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»Haben Sie aus dieser Geschichte etwas gelernt?« fragte Rodriguez.

Holdsworth lächelte zum erstenmal. »Daß die Polizei tatsächlich clever ist.«

Ainslie unterdrückte ein Lächeln. »Nehmen Sie diese Sache nicht auf die leichte Schulter; Sie müssen sich trotzdem für einiges verantworten. Sie haben unsere Ermittlungen durch Lügen behindert, Sie haben mitgeholfen, Beweismaterial zu beseitigen, und falsche Spuren gelegt. Deshalb behalten wir Sie vorläufig hier.«

Kurze Zeit später wurde Holdsworth von einem uniformierten Beamten in Untersuchungshaft abgeführt.

Als sie wieder allein waren, fragte Jorge Ainslie: »Okay, wie geht's weiter?« »Wir statten Felicia Davanal einen kleinen Besuch ab.«

10

Felicia Davanal war nicht zu Hause. Es war 7.50 Uhr. Niemand wußte, wohin sie verschwunden war.

Karina Vazquez, die mit den beiden Kriminalbeamten in der Eingangshalle stand, erklärte ihnen: »Ich weiß nur, daß Ms. Davanal das Haus sichtlich erregt und in größter Eile verlassen hat. Dann habe ich ihr Auto mit quietschenden Reifen wegfahren gehört.« In Abwesenheit des Butlers schien Wilhelm Davanals Pflegerin die Verantwortung für das gesamte Haus übernommen zu haben. Sie fügte hinzu: »Vielleicht hängt das irgendwie mit Mr. Holdsworth zusammen.« Mrs. Vazquez sah von einem Kriminalbeamten zum anderen. »Sie haben ihn abgeführt, nicht wahr? Ihn verhaftet? Seine Frau ist außer sich. Sie telefoniert die ganze Zeit, um einen Anwalt zu bekommen.«

»In den letzten Tagen ist alles mögliche passiert«, sagte Ainslie zurückhaltend. »Wie Sie wahrscheinlich wissen, hat's hier Täuschungsversuche und Falschaussagen gegeben.«

»Das ist mir inzwischen auch klar«, gab Vazquez zu. Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Vielleicht ist Mrs. Davanal weggefahren, um Sie aufzusuchen.«

»Das wäre möglich«, bestätigte Rodriguez. Er rief die Mordkommission über Funk, dann meldete er Ainslie: »Nein, sie ist nicht dagewesen.«

Hinter ihnen kamen hastige Schritte näher. Francesco Vazquez erschien und rief atemlos: »Mrs. Davanal ist im Fernsehstudio - bei WBEQ! Gerade ist angekündigt worden, daß sie um acht Uhr über den Tod ihres Ehemanns sprechen wird.«

»Das ist in zwei Minuten«, sagte Ainslie. »Wo können wir uns die Sendung ansehen?«

»Kommen Sie bitte mit«, forderte Mrs. Vazquez sie auf, und die Männer folgten ihr den Korridor entlang in einen luxuriös ausgestatteten Fernsehraum. Der riesige Bildschirm nahm fast eine ganze Wand ein. Francesco Vazquez schaltete die Anlage ein; auf dem Bildschirm erschien der Schluß eines Werbespots in faszinierender Surround-Tontechnik. Nach der Einblendung WBEQ - The Morning News sagte eine Nachrichtensprecherin von ihrem Schreibtisch aus: »Sie sehen einen Exklusivbericht von WBEQ mit wichtigen Enthüllungen über den vermuteten Mord an Byron Maddox-Davanal. Es spricht Mrs. Felicia Maddox-Davanal, die Geschäftsführerin dieses Senders.«

Dann ein rascher Schnitt zu einer Nahaufnahme von Felicias Gesicht. Sie war atemberaubend schön, aber Ainslie vermutete, daß eine Maskenbildnerin nachgeholfen hatte. Ihr Gesichtsausdruck war ernst.

Im Fernsehraum deutete Mrs. Vazquez auf zwei Sesselreihen. »Nehmen Sie doch bitte Platz.«

»Nein, danke«, sagte Ainslie. Als die Kriminalbeamten stehen blieben, folgte das Ehepaar Vazquez ihrem Beispiel.

Felicia sah in die Kamera und begann mit klarer, gleichmäßiger Stimme: »Ich bin in aller Bescheidenheit und voller Bedauern im Begriff, ein öffentliches Geständnis abzulegen und mich zu entschuldigen. Das Geständnis betrifft die Tatsache, daß mein Mann Byron Maddox-Davanal nicht ermordet worden ist, wie ich und auf mein Drängen hin auch andere behauptet haben. Byron ist durch seine eigene Hand umgekommen; er hat Selbstmord verübt. Er ist tot, und weder Schuld noch Tadel können ihn noch länger treffen.

