Выбрать главу

Amanda zeigte auf das Telefon an der Wand. »Du hast etwas von Rückerstattung gesagt.«

Demütig schwebte Pancho zum Telefon und tippte ihre Kontonummer ein. »Ihr müsst mir eure Kontonummern geben, damit ich euch das Geld zurücküberweisen kann«, sagte sie.

»Wir werden unsere Kontonummern selbst eingeben«, erwiderte Amanda.

»Ihr vertraut mir nicht?« Pancho musste an sich halten, um nicht vor Lachen zu prusten.

Sie alle schauten sie grimmig an.

»Aber das war doch nur ein Scherz«, sagte sie. »Ich wollte euer Geld doch nicht behalten.«

»Hätte nicht viel gefehlt, und du hättest es behalten«, sagte einer der Männer barsch. »Zum Glück ist Amanda dir auf die Schliche gekommen.«

Pancho nickte in Amandas Richtung. »Du bist die Klügste von allen, Mandy«, sagte sie im Brustton der Überzeugung.

»Spar dir das«, kanzelte Amanda sie ab und wandte sich an die Männer: »Wir müssen alle die Geheimzahlen ändern, denn sie hat sie offensichtlich herausgefunden.«

»Ich werde gleich die Kontonummer ändern«, sagte einer der Männer.

»Und ich werde die Bank wechseln«, meinte ein anderer.

Pancho seufzte und setzte einen zerknirschten und reumütigen Gesichtsausdruck auf. Innerlich wollte sie sich vor Lachen schier ausschütten. Was für ein Coup! Und keiner von diesen Dummdödeln hat erkannt, dass in dieser halben Stunde, die sie mich gejagt haben, ihr Geld auf meinem Konto Zinsen gebracht hat. Es ist zwar nicht sehr viel, aber Kleinvieh macht auch Mist.

Sie hoffte nur, dass sie nicht doch noch dahinter kämen, während sie im Zubringerfahrzeug zum Mond befördert wurden.

Falls sie handgreiflich werden, sagte sie sich, werde ich sie einfach mit Elly bekannt machen müssen.

Chengdu, Provinz Sichuan

Dan musste durch den Mundschutz schreien, um sich bei dem Lärm auf der Baustelle überhaupt Gehör zu verschaffen.

»Zack, meine Frage lautet nur, ob er dazu imstande ist oder nicht.«

Er kannte Zack Freiberg seit mehr als zwanzig Jahren. Zack war damals ein engagierter junger Planeten-Geochemiker gewesen, der sich der Erforschung der Asteroiden gewidmet hatte, und Dan hatte ihn von der Universität abgeworben. Freiberg hatte von seinen akademischen Freunden herbe Kritik einstecken müssen, weil er sich beim großen bösen Dan Randolph verdingt hatte, dem gierigen Kapitalisten und Vorstandsvorsitzenden von Astro Manufacturing. Doch im Lauf der Zeit hatte ein gegenseitiger Respekt sich zu einer vertrauensvollen Freundschaft vertieft. Und es war Zack gewesen, der Dan als Erster vorm Treibhauseffekt und den Auswirkungen auf das Erdklima gewarnt hatte.

Schließlich hatte der Treibhauseffekt die kritische Grenze erreicht, und die Politiker und Wirtschaftsführer der Erde hatten sie blindlings überschritten, worauf der Planet einen Klimakollaps erlitt. Zack war nicht mehr der pausbäckige Jüngling, den Dan kennen gelernt hatte. Sein rotblondes Haar war stahlgrau geworden, obwohl es noch immer voll und dicht gelockt war. In den letzten Jahren war er zäher geworden, schlanker und härter und hatte den Babyspeck verloren. Sein Gesicht war auch härter geworden, während er sah, wie seine Gleichungen und Grafiken unermessliches menschliches Leid abbildeten.

Die beiden Männer standen auf einem kahlen Bergrücken und schauten über ein ödes kohlschwarzes Tal, in dem tausende chinesischer Arbeiter unaufhörlich schufteten. Bei allen Göttern, sagte Dan sich, sie sehen wirklich aus wie eine wimmelnde Ameisenarmee. In der Mitte des Tals bliesen vier hohe Schornsteine eines großen Kraftwerks dunkelgraue Rauchwolken in den diesigen Himmel. Berge von Kohle türmten sich entlang des Schienenstrangs, der neben dem Kraftwerk verlief. Am Horizont hinterm gegenüberliegenden Höhenzug schimmerte der Jangtse-Fluss im trüben Licht der Morgensonne wie eine tödliche Würgeschlange, die langsam auf ihr Opfer zukroch. Eine schwache warme Brise trug den Geruch von Kohle und Diesel heran.

Dan schauderte und fragte sich, wie viele Milliarden Mikroben sich wohl einen Weg durch den Mundschutz und die Nasenstopfen bahnten und sich an seinem geschwächten Immunsystem vorbeizuschleichen versuchten, um sich in seinem Körper einzunisten.

«Dan, dafür habe ich wirklich keine Zeit«, schrie Freiberg gegen das Dröhnen eines riesigen Lastkraftwagens an, der auf Rädern, die beide Männer zu Zwergen degradierten, zwanzig Tonnen Schmutz und Geröll ins Tal transportierte.

»Ich muss nur ein paar Stunden deiner Zeit beanspruchen«, sagte Dan, der schon ganz heiser war von dem Geschrei. »Mein Gott, ich bin den ganzen Weg hierher gekommen, um dich nach deiner Meinung zu fragen.«

Es war ein Zeichen für die späte Erkenntnis der chinesischen Regierung, dass der Treibhauseffekt nicht nur dem Rest der Welt, sondern auch China schaden würde, dass sie Freiberg gebeten hatten, persönlich ihr gewaltiges Bau-Projekt zu leiten. An einem Ausgang des Tals errichteten chinesische Ingenieure und Arbeiter einen Damm, um das Kraftwerk vor dem anschwellenden Jangtse zu schützen. Am andern Ausgang baute eine Mannschaft von Yamagata Industries eine komplexe Pumpstation, um das Kohlendioxid abzusaugen, das von den Kraftwerksschornsteinen emittiert wurde, und es tief unter der Erde in den ausgebeuteten Flözen der Kohle-Lagerstätte zu speichern, die Brennstoff für die Generatoren geliefert hatte.

»Hör zu«, sagte Freiberg mit einem genervten Stirnrunzeln, »ich weiß, dass ich mein Gehalt noch immer von Astro bekomme, aber das heißt nicht, dass ich jedes Mal springe, wenn du pfeifst.«

Dan schaute ihm in die hellblauen Augen und erkannte dort Schmerz, Enttäuschung und nackte Angst. Zack gibt sich selbst die Schuld an dieser Katastrophe, sagte Dan sich. Er hat das Treibhaus-Kliff entdeckt und tut nun so, als sei das alles seine Schuld. Anstatt dass ein irrer König den Boten für das Überbringen der schlechten Nachricht ermordet, will der Bote sich selbst umbringen.

»Schau, Zack«, sagte er in aller Ruhe, die er aufzubringen vermochte, »du musst doch hin und wieder etwas essen, nicht wahr?«

Freiberg nickte ergeben. Mit solchen Schalmaientönen hatte Dan ihn in der Vergangenheit oft genug zu Dingen überredet, die er eigentlich gar nicht hatte tun wollen.

»Wenn du nicht zum Essen gehst, kommt das Essen eben zu dir«, sagte Dan und deutete auf das übergroße Wohnmobil, mit dem er gekommen war. Das Dach war mit glitzernden Solarzellen überzogen. »Wenn zur Mittagspause gepfiffen wird, komm rein und brich etwas Brot mit mir. Das ist alles, worum ich dich bitte.«

»Du willst, dass ich mir diesen Plan beim Essen anschaue? Du glaubst, ich wäre imstande, eine fachliche Entscheidung von solcher Tragweite innerhalb von einer Stunde oder noch weniger zu treffen?«

Dan zuckte entwaffnend die Achseln. »Wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Ich bitte dich nur, einmal einen Blick darauf zu werfen.«

Freiberg schaute Dan mit dem Blick eines geprügelten Hunds an.

Trotzdem kletterte er fünf Minuten später ins Wohnmobil.

»Ich hätte es wissen müssen«, sagte er, als er an Big George vorbeiging, der den Türsteher mimte.

Das Fahrzeug war luxuriös ausgestattet. Eine attraktive junge Japanerin rührte stumm dampfendes Gemüse in einem Elektro-Wok um. Dan saß auf der kunstledernen Couchgarnitur, die sich um den ausklappbaren Esstisch zog. Er hatte sich eine Wildlederjacke um die Schulter gehängt, obwohl es nach Freibergs Dafürhalten fast zu warm im Fahrzeug war. Zack sah den Abdruck, den der Mundschutz auf Dans Gesicht hinterlassen hatte.

»Was zu trinken?«, fragte Dan, ohne jedoch aufzustehen. Ein halb leeres Glas mit einem moussierenden Getränk stand vor ihm auf dem Tisch.

»Was hast du denn anzubieten?«, fragte Freiberg und setzte sich auf den Eckplatz der Couch. Der Tisch war bereits für zwei Personen gedeckt.

»Ingwerbier«, sagte Dan. »George hat es mir schmackhaft gemacht. Es enthält keinen Alkohol und ist außerdem gut für die Verdauung.«