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»Wie gelangen wir nach unten?« fragte Mond. Seine rauhe Summstimme klang so ruhig und unbewegt wie immer, aber seine strahlendgoldenen Augen wandten sich nicht für eine Sekunde vom Bild des Planeten auf dem großen Hauptschirm ab. »Gibt es auf diesem fliegenden Anachronismus so etwas wie eine Pinasse oder eine Landekapsel?«

»Sicher gibt es das, aber wir können sie nicht benutzen. Es gibt keine Möglichkeit, das Labyrinth oder die Gruft der Hadenmänner aus dem Orbit zu erreichen. Wir werden hinabteleportieren. Als ich das letzte Mal hier war, ließ ich ein Portal ganz in der Nähe des Labyrinths zurück, und nach den Instrumenten der Burg zu urteilen, funktioniert es noch immer.

Damals haben wir eben noch für die Ewigkeit gebaut. Jedenfalls wenn wir nicht gerade damit beschäftigt waren, alles zu zerstören. Wenn die Herrschaften sich jetzt bereit machen würden? Wir können gehen, sobald Ihr fertig seid. Bedient Euch in der Waffenkammer, nehmt alles, was Euch geeignet erscheint. Aber laßt Euch nicht zuviel Zeit. Die Energievorräte der Burg waren schon fast erschöpft, als ich damals auf Shandrakor landete, und in den Jahrhunderten seither wurde das meiste aufgebraucht, was noch übrig war. Dieses Schiff wird nirgendwo mehr hinfliegen, bevor ich nicht Gelegenheit habe, seine Energiezellen wieder aufzuladen. Wir schweben zwar nicht in unmittelbarer Gefahr, aber wenn Ihr Euch nicht mit dem Gedanken anfreunden wollt, auf einer Welt zu stranden, deren einzige Sehenswürdigkeiten aus einer großen Gruft und einem Labyrinth bestehen, das eine fremde Rasse hinterlassen hat, dann schlage ich vor, daß wir uns ein wenig beeilen.«

Owen und Hazel gingen zusammen zur Waffenkammer der Burg, wo ein leerer Kampfanzug ohne Helm ihnen höflich die Tür öffnete. Owen betrachtete die Maschine neugierig. Er konnte sich nicht erinnern, sie bei seinem ersten Besuch in der Kammer bereits gesehen zu haben. Hazel ignorierte den Apparat vollkommen und ging schnurstracks zu den beeindruckend aussehenden Projektilwaffen. Owen beobachtete amüsiert, wie sie sich mit Pistolen und Gurten voller Munition belud. Er selbst nahm sich eine häßliche Handfeuerwaffe, die große, schwere Projektile verschoß, und stopfte sich außerdem noch ein paar Granaten in die Taschen. Zweifellos würden sie ganz gelegen kommen, aber im großen und ganzen gedachte er sich mit den Waffen zu begnügen, an deren Handhabung er gewöhnt war. Feuerwaffen waren schön und gut, aber seiner Erfahrung nach lief es am Ende immer wieder auf blanken Stahl hinaus und den Mann, der das Schwert führte. Außerdem, wenn Hazel sich weiter so mit Waffen belud, würden sie sie mit einem Karren durch die Gegend fahren müssen. Doch Hazel fuhr unermüdlich fort, weitere Waffen aufzusammeln, und bemerkte die wachsende Amüsiertheit überhaupt nicht. Schließlich fand sie eine Waffe, die so lang und schwer war, daß es ihre ganze Kraft erforderte, das Ding auch nur zu heben und damit zu zielen.

»Eine gute Wahl«, sagte Owen mit ernster Stimme. »Wenn Euch die Munition ausgeht, dann könnt Ihr sie immer noch als Keule benutzen, um Eure Feinde damit zu erschlagen.« Hazel rümpfte die Nase und legte das Gewehr zögernd zurück. Sie blickte auf ihre Waffensammlung und grinste Owen plötzlich an. »Wir haben es ganz schön weit gebracht, was, Aristo?

Von einer nicht ganz erfolgreichen Piratin und einem verbannten Lord, der um sein Leben rennen muß, bis zu den Anführern einer Rebellion gegen das Imperium. Wer hätte das vor ein paar Wochen noch gedacht!«

»Wir führen noch lange keine Rebellion an«, widersprach Owen. »Es braucht eine verdammte Menge mehr als nur uns sechs, um Löwenstein vom Eisernen Thron zu stürzen. Jakob Ohnesorg hat sein ganzes Leben gegen das Imperium gekämpft, und Ihr habt gesehen, was aus ihm geworden ist. Gut, wenn es uns gelingt, die Hadenmänner aufzuwecken und davon zu überzeugen, auf unserer Seite zu kämpfen, haben wir vielleicht eine Chance. Alle möglichen Leute könnten sich auf unsere Seite schlagen, wenn sie davon überzeugt wären, daß wir bereits eine Armee im Rücken hätten. Aber ich bin mir nicht sicher, ob wir den Hadenmännern vertrauen dürfen. Wer weiß schon, ob sie nicht ihre eigenen dunklen Pläne verfolgen? Ihr letzter Versuch einer Rebellion kostete eine ganze Menge Unschuldiger das Leben, und es gibt nur einen einzigen Grund, aus dem sie nicht offiziell als Feinde der Menschheit gelten: Die abtrünnigen KIs von Shub sind noch schlimmer als selbst die Hadenmänner. Und das will schon etwas heißen.«

»Du siehst alles viel zu schwarz, Owen Todtsteltzer«, sagte Hazel. »Die Hadenmänner werden sich schon zu benehmen wissen, solange wir den Dunkelwüsten-Projektor in der Hand haben.« Unvermittelt wechselte sie das Thema. »Weißt du, diese Feuerwaffen hier sind großartig, wirklich. Ich habe mich in den Datenbänken umgesehen. Sie sind nicht mehr wert als Spucke, wenn es gegen Energieschilde geht, doch alles andere, worauf du mit ihnen zielst, hat nicht den Hauch einer Chance. Sie besitzen eine Eigenart, die der Lektron ›Rückstoß‹ nannte, aber ich schätze, wir werden damit klarkommen und uns rasch daran gewöhnen.«

»Jedenfalls bis uns die Munition ausgeht«, entgegnete Owen. »Schließlich können wir nicht einfach mitten in einem Gefecht zurückrennen und uns neue besorgen, oder? Ein Disruptorkristall läßt sich an jeder gewöhnlichen Energiequelle wieder aufladen und fertig. Mit diesen Waffen ist das anders.«

»Mußt du eigentlich immer die Kehrseite von allem sehen?«

fragte sie mit funkelnden Augen. »Es kommt doch ganz allein darauf an, daß das Imperium nicht erwartet, uns im Besitz derartiger Waffen zu sehen. Wir schießen ihnen die Scheiße in sechs verschiedenen Farben aus dem Gehirn, bis sie sich eine wirksame Verteidigung ausgedacht haben.«

Owen runzelte die Stirn. »Meint Ihr ernsthaft, daß das Imperium uns bis hierher verfolgt? Mitten in die Dunkelwüste

»Aber sicher. Du etwa nicht?«

»Doch«, gestand Owen unglücklich. »Sie sind uns die ganze Zeit immer dicht auf den Fersen geblieben. Und ich kenne nur einen Grund dafür, der halbwegs Sinn ergibt. Wir haben einen Verräter in unserer Gruppe.«

»Nicht unbedingt«, widersprach Hazel. »Vielleicht hat uns jemand eine Wanze untergeschoben.«

»Unmöglich«, sagte Owen. »Bestimmt hätte das eine oder andere Sicherheitssystem sie längst gefunden. Wanzen sind viel zu offensichtlich.«

»Aber… keiner von uns hätte einen Grund, die Gruppe zu verraten! Im Gegenteil… wir alle haben gute Gründe dafür, hier zu sein, und keiner von uns liebt das Imperium.«

»Und wie steht es mit Angst? Oder Erpressung? Oder Geld? Auf unsere beiden Köpfe ist eine höllische Summe Geldes ausgesetzt! Es gibt Menschen, die schon für weitaus weniger ihre Eltern verkaufen würden!«

Hazel starrte ihn an. »Und wen hast du im Verdacht, Todtsteltzer?«

»Niemanden«, entgegnete Owen fest. »Jedenfalls nicht im Augenblick. Vielleicht täusche ich mich ja auch. Wir haben eine ganze Menge durchgemacht. Manchmal fühle ich mich richtig schuldig, daß ich Euch in all meine Probleme hineingezogen habe.«

»Hör schon auf, Todtsteltzer! Ich amüsiere mich prächtig. Und du hast mich ganz gewiß nicht in etwas hineingezogen. Es war meine freie Entscheidung, deinen Arsch auf Virimonde zu retten, und auf Nebelwelt hast du dafür meinen Arsch gerettet. Wir sind quitt, und du schuldest mir nichts.«

»Ich konnte Euch nicht einfach sterben lassen.«

»Warum nicht?«

»Ihr bedeutet mir etwas«, gestand Owen zögernd. »Ich…

ich habe noch nie einen Menschen wie Euch kennengelernt, Hazel.«

Sie blickte ihn überrascht an und hob eine Augenbraue.