reizenden, etwas gebrechlichen und sehr sympathischen älteren Herrn, atemberaubend vornehm und mit fast göttlicher Autorität ausgestattet.

Er fegte mit klappernden Stöcken und Stiefelabsätzen in die Offiziersmesse des schweren Kreuzers Pyralis, begleitet von einem blassen Gefolge aus einem halben Dutzend Juniorsehern  – die eine Hälfte Männer, die andere Hälfte Frauen – alle grau und voller Ehrerbietung. Die Nachhut bildete, schlaksig und stets lächelnd, Paggs Yurnvic, ein Seher, den Fassin mit ausgebildet hatte, der sich aber anschließend weniger lange in der Langsamkeit realer Trips aufgehalten hatte und nun sowohl zeitbereinigt als auch vom Aussehen her älter war als sein damaliger Lehrer.

»Oberster Seher«, sagte Fassin, stand auf und nickte so förmlich, das es fast schon eine Verbeugung war. Der schwere Kreuzer brachte die ganze Gesellschaft nach Third Fury, den im nahen Orbit befindlichen Mond von Nasqueron, von dem aus sie auf ihre Trips gehen sollten – entweder nur virtuell oder, wenn Fassin sich durchsetzen konnte, in einer Kombination aus virtueller und direkter Präsenz.

Braam Ganscerel hatte erklärt, in seinem Alter und seinem körperlichen Zustand komme ein Flug mit hoher Beschleunigung  – trotz Schutzanzügen, Überlebenskapseln und Schockgel  – zu dem Mond nicht in Frage. Deshalb flog das Schiff nun mit einer sanften Standard-Ge und erzeugte eine gefühlte Schwerkraft, die doppelt so hoch war wie auf ’glantine und etwas geringer als auf Sepekte. Selbst diese Standardschwerkraft erfordere, so verkündete Braam Ganscerel, dass er sich auf seine beiden Stöcke stützte. Natürlich sei ein solches Opfer in der derzeit so ernsten Lage nur recht und billig, es sei sogar seine Pflicht, es zu erbringen. Fassin fand, er sehe mit den Stöcken aus wie ein Stelzer, ein Whule vielleicht.

»Nun?«, fragte der Oberste Seher und blieb vor Fassin stehen. »Was hast du gegen einen virtuellen Trip, Fassin? Was ist los mit dir?«

»Ich habe Angst«, antwortete Fassin.

»Angst?« Braam Ganscerel beugte seinen Kopf probeweise noch weiter nach hinten, stellte fest, dass es möglich war, und ließ ihn dort.

»Angst, dass Sie mich als lediglich fähigen ›Langsamen‹-Seher vorführen könnten.«

Braam Ganscerel kniff ein Auge halb zu und sah Fassin eine Weile an. »Du machst dich über mich lustig, Fassin.«

Fassin lächelte. »Ich bin real besser, Braam. Das wissen Sie so gut wie ich.«

»Stimmt«, sagte Ganscerel. Er drehte sich mit ruckartiger Eleganz um und ließ sich auf die Liege fallen, auf der Fassin gesessen und sich die Nachrichten auf dem Bildschirm angesehen hatte. Auch Fassin nahm wieder Platz. Paggs hockte sich auf eine Armlehne der nächsten Liege, der Rest von Ganscerels Gefolge verteilte sich nach irgendeiner geheimen Hackordnung in unmittelbarer Nähe.

Fassin nickte Paggs zu.»Seher Yurnvic«, sagte er lächelnd und hoffte, Paggs würde die Förmlichkeit nicht wörtlich nehmen.

Paggs grinste. »Schön, dich zu sehen, Fass.« Das war also in Ordnung.

»Aber ich denke, wir müssen das gemeinsam durchziehen«, sagte Braam Ganscerel und schaute nach vorne auf den Bildschirm, wo immer noch stumm die Nachrichten liefen. Ein Bericht über die Beisetzung weiterer Navarchie-Angehöriger, die bei dem Angriff auf das Dock-Habitat an Sepektes Lagrangepunkt L5 ums Leben gekommen waren. Ganscerel hatte einen seiner zwei Stöcke neben sich auf die Liege gelegt, den zweiten hielt er noch in der Hand. Damit deutete er nun auf den Bildschirm, und der verwandelte sich gehorsam in ein Schott zurück. Die Offiziersmesse des schweren Kreuzers war ein großer Raum, der aber durch senkrechte Säulen und schräge Strebepfeiler stark untergliedert war. wie das übrige Schiff war sie für menschliche Verhältnisse recht bequem, allerdings hatte sich Colonel Hatherence mit einer Kabine zufrieden geben müssen, die für eine Oerileithe ausnehmend eng war. Man hatte ihr angeboten, auf einem Geleitkreuzer mit geeigneteren Unterbringungsmöglichkeiten zu fliegen, aber das hatte sie abgelehnt.

»Wir können doch trotzdem zusammenarbeiten«, sagte Fassin. »Sie und Paggs virtuell, der Colonel und ich direkt. auf diese Weise steht immer ein Ersatz bereit, falls einer Gruppe irgendetwas zustoßen sollte …«

»Aha«, sagte Ganscerel. »Siehst du, junger Taak, genau das ist der Punkt. Wenn wir alle auf Third Fury bleiben und dieses schöne Schiff und sein Geleitschiff uns beschützen, dann sind wir alle in Sicherheit. Du möchtest mit einem winzigen Gasschiff in die unentwegt stürmische Atmosphäre des Planeten fliegen. Das ist selbst in guten Zeiten ein gefährliches Unterfangen. In Kriegszeiten ist es einfach tollkühn.«

»Braam, das alte Portal wurde von einer ganzen Flotte beschützt und dennoch zerstört. Third Fury mag sich bewegen, aber seine Bewegung ist sehr berechenbar. Wenn jemand angreifen wollte, bräuchte er nur einen kleinen Felsen auf knapp unter Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und auf Abfangkurs zu bringen. Wenn das geschieht, kann uns ein schwerer Kreuzer nur helfen, wenn er – die Chance steht eins zu einer Million – sich gerade zu diesem Zeitpunkt dazwischen befindet und den Treffer abfängt. Da niemand den ganzen Mond mit einer Kugel aus Schiffen umgeben wird, halte ich es für unklug, sich darauf zu verlassen, dass ein paar Kriegsschiffe uns vor etwas schützen, gegen das es so gut wie keinen Schutz gibt.«

»Warum sollte jemand einen Kleinmond wie Third Fury angreifen?« , fragte Paggs.

»Wahrhaftig«, sagte Ganscerel, als hätte er gerade die gleiche Frage stellen wollen.

»Kein besonderer Grund«, sagte Fassin. »Aber in letzter Zeit werden eine ganze Reihe von Orten angegriffen, ohne dass es einen besonderen Grund dafür gibt.«