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Er wartete, bis die anderen weg waren, dann wandte er sich wieder zu Owen und senkte die Stimme zu einem Flüstern.

»Jetzt erzähl mal. Wie groß ist deine Armee? Wie viele Leute muß ich mit Waffen ausrüsten?«

Owen sah seinen Vorfahren verblüfft an. »Genaugenommen besitze ich keine Armee. Es gibt nur mich selbst und meine Partner hier. Unser Schiff ist nicht weit von der Burg entfernt in den Dschungel gestürzt. Es ist nur noch ein Wrack. Wir sind alle, und wir sind allein.«

Giles schürzte die Lippen und nickte langsam. »Todtsteltzerglück. Typisch. Immer im Pech. Zum Glück für dich besitze ich ein Schiff, Junge. Wie stark sind die Truppen auf deinen Fersen? Ich gehe doch recht in der Annahme, daß das Imperium dicht auf deinen Fersen war, als du hierhergekommen bist?«

»Jawohl Sir, äh… Giles. Zwei Imperiale Sternenkreuzer.«

Giles blickte ihn zum ersten Mal mit einem gewissen Respekt an. »Gar nicht schlecht. Aber mach dir keine Sorgen Wir werden von hier verschwunden sein, lange bevor sie uns finden können. Erzähl mir von deinen Freunden, Junge. Sind sie gute Kämpfer? Verläßlich?«

»Sie sind die besten. Hazel d’Ark ist eine ehemalige Piratin und Klonpascherin. Ruby Reise ist eine berüchtigte Kopfgeldjägerin, Jakob Ohnesorg ist ein Berufsrebell, und der beunruhigend aussehende Mann dort ist Tobias Mond. Er ist ein aufgerüsteter Mensch.«

»Ein Kyborg? Als ich verschwinden mußte, waren Kyborgs noch im Experimentalstadium. Taugt er etwas im Kampf?«

Owen grinste. »Mond nimmt es mit jedem auf. Wirklich jedem. Aber ich an deiner Stelle würde ihm nicht zu häufig den Rücken zukehren. Aufgerüstete Männer haben oft ihre eigenen, geheimen Pläne.«

»Kann ich mich denn auf deine Kameraden verlassen? Folgen sie Befehlen?«

»Vielleicht. Schließlich sind sie Gesetzlose wie ich. Und wie du, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Wenn du sie überzeugst, daß es in ihrem eigenen Interesse liegt, mit dir zusammenzuarbeiten, dann folgen sie dir auch. Aber wenn du meinst, du müßtest ihnen nur Befehle erteilen und schon würden sie vor dir in Habacht springen, dann täuschst du dich. Sie haben für Autoritäten im allgemeinen und Aristokraten im besonderen keinerlei Sympathien übrig. Aber sie sind gute Leute. Meistenteils.«

»Und was ist mit dir, Owen Todtsteltzer? Du bist Historiker? Kannst du wenigstens kämpfen?«

»Ich schlage mich ganz gut«, erwiderte Owen mit fester Stimme. »Ich wurde von den besten Lehrern ausgebildet, und ich habe den Zorn. Ich kann alleine auf mich aufpassen.«

»Du hast den Zorn? Das ist noch so eine Sache, mit der meine Leute herumexperimentierten, als ich verschwand. Du steckst voller Überraschungen, Junge. Unglücklicherweise habe ich aber auch eine für dich. Nach meinen Lektronen zu urteilen ist in diesem Augenblick ein Imperialer Sternenkreuzer in einen Orbit um Shandrakor eingeschwenkt. Die Burg ist vor ihren Sensoren abgeschirmt, es sei denn, sie haben ihre Ortungstechnologie seit meinen Tagen radikal verbessert - aber dein Wrack ist es nicht. Sie werden sicher nicht lange brauchen, um es zu entdecken. Anschließend werden sie schwerbewaffnete Truppen landen und nach Überlebenden suchen. Ich habe deine KI inzwischen in die Systeme der Burg überspielt; ziemlich fortgeschrittenes System übrigens, aber bei weitem nicht so schlau, wie sie meint.«

»Oz!« sagte Owen erleichtert. »Bist du da?«

»Wo soll ich denn deiner Meinung nach sonst sein, Owen?« erklang Ozymandius’ Stimme aus verborgenen Lautsprechern. »Du solltest dir mal dieses antiquierte System ansehen, in das man mich gesteckt hat! Würde mich kein bißchen überraschen, wenn die Lektronen hier mit Dampf betrieben werden. Gib mir eine Woche oder zwei, und ich bringe die ganze Anlage auf Vordermann, Owen.«

»Du wirst dich zurückhalten. Wir sind hier nur zu Gast. Wir reden später weiter, Oz. Für jetzt möchte ich nur, daß du Augen und Ohren offenhältst und dich nützlich machst, wo es geht.«

»Verstanden, Boß.«

Owen blickte zu Giles. »Er begleitet mich seit meiner Kindheit. Er ist ziemlich gut in allem, was er unternimmt, aber er nervt manchmal wie Hämorrhoiden.«

»Das habe ich gehört!« »Halt die Klappe, Oz!«

»Sag mir, Junge«, begann Giles. »Aus welchem Grund bist du hergekommen?« Giles Blicke durchbohrten Owen förmlich, und der jüngere Todtsteltzer dachte keinen Augenblick daran, seinen Vorfahren zu belügen.

»Meine einzige Hoffnung zu überleben besteht darin, eine Rebellion gegen das Imperium anzustiften. Und dazu benötige ich den Dunkelwüsten-Projektor. Hast du ihn noch?«

»Nein. Aber ich weiß, wo er ist. Ich habe ihn nur ein einziges Mal benutzt, und tausend Sonnen verschwanden von einem Augenblick zum andern und hinterließen nichts als endlose Finsternis. Die Dunkelwüste. Tausende bewohnter Planeten verloren plötzlich ihre Sonnen, und Milliarden von Menschen starben. Das sind eine ganze Menge Geister, die ein Mann nach einer solchen Tat mit sich herumschleppt. Ich habe viele fragwürdige Dinge in meiner Zeit als Oberster Krieger des Imperiums getan und bin immer wieder mit mir ins reine gekommen, aber das war zuviel, selbst für jemanden wie mich.

Ich hatte einen Eid geschworen, das Imperium zu schützen und zu bewahren, und nicht, es zum puren Vergnügen anderer Stück für Stück zu zerstören, Junge. Der Dunkelwüsten-Projektor entstand rein zufällig, während ich an etwas anderem arbeitete. Ich war der einzige Mensch, der ihn bedienen konnte, und so war ich für ihn verantwortlich. Und ich tat das einzig Verantwortliche, das mir geblieben war: Ich nahm den Projektor und floh. Ich versteckte mich hier, wo mich niemand außer meiner Familie finden konnte. Und nur um ganz sicherzugehen, versteckte ich den Projektor an einem anderen Ort. Ich ließ ihn im Herzen des Labyrinths des Wahnsinns, auf dem kalten Leichnam der Wolflingswelt tief innerhalb der Dunkelwüste.«

Owen musterte seinen Vorfahren schweigend, während er nach Worten suchte. Die Wolflinge waren ein Teil der Legende: die ersten gentechnologisch erzeugten menschlichen Wesen. Sie sollten lebende Mordmaschinen gewesen sein, die vollkommenen Soldaten; unglücklicherweise hatten die Forscher des Imperiums ihre Aufgabe ein wenig zu gut gelöst.

Die Wolflinge waren unschlagbar. Das Imperium machte sich schließlich Sorgen wegen seiner eigenen Geschöpfe und löschte die Wolflinge aus, solange sie noch auf ihrer Welt gefangen waren. Und dann, als die Wolflingswelt Teil der Dunkelwüste wurde, verloren sich ihre Spuren in der Geschichte. Kein Wunder, daß niemand jemals den Dunkelwüsten-Projektor gefunden hatte und zurückgekommen war, um davon zu berichten.

»Wir brauchen den Projektor«, sagte Owen schließlich.

»Unsere Rebellion hat nicht den Hauch einer Chance ohne ihn.«

Giles blickte seinem Nachfahren fest in die Augen. »Und deine Rebellion – ist sie wirklich so wichtig?«

»Du hast ziemlich lange geschlafen, alter Mann«, sagte Hazel in ihrer respektlosen Art. Sie stand plötzlich neben Owen.

»Du hast überhaupt keine Ahnung, wie schlecht die Dinge stehen. Wenn man reich ist und Beziehungen hat, kann man alles haben, was das Herz begehrt, kann sich alles erlauben und alles tun, und niemand stellt sich einem in den Weg. Man kann nach Belieben Leben vernichten, und es gibt niemanden, der einen zur Rechenschaft zieht.«

»Sie benutzen uns und werfen uns anschließend weg«, sagte Mond. »Und kein Schwein kümmert sich darum.«

»Ich kämpfe gegen das Imperium, seit ich erwachsen bin«, sagte Jakob Ohnesorg. »Ich habe auf mehr als hundert Welten gekämpft und mein Blut und das meiner Männer gelassen, nur um an Ende mit anzusehen, daß der Kampf um Recht und Gesetz umsonst war. Das Imperium besitzt die Schiffe und die Waffen und die Armeen, und wir haben nichts als unseren gerechten Zorn. Aber das reicht einfach nicht.«