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Er ließ seine Hand einen Augenblick auf der ihren ruhen. »Besten Dank, und ich werde meinen Entschluß vielleicht bereuen. Aber ich möchte alles so lassen, wie's jetzt ist.«

Felicia hatte Stil. Sie stand auf, lächelte weiter und gab ihm zum Abschied die Hand. »Wer weiß?« sagte sie. »Vielleicht kreuzen unsere Wege sich noch einmal.«

Auf der Rückfahrt ins Polizeipräsidium überlegte Ainslie sich, