»Welche Mittel? Wie garantiert?« fragte Ainslie.
Lisa erläuterte ihm den Vorschlag: Serafine würde eine eidesstattliche Versicherung abgeben müssen, ihre Schwangerschaft sei die Folge einer künstlichen Befruchtung in einer Samenbank mit dem Sperma eines anonymen Spenders. Dann würde eine echte Samenbank dazu veranlaßt werden, diesen Vorgang durch entsprechende Unterlagen zu bestätigen.
»Sicher gegen eine großzügige Spende«, vermutete Ainslie. »Und wieviel soll Serafine bekommen?«
»Zwanzigtausend pro Jahr. Aber da hat sie noch nichts von den Zwillingen gewußt.«
»Das reicht nicht mal für ein Kind.«
»Das finde ich auch. Deshalb wollte ich Sie um Ihren Rit bitten. Beth hat gesagt, daß Sie die Familie kennen und wissen würden, wieviel wir verlangen sollen.«
Ainslie wandte sich an Serafine, die aufmerksam zugehört hatte, und fragte sie: »Was halten Sie von dieser Sache mit der Samenbank?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Meine Kinder sollen in einer schöneren Umgebung aufwachsen und die bestmögliche Erziehung bekommen. Dafür unterschreibe ich jeden Fetzen Papier, auch wenn darauf nur Lügen stehen. Und der Name Davanal ist mir gleichgültig. Meiner ist genausogut - vielleicht sogar besser.«
»Was ist Ihr Nachname?«
»Evers. Kennen Sie den?«
»Ja, natürlich.« Ainslie erinnerte sich an Medgar Evers, einen schwarzen Bürgerrechtler aus den sechziger Jahren, der von einem weißen Rassisten erschossen worden war, der jetzt sein Verbrechen mit lebenslänglicher Haft büßte.
»Sind Sie mit ihm verwandt?«
»Entfernt, glaube ich. Ist eines meiner Kinder ein Junge, möchte ich ihn Medgar nennen.«
»Und ein Mädchen könnte Myrlie heißen.« Ainslie hatte die NAACP-Vorsitzende Myrlie Evers-Williams, die Witwe des ermordeten Bürgerrechtlers, einmal flüchtig kennengelernt.
»Daran hatte ich gar nicht gedacht.« Serafine lächelte erneut. »Eine gute Idee!«
Ainslie erinnerte sich an sein Gespräch mit Felicia Davanal, bei dem sich herausgestellt hatte, daß Byron ein Luxusleben führte und zusätzlich pro Jahr eine Viertelmillion Dollar erhielt -praktisch fürs Nichtstun. Er hatte ihre hingeworfene Bemerkung noch im Ohr: Für unsere Familie sind solche Beträge Peanuts.
Er wandte sich an Lisa Kane. »Gut, ich rate Ihnen folgendes: Verlangen Sie zweihunderttausend Dollar im Jahr, bis die Zwillinge zwanzig sind. Eine Hälfte davon soll Serafine zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ausbezahlt werden; die andere Hälfte kommt auf ein Treuhandkonto für Studium oder Berufsausbildung der Kinder und ihres jetzigen Sohns...«
»Dana.«
»Der angesammelte Betrag müßte auch für Dana reichen. Sie bestehen auf dieser Summe, und wenn Haversham - in Wirklichkeit die Familie Davanal - nicht einwilligen oder Sie herunterhandeln will, erklären Sie den Plan mit der Samenbank für gescheitert und drohen mit einer Feststellungsklage gegen die Davanals.«
»Ja, so könnte's gehen«, sagte Lisa. Aber dann meinte sie zweifelnd: »Diese Forderung liegt natürlich weit über dem ursprünglichen Angebot.«
»Versuchen Sie's«, riet Ainslie ihr. »Übrigens können Sie Mrs. Davanal mitteilen lassen, daß dieser Vergleichsvorschlag von mir stammt. Das könnte nützen.«
Lisa starrte ihn forschend an; dann nickte sie jedoch nur und sagte: »Danke, Malcolm.«
Achtundvierzig Stunden später war Ainslie zu Hause, als Lisa Kane anrief. Ihre Stimme klang atemlos. »Ich kann's kaum fassen! Ich bin bei Serafine, und wir haben eben von Haversham gehört. Die Anwälte akzeptieren alles - ohne Änderungswünsche, ohne Diskussion, einfach so, wie ich... nein, wie Sie es vorgeschlagen haben.«
»Das liegt bestimmt an Ihrer Verhandlungstaktik und...«
Lisa hörte gar nicht zu. »Serafine läßt Ihnen ausrichten, daß Sie wunderbar sind. Das finde ich auch!«
»Wissen Sie zufällig, ob Mrs. Davanal...«
»Mike Jaffrus von Haversham hat wegen Ihres Vorschlags mit ihr telefoniert, und sie hat ihn angewiesen, Ihnen etwas auszurichten. Sie will Sie sehen, Malcolm. Sie möchten sie anrufen, um einen Termin zu vereinbaren.« Lisas Tonfall veränderte sich. »Geht zwischen euch beiden irgend etwas vor?« fragte sie unverhohlen neugierig.