Diese beiden Dinge - Schuld und Tadel - können und müssen jedoch mir zur Last gelegt werden. Bis zu diesem Augenblick der Wahrheit habe ich in bezug auf den Tod meines Ehemanns gelogen, Freunde und Angehörige getäuscht, der Polizei und den Medien gegenüber falsche Aussagen gemacht, Beweise unterschlagen und falsche Spuren gelegt. Ich weiß nicht, welche Strafe mich dafür erwartet. Aber ich bin bereit, sie auf mich zu nehmen.

Meine Freunde, Mitbürger von Miami, Polizei und Fernsehzuschauer - ich entschuldige mich bei Ihnen allen. Und nachdem ich nun dieses Geständnis abgelegt, diese Entschuldigung ausgesprochen habe, will ich Ihnen erzählen, warum ich - irregeleitet - so gehandelt habe, wie ich's getan habe.«

»Die Hexe hat uns wieder ausgetrickst«, flüsterte Ainslie Rodriguez zu.

»Sie hat gewußt, daß Holdsworth auspacken würde«, murmelte Rodriguez, »deshalb ist sie uns mit diesem Auftritt zuvorgekommen.«

Ainslie verzog das Gesicht. »Wie ich sie kenne, steht sie am Schluß als Märtyrerin da.«

»Wer Mrs. Davanal überlisten will, muß verdammt früh aufstehen«, sagte Karina Vazquez.

Felicia sprach mit klarer Stimme, aber etwas zurückhaltender weiter: »Wie andere Mitglieder unserer Familie habe ich Selbstmord von frühester Jugend an für abscheulich gehalten -für eine feige Tat, mit der man vor seiner Verantwortung flüchtet und es anderen überläßt, das hinterlassene Chaos in Ordnung zu bringen. Die einzige Ausnahme ist natürlich jemand, der die unerträglichen Schmerzen eines tödlichen Leidens beenden will. Aber das ist bei meinem Ehemann Byron Maddox-Davanal nicht der Fall gewesen.

Unsere Ehe - und ich will weiter bei der Wahrheit bleiben hat nicht alle unsere Erwartungen erfüllt. Zu meinem großen Bedauern habe ich keine Kinder...«

Während Ainslie Felicia beobachtete und ihr zuhörte, fragte er sich, wie lange sie diesen Auftritt vorbereitet haben mochte. Obwohl ihre Worte spontan klangen, waren sie das bestimmt nicht. Vielleicht benutzte sie sogar einen TelePromTer; die Zeit hätte für die Eingabe eines Textes ausgereicht, und diese Fernsehstation gehörte schließlich der Familie Davanal.

»Was ich klarstellen muß«, sagte Felicia gerade, »ist die Tatsache, daß außer mir niemanden irgendeine Schuld trifft. Einer unserer Hausangestellten hat mich sogar gedrängt, auf mein Vorhaben zu verzichten. Ich habe seinen Rat unklugerweise ignoriert, aber ich möchte nicht, daß ihm jetzt irgendwelche Schuldvorwürfe gemacht werden...«

»Sie entlastet Holdsworth«, murmelte Rodriguez.

»Ich weiß nicht«, fuhr Felicia fort, »welche tatsächlichen oder vermeintlichen Probleme meinen Mann dazu veranlaßt haben, sein Leben zu beenden...«

»Das weiß sie verdammt gut«, fügte Rodriguez hinzu.

Ainslie wandte sich ab. »Hier vergeuden wir unsere Zeit«, sagte er. »Los, wir fahren zurück!«

Als sie hinausgingen, hörten sie hinter sich weiter Felicias Stimme.

Von seinem Schreibtisch aus telefonierte Ainslie mit Curzon Knowles.

»Ja, ich habe die Lady gesehen«, antwortete der Staatsanwalt auf seine Frage. »Gäbe es eine Emmy-Kategorie für >Heuchelei im Alltage, wäre sie die sichere Gewinnerin.«

»Werden das auch andere finden?«

»Nein. Außer zynischen Staatsanwälten und Kriminalbeamten werden alle sie für edel und gut halten - eine unserer Royals am Werk.«

»Was ist mit irgendwelchen Strafverfahren?«

»Das soll natürlich ein Witz sein.«

»Tatsächlich?«

»Malcolm, Sie können dieser Frau lediglich vorwerfen, daß sie einem Polizeibeamten falsche Auskünfte gegeben und Ihre Ermittlungen behindert hat - beides nur Vergehen. Aber angesichts der Tatsache, daß sie eine Davanal ist und sich die besten Rechtsanwälte leisten kann, wäre hier kein Staatsanwalt bereit, Anklage gegen sie zu erheben. Und falls Sie noch Zweifel haben: Ich bin oben gewesen und habe mit Adele Montesino darüber gesprochen. Sie ist meiner Meinung.«