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»Wie ich höre, leiten Sie die Ermittlungen wegen des Mordes an meinen Eltern.«

»Ja, das stimmt.« Er wollte ihr die Bildung der Sonderkommission und die Gründe dafür erklären, aber sie schnitt ihm das Wort ab.

»Das weiß ich alles.«

Ainslie wartete schweigend ab, worauf Cynthia hinauswollte. Eines stand für ihn fest: ihre Trauer war tief und echt. Das verrieten ihre geröteten Augen, und er wußte aus persönlicher Kenntnis, daß die Beziehung zwischen Gustav und Eleanor Ernst und Cynthia, ihrem einzigen Kind, ungewöhnlich eng gewesen war.

Unter anderen Umständen hätte er sie tröstend in die Arme genommen oder auch nur ihre Hand berührt, aber jetzt hütete er sich davor, so etwas zu tun. Abgesehen davon, daß sie seit vier Jahren ihre eigenen Wege gegangen waren, wußte er auch, daß Cynthia sofort ihren undurchdringlichen Schutzschild hervorholen würde, den sie so häufig benutzte, um private Dinge abzublocken, während sie der unduldsame, auf Leistung fixierte Profi wurde, den er so gut gekannt hatte.

In ihrer Zeit als Ainslies Kollegin hatte Cynthia jedoch auch weniger erfreuliche Charakterzüge erkennen lassen. Ihre kompromißlose Geradlinigkeit ließ sie subtile Methoden verachten, obwohl Subtilität ein nützliches Ermittlungsinstrument sein konnte. Sie war bestrebt, Ermittlungen möglichst abzukürzen, auch wenn dadurch die Grenze zwischen legal und illegal überschritten wurde - etwa durch Absprachen mit Kriminellen oder untergeschobenes Beweismaterial, um eine Straftat zu »beweisen«. Als ihr Vorgesetzter hatte Ainslie Cynthias Methoden manchmal beanstandet, obwohl niemand ihre Erfolge kritisieren konnte, die damals auch ein gutes Licht auf ihn geworfen hatten.

Dann hatte es die völlig unprofessionelle, zärtliche, hingebungsvolle, wild sinnliche Cynthia gegeben - eine Seite ihrer Persönlichkeit, die er wohl niemals wieder erleben würde. Er schob diesen Gedanken beiseite.

Sie beugte sich über den Schreibtisch und sagte: »Kommen Sie zur Sache. Ich will hören, was Sie wirklich unternehmen, und erwarte, daß Sie nichts zurückhalten.«

Diese Szene, dachte Ainslie, war eine Wiederholung vieler Dinge, die sich früher ereignet hatten.

Cynthia Ernst war mit siebenundzwanzig Jahren ins Miami Police Department eingetreten. Sie hatte rasch Karriere gemacht weil ihr Vater City Commissioner war, behaupteten böse Zungen. Jedenfalls hatte ihr das ebensowenig geschadet wie die Tatsache, daß Minderheiten- und Frauenrechte neue Prioritäten und Möglichkeiten schufen. Aber wie alle, die sie besser kannten, zugeben mußten, basierte Cynthias Erfolg in Wahrheit auf angeborenen Fähigkeiten, Ehrgeiz und der Bereitschaft zu harter Arbeit, ohne dabei auf die Uhr zu sehen.

Gleich von Anfang an, schon bei dem zehnwöchigen Pflichtlehrgang an der Polizeiakademie, hatte Cynthia sich mit ihrem ausgezeichneten Gedächtnis und ihrer geistigen Beweglichkeit im Umgang mit Problemen hervorgetan. Auch bei der Schießausbildung hatte sie die Trainer durch glänzende Leistungen verblüfft. Nach vier Wochen konnte sie ihre Waffe blitzschnell zerlegen und wieder zusammensetzen, schoß in allen Lagen wie eine Scharfschützin und erzielte nie weniger als zweihundertachtundneunzig von dreihundert möglichen Ringen.

Nach der Ausbildung erwies Cynthia sich als höchst kompetente Polizeibeamtin, an der Vorgesetzte ihre Einsatzbereitschaft, ihre Intelligenz und ihre Fähigkeit zu raschen Entschlüssen schätzten. Diesen Eigenschaften und ihrem Talent, nur angenehm aufzufallen, hatte Cynthia es zu verdanken, daß sie bereits nach nur zwei Jahren im uniformierten Streifendienst zur Mordkommission versetzt wurde.

In der Mordkommission war sie weiter erfolgreich, und dort begegnete sie Malcolm Ainslie, damals ebenfalls noch Detective, der dabei war, seinen guten Ruf als hervorragender Ermittler zu begründen.

Cynthia wurde Ainslies Ermittlerteam zugeteilt, das damals von Detective-Sergeant Felix Foster, einem erfahrenen Kriminalbeamten, geleitet wurde. Nur wenig später wurde Foster zum Lieutenant befördert und in eine andere Abteilung versetzt. Als frischgebackener Sergeant trat Ainslie an seine Stelle.