Ainslie lachte. »Außer einem kleinen Katz-und-Maus-Spiel nichts.«
»Eines habe ich aus dieser Geschichte gelernt«, sagte Felicia Davanal. »Es ist ungeschickt, allzu offen mit einem gerissenen Kriminalbeamten zu reden - vor allem mit einem, der ein ehemaliger Priester ist. Das kann echt teuer werden.«
Sie saß mit Malcolm Ainslie in dem Salon, in dem sie ihr erstes Gespräch geführt hatten. Aber diesmal gab es für ihn einen bequemen Sessel wie den, in dem Felicia ihm mit geringem Abstand gegenübersaß. Sie wirkte unverändert attraktiv, aber weniger angespannt, weil Byrons Tod kein Geheimnis mehr war, das unbeantwortete Fragen zwischen ihnen aufwarf.
»Sie scheinen einige Nachforschungen angestellt zu haben«, sagte Ainslie.
»Bei meinem Sender gibt's Leute, die sich auf Recherchen verstehen.«
»Nun, hoffentlich haben sie auch recherchiert, daß Sie genügend Peanuts für den angestrebten Vergleich haben.«
»Touche!« Sie warf den Kopf zurück und lachte. »Malcolm, wenn ich Sie so nennen darf -, Sie gefallen mir immer mehr.«
Sie machte eine kurze Pause. »Der Bericht über Sie ist sehr lobend ausgefallen. Ich frage mich allerdings...«
»Was denn, Mrs. Davanal?«
»Felicia - bitte!«
Er nickte zustimmend. Sein Instinkt sagte ihm, worauf dieses Gespräch hinauslaufen würde, aber er wußte nicht recht, wie er sich verhalten sollte.
»Ich frage mich, warum Sie weiter Polizeibeamter sind, obwohl Sie Ihrer Qualifikation nach viel mehr sein könnten.«
»Mir gefällt's, ein Cop zu sein.« Nach kurzem Zögern fügte er hinzu: »Felicia.«
»Das ist absurd! Sie sind ein gebildeter Mann, Sie haben sogar promoviert. Sie haben ein Buch über die Religionen der Welt geschrieben, das noch heute als Standardwerk...«
»Ich bin nur Mitverfasser, und das liegt schon lange zurück.«
Felicia machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das alles weist Sie als Intellektuellen aus. Deshalb möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen: Wollen Sie nicht in die Unternehmensgruppe Davanal eintreten?«
Ainslie war verblüfft. »In welcher Funktion?«
»Oh, das weiß ich nicht genau; ich habe noch mit niemandem darüber gesprochen. Aber wir haben immer Bedarf an guten Leuten, und wenn Sie sich dafür entscheiden würden, zu uns zu kommen, ließe sich schnell etwas finden, das Ihren Fähigkeiten entspräche.« Felicia lächelte dabei, beugte sich nach vorn und legte ihre Fingerspitzen auf Ainslies Hände. Ihre leichte Berührung enthielt ein subtiles Versprechen. »Ich bin sicher, daß wir uns dann auch näher kennenlernen würden« Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze. »Falls Sie daran interessiert wären.«
Ja, das würde mich interessieren; das wäre nur menschlich, dachte Ainslie. Angesichts dieser Verlockung spürte er eine geistige und körperliche Erregung. Aber dann dachte er wieder praktisch. Er erinnerte sich an Beth Embrys Warnung: Felicia verschlingt Männer... Wenn du ihr gefallen hast, versucht sie's bestimmt wieder... eine Bienenkönigin, die stechen kann.
Trotzdem wäre es aufregend gewesen, von Felicia verschlungen zu werden, in ihrem Honig zu ertrinken - vielleicht sogar alle möglichen Konsequenzen wert. Die einzige Affäre seines Lebens bereute Ainslie bis heute nicht, obwohl er unter Cynthias Rachsucht schwer gelitten hatte. Wo Leidenschaft im Spiel war, mußten herkömmliche Moralbegriffe oft zurücktreten; das wußte er aus den vielen Beichten, die er Gemeindemitgliedern abgenommen hatte. Aber in seinem Fall, überlegte er sich, genügte eine Romanze mit Cynthia. In einer Zeit, in der Karen ihr zweites Kind erwartete, durfte er nicht anfangen, nach Felicias Pfeife zu tanzen.