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Und die neue Kraft in ihm, diese eigenartige Gewalt, die aus seinem Unterbewußtsein aufgetaucht war, griff hinaus und berührte den Geist seiner Kameraden, und die gleiche Kraft leuchtete in ihnen allen und bildete ein Ganzes, das weitaus größer war als die Summe seiner Teile. Langsam, aber unaufhaltsam formte Owens Mund das Wort: »Zorn!« Plötzlich flutete eine Woge aus Energie durch ihn hindurch und verband sich mit dem Neuen, das er aus dem Labyrinth mitgebracht hatte – und innerhalb eines einzigen Augenblicks zerbrach und überwand er die Kontrolle der verräterischen KI. Er trat einen Schritt von Jakob Ohnesorg zurück und senkte seine Waffe. Hazel warf sich in einem letzten verzweifelten Angriff auf ihre Freundin Ruby, doch Owen griff durch die mentale Verbindung nach draußen und hielt sie mitten im tödlichen Stoß auf. Sein Verstand, noch immer mit den anderen verbunden, war zu einem hell leuchtenden, strahlenden Etwas geworden, das sich jetzt in eine Richtung wandte, die er mehr spüren als sehen konnte. Plötzlich befand er sich an einem anderen Ort und bei Ozymandius. Es war ein fremdartiger Ort, ohne erkennbare Gestalt und Form, aber er war das Licht und Ozymandius war das Dunkel. Owen leuchtete hell wie die Sonne, stechend und alles durchdringend, und die Dunkelheit der KI umgab ihn wie die endlose, sternenlose Nacht der Dunkelwüste, dicht und alles verschlingend. Doch Owen war nicht allein. Seine Freunde waren bei ihm, und zusammen waren sie soviel mehr als zuvor. Das Licht flammte heller und heller, und die Dunkelheit wich vor ihnen zurück, wurde grau, wurde heller und heller, bis sie nichts mehr war außer einem schwachen Schatten, der sich bereits in nichts aufzulösen begann. Und wenn Owen einen letzten verzweifelten Schrei von Ozymandius hörte, so schenkte er ihm keine Beachtung.

Schließlich gab es nur noch das Licht, und es leuchtete für alle Ewigkeit.

Dann war auch das Licht wieder verschwunden, die Verbindung unterbrochen, und Owen fiel alleine zurück in seinen Körper. Er erwachte langsam, beinahe widerstrebend, und fand sich auf dem Boden neben dem Labyrinth liegend wieder. Jakob Ohnesorg kniete über ihm. Owen wandte mühsam den Kopf und sah nicht weit von sich entfernt Hazel, die verkrümmt und zuckend ebenfalls am Boden lag. Ruby Reise kniete unsicher neben ihr. Owen setzte sich vorsichtig auf.

Sein Körper fühlte sich wieder ganz wie sein eigener an. Es war beinahe so, als wäre er nach einer endlos langen Reise wieder nach Hause zurückgekehrt. Die Erinnerungen zerfaserten bereits und begannen sich aufzulösen wie ein verblassender Traum. Owen war froh, es geschehen zu lassen. Die Erfahrung war zu groß und zu kompliziert gewesen, zu angsteinflößend, als daß er ihr lange hätte widerstehen können, und er gab sich die größte Mühe, die Erinnerung ganz aus seinem Bewußtsein zu verbannen.

»Was ist passiert?« fragte Jakob Ohnesorg. »Was zur Hölle war das? Ich habe etwas Derartiges noch nie zuvor erlebt!«

»Was es auch war, es ist jedenfalls vorbei«, sagte Owen.

»Denkt nicht weiter darüber nach.«

»Was ist mit der KI? Ist ihre Kontrolle durchbrochen?«

»Ja. Ozymandius ist tot. Ich habe ihn getötet.«

»Er war nur eine Maschine«, sagte Giles und blickte auf seinen Nachfahren herab.

»Er war mein Freund«, erwiderte Owen und wandte das Gesicht ab.

»Was soll das heißen, wir haben den Kontakt zur Unerschrocken verloren?« Kapitän Schwejksam funkelte seinen Sicherheitsoffizier wütend an, K. Stelmach, der sich in steifer Habachtstellung vor ihm aufgebaut hatte. Investigator Frost stand schräg hinter ihrem Kapitän und fügte ihr eigenes, nicht unbeträchtliches Stirnrunzeln hinzu. Stelmach starrte geradeaus ins Leere und wich dem zornigen Blick seiner beiden Vorgesetzten sorgfältig aus.

»Es soll heißen, daß alle Kommunikation mit unserem Schiff unterbrochen ist, Kapitän. Unsere Komm-Implantate arbeiten noch, aber nur hier unten unter der Planetenoberfläche. Alles andere wird irgendwie blockiert.«

Schwejksam verzog unglücklich das Gesicht. Es gefiel ihm überhaupt nicht, von seinem Schiff und damit vom Imperium abgeschnitten zu sein, und erst recht nicht in einer so unsicheren Situation wie dieser. Er hatte das Gefühl, daß hier unten, tief in den Eingeweiden des gefrorenen Planeten, alles mögliche geschehen konnte. Kommsignale wurden durch den Hyperraum abgestrahlt, und aus diesem Grund gab es normalerweise keinerlei Verzögerungen beim Nachrichtenaustausch, ganz gleich, wo im Imperium man sich im Augenblick aufhielt oder mit wem man sprach. Und jetzt erzählte dieser Stelmach ihm allen Ernstes, daß irgend etwas auf oder in diesem Friedhof von Planeten die Signale blockierte, und das sollte eigentlich unmöglich sein. Schwejksams unglückliches Stirnrunzeln vertiefte sich. Es hatte ihm von Anfang an nicht gefallen, in die Dunkelwüste vorzudringen, und es hatte ihm noch viel weniger gefallen, ohne jede fortgeschrittene Bodenaufklärung landen zu müssen, erst recht, als man ihn über die Geschichte dieses Planeten in Kenntnis gesetzt hatte. Aber die Befehle der Imperatorin waren unmißverständlich gewesen.

Sie wünschte ihn an Ort und Stelle, auf der Oberfläche, damit er ohne Verzögerung Entscheidungen treffen konnte, wenn es nötig sein sollte. Die Herrscherin hatte ihm in letzter Zeit eine ganze Menge Befehle gegeben, die ihm nicht gefielen.

Schwejksam hätte den Planeten beispielsweise ein gutes Stück früher erreichen können, wenn er nicht von Nebelwelt hätte zurückfliegen und diesen Stelmach zusammen mit seinem neuen Haustier wieder aufnehmen müssen, und anschließend auch noch den Hohen Lord Dram höchstpersönlich. Wenn er nicht wegen seiner neuen Passagiere diesen Umweg hätte machen müssen, hätte er bereits wenige Minute nach dem Schiff der Rebellen hier auf der Wolflingswelt sein und vielleicht sogar verhindern können, daß sie das Labyrinth des Wahnsinns überhaupt betraten. Trotzdem gedachte er keineswegs, der Herrscherin seine diesbezüglichen Gedanken mitzuteilen.

Er war nicht sicher, ob sie es freundlich aufnehmen würde.

Ganz und gar nicht sicher.

Dram hatte keine Umstände gemacht. Er blieb für sich an Bord des Schiffs und verließ kaum je sein Quartier, und obwohl er darauf bestanden hatte, zusammen mit dem Rest der Imperialen Truppen auf der Oberfläche zu landen, achtete er sorgfältig darauf, Schwejksams Leuten nicht im Weg zu stehen. Von all seinen Leuten schien Dram am wenigsten von der beinahe hypnotischen Anziehungskraft des Labyrinths beeinflußt zu werden. Das rätselhafte Gebilde zog die Augen auf sich wie ein Magnet, rätselhaft und beunruhigend. Dram schien es nichts auszumachen. Fast schien es, als würde er jeden Tag etwas Derartiges sehen.

Im Augenblick stand Dram ein wenig abseits. Er war in seinen dunklen Umhang gehüllt und betrachtete schweigend den Eingang zu dem Labyrinth, das ihren Weg blockierte. Er hatte das Gebilde Labyrinth des Wahnsinns genannt, aber nicht verraten, aus welchem Grund es so hieß, und auch nicht, was es mit diesem Labyrinth auf sich hatte. Schwejksam konnte nur vermuten, daß der Spion im Lager der Rebellen Dram Informationen hatte zukommen lassen, die der Hohe Lord nicht mit dem Rest seiner Leute zu teilen wünschte.

Schwejksam fügte sich zähneknirschend. Offiziell trug er die Verantwortung für die Landeoperation, aber er war schlau genug, sich den Wünschen Drams zu fügen, wo immer es ratsam schien. Es war nicht gut für die Karriere, den Gemahl der Imperatorin zu verärgern, und es verringerte überdies beträchtlich die Aussichten auf das Erreichen des Pensionsalters.

Schwejksam blickte erneut zu dem Labyrinth, und das Labyrinth blickte zurück und behielt ansonsten seine Geheimnisse für sich. Frost war dafür gewesen, auf direktem Weg einzudringen und es zu durchqueren, doch Dram hatte nein gesagt.