Aber schon vorher hatten Cynthia und er zusammengearbeitet und fühlten sich zueinander hingezogen - eine gegenseitige Anziehung, die sich nur für kurze Zeit unterdrücken ließ.

Cynthia leitete die Ermittlungen in einem Dreifachmordfall und wurde dabei gelegentlich von Malcolm unterstützt. Um vielversprechenden Hinweisen nachzugehen, flogen die beiden für zwei Tage nach Atlanta. Die Hinweise erwiesen sich tatsächlich als lohnend, und am Abend des ersten anstrengenden, aber erfolgreichen Tages quartierten die beiden sich in einem Motel am Stadtrand ein.

Beim Abendessen in einer kleinen, aber überraschend guten Trattoria sah Malcolm über den Tisch hinweg Cynthia an und fragte mit instinktivem Gespür für den richtigen Augenblick: »Bist du sehr müde?«

»Verdammt müde«, antwortete sie. Dann griff sie nach seiner Hand. »Aber nicht zu müde für das, was wir beide am meisten wollen - und ich meine nicht die Nachspeise.«

Als sie in ihr Motel zurückfuhren, lehnte Cynthia sich zu Malcolm hinüber und kitzelte ihn mit der Zungenspitze am Ohr. »Ich weiß nicht, ob ich so lange warten kann«, gurrte sie dabei. »Kannst du's?« Dann reizte sie ihn mit der Hand, bis er stöhnend in Schlangenlinien die Straße entlangfuhr.

Vor seiner Zimmertür zog er Cynthia an sich und küßte sie zart. »Ich nehme an, daß du mit reinkommen willst.«

»Genauso dringend, wie du willst, daß ich's tue«, antwortete sie neckend.

Das hatte Malcolm hören wollen. Er sperrte auf und schob Cynthia vor sich her. Als die Tür hinter ihnen zufiel, wurde das Zimmer durch von außen hereinfallendes Licht nur schwach erhellt. Malcolm drängte sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Cynthia, die an der Wand neben der Tür stand. Er spürte, wie ihr Atem schneller ging, ihr Körper vor Lust pulsierte. Er atmete den Duft ihres Haars ein und küßte ihren Nacken, während seine rechte Hand über ihre Hüften glitt und in ihrem Slip verschwand.

»O Gott«, flüsterte Cynthia, »ich will dich jetzt!«

»Pst«, sagte Malcolm, dessen Finger feucht und aufreizend war. »Nicht reden. Kein Wort.«

Daraufhin drehte sie sich um - schnell und überraschend -, so daß sie ihm mit dem Rücken zur Wand gegenüberstand. »Hol dich der Teufel, Sergeant«, sagte sie atemlos, bevor sie ihn leidenschaftlich küßte.

Während sie in fliegender Eile ihre Kleidung abstreiften, wurden ihre Küsse drängender. »Wie schön du bist!« flüsterte Malcolm mehrmals. »Gott, wie schön du bist!«

Plötzlich stieß Cynthia ihn rückwärts aufs Bett und schob sich über ihn. »Ich brauch' dich jetzt, Liebster. Laß mich keine Sekunde länger warten.«

Danach ruhten sie sich aus, liebten sich wieder und machten so die ganze Nacht weiter. Obwohl in seinem Kopf ziemliches Chaos herrschte, fiel Malcolm auf, daß Cynthia im Bett die Initiative ergriffen und ihm - ganz überraschend - das Gefühl vermittelt hatte, beherrscht und vereinnahmt zu werden; aber das störte ihn nicht wirklich.

Als Detective-Sergeant hatte Ainslie es in den folgenden Monaten in der Hand, den Dienstplan so zu gestalten, daß Cynthia und er häufig zusammen waren - nicht nur in Miami, sondern gelegentlich auch mit Übernachtungen an anderen Orten. So blieben sie weiter ein heimliches Liebespaar.

Es gab viele Augenblicke, in denen Ainslie sich mit einem Anflug von Schuldbewußtsein an seine Ehe mit Karen erinnerte. Aber Cynthias unersättlicher sexueller Hunger und die Befriedigung, die sie ihm verschaffte, erschienen wichtiger als alles andere.

Wie in Atlanta begann jedes ihrer heimlichen Treffen mit einem endlos langen Kuß, während sie einander auszogen. Dabei entdeckte Malcolm eines Tages Cynthias zweite Pistole in einem Knöchelhalfter unter der langen Hose, die sie wie die meisten Kriminalbeamtinnen im Dienst trug. Ihre normale Dienstwaffe war eine Glock, eine 9mm-Pistole, deren Magazin fünfzehn Schuß Hohlspitzenmunition faßte. Aber diese Waffe, eine winzige verchromte Smith & Wesson, hatte Cynthia sich selbst gekauft.