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Auf einer glitzernden Blase unweit der Gemeinschaftsanlage erschien ein kirschroter Fleck. Sie konnten auf dem körnigen Bild gerade noch erkennen, wie die verschwommenen Trümmer der Hangarkuppel vor einem jäh auftauchenden und rasch wieder verschwindenden Nebelschleier nach außen gesprengt wurden. Ein winziger grauer Punkt löste sich aus der zerstörten Kuppel und entfernte sich im Schneckentempo: das Absetzschiff auf seinem halsbrecherischen Sturzflug in den Gasriesen.

Fassin ließ die Aufzeichnung vorlaufen. Die Position des Mondes veränderte sich rasch, Third Fury folgte seiner Bahn über den dunklen Himmel, und wer immer die Bilder aufzeichnete, wurde von dem zwanzigtausend Kilometer breiten Wirbelstrom unter sich in die entgegengesetzte Richtung davongerissen. – Eindeutig Band A, sagte Fassin.

Ein greller Blitz erfüllte den ganzen Schirm. Als er erlosch, war ein mehrere Kilometer breiter Krater entstanden. Überall breiteten sich Trümmer aus, als sei eine reife Samenkapsel unversehens in einen Hurrikan geraten. Das Innere des Kraters glühte erst weiß, dann gelb, orange und schließlich rot. Die Trümmer breiteten sich weiter aus. Die meisten schienen mehr oder weniger auf dem gleichen Orbit zu bleiben wie Third Fury.

Beide schauten schweigend zu. Der Mond veränderte sich. Er taumelte hin und her, schien teilweise in sich zusammenzubrechen und kehrte, nachdem er viel von seiner Masse verloren hatte, langsam und sehr plastisch wieder zur Kugelform zurück. Gelbe Wolken kamen ihm in nahezu flacher Linie entgegen und dann verschwand der kleine glühende Ball hinter dem Horizont.

Fassin ließ die Aufzeichnung bis zum Ende laufen und spulte zum Anfang zurück. Dann hielt er sie an. Der Bildschirm zeigte das erste Bild von Third Fury, fast genau über ihnen, kurz nach dem ersten Einschlag.

Das sieht nicht so aus, als hätte jemand überlebt, sendete der Colonel in ruhigem Ton.

Da haben Sie wohl Recht.

– Es tut mir sehr Leid. Wie viele Personen hielten sich wohl in der Gemeinschaftsanlage auf?

– Zweihundert.

– Ich habe keine Spur vom Schiff Ihres Meistertechnikers und auch nichts von den Angriffen auf uns gesehen, nachdem wir das Absetzschiff verlassen hatten.

Fassin verglich den Zeitcode der Aufzeichnung mit der Ereignisliste des Gasschiffs. – Die fanden erst später statt, erklärte er dem Colonel. Und von da, wo diese Aufzeichnung gemacht wurde, wären wir ohnehin hinter dem Horizont gewesen.

– So viel zum Thema Sicherheit und Ersatz. Der Colonel wandte sich ihm zu. – Aber wir machen doch weiter, ja?

– Ja.

– Und was jetzt, Fassin Taak?

– Jetzt müssen wir mit einigen Leuten sprechen.

»Du willst also mit deinesgleichen Verbindung aufnehmen?«, fragte Y’sul.

»Über ein Relais an einem abgelegenen Standort«, sagte Fassin.

»Warum hast du es noch nicht getan?«

»Ich wollte deine Erlaubnis einholen.«

»Du brauchst meine Erlaubnis nicht. Such dir einfach eine abgelegene Schüssel und setz deinen Spruch ab. Sekundäre Auswirkungen auf mein Kudos-Niveau wären wohl nicht einmal messbar.«

Sie befanden sich im Vorzimmer des Administrators der Stadt. Der Raum war ziemlich groß. An den Wänden hingen Teppiche aus alten Wolkendrücker-Häuten, gelbrot und gewirtelt. Bei einigen waren noch die Löcher zu sehen, wo man die Wesen durchbohrt hatte. Ein Wandabschnitt war ein riesiges gewölbtes Fenster, durch das man auf die Räderlandschaft von Hauskip schauen konnte. Der Abend senkte sich hernieder, überall in der Stadt gingen die Lichter an. y’sul schwebte an das Fenster und klappte es wenig elegant nach außen auf, indem er hart dagegenschlug. Dann schwebte er auf den so entstandenen Balkon hinaus, murmelte etwas von schöner Aussicht und vielleicht sollte er auch sein Haus hier herauf verlegen. Ein Windstoß wehte herein, und die WolkenDrücker-Häute bewegten sich, als wollten ihre längst verstorbenen Besitzer immer noch vor ihren Jägern fliehen.

Colonel Hatherence beugte sich zu Fassin. – Diese Kudos-Geschichte, sendete sie. – Ist das tatsächlich das Verfahren, nach dem sie ihren Wert bestimmen?

– Ich fürchte ja.

– Es ist also wahr! Ich hielt es für einen Scherz.

– Zwischen Wahrheit und Scherz zu unterscheiden, ist nicht gerade die Stärke der Dweller.

Y’sul kam zurück, ohne das Fenster zu schließen, und rotterte mit leise surrenden Flügelrädern durch das Gas auf die beiden zu. »Gib mir deine Nachricht«, sagte er. »Ich leite sie weiter.«

»Über einen abgelegenen Transceiver?«, fragte Fassin.

»Natürlich!«

»Sende einfach eine Botschaft an Sept Bantrabal. Teile mit, dass es mir gut geht, und frage, ob dort alles in Ordnung ist. Vermutlich weiß man bereits, was mit dem Third-Fury-Mond geschehen ist. Du könntest fragen, ob man etwas von Meistertechniker Apsile und dem Absetzschiff gehört hat, das dem Angriff auf den Mond entkommen ist, und was aus den Schiffen wurde, die Third Fury beschützen sollten.«

»Ähem«, räusperte sich der Colonel.

Beide sahen sie an. »Ist das klug?«, fragte sie.

»Sie meinen, ich sollte mich lieber tot stellen?«, fragte Fassin.

»Ja.«

»Daran habe ich auch schon gedacht. aber ich möchte doch einigen Leuten mitteilen, dass ich noch lebe.« Er dachte an den kurzen Blitz während der Bombardierung von Third Fury. Das könnte ein Einschlag auf ’glantine gewesen sein. »Und ich möchte wissen, ob es meinen Freunden und meinen Angehörigen gut geht.«

»Natürlich«, sagte der Colonel. »Ich überlege nur, ob es nicht vernünftiger wäre, wenn ich mich zuerst mit meinen Vorgesetzten in Verbindung setzte. Wir könnten Dweller Y’sul bitten, mich dieses Relais benützen zu lassen. Sobald eine sicherere Verbindung eingerichtet wäre, vielleicht über eines von den Kriegsschiffen, die vermutlich immer noch irgendwo um den Planeten kreisen, könnte man auch eine Botschaft an Ihren Sept schicken und mitteilen, dass Sie wohlauf sind. Das braucht nicht allzu lange zu dauern.«

Während Hatherence sprach, war Y’sul dicht an sie herangeschwebt und schien durch die Frontscheibe ihres Anzugs spähen zu wollen, aber die war vollkommen undurchsichtig und sogar gepanzert. Irgendwann befand er sich einen Zentimeter vor der Oerileithe. Obwohl er sie weit überragte, wich der Colonel nicht zurück. y’sul klopfte – diesmal etwas behutsamer  – mit einem seiner Randarme auf das Anzuggehäuse.

»Würden Sie das bitte unterlassen?«, sagte sie frostig.

»Warum steckst du immer noch in diesem Ding, Klein-dweller?« , fragte Y’sul.

»Weil ich an höhere und kältere Ebenen mit anderer Gasmischung und anderen Druckgradienten angepasst bin, Dweller Y’sul.«

»Verstehe.« Y’sul wich zurück. »Du hast einen merkwürdigen Akzent und eine sonderbare Grammatik. Ich könnte schwören, dass dieser Mensch besser spricht als du. Was sagtest du gleich noch?«

»Ich habe Sie höflich gebeten, jeden physischen Kontakt mit meinem Schutzanzug zu unterlassen.«

»Nein, vorher.«

»Ich machte den Vorschlag, mich mit meinen Vorgesetzten in Verbindung zu setzen.«

»Militärische Vorgesetzte?«

»Ja.«

Y’sul wandte sich an Fassin. »Klingt interessanter als dein Plan, Fassin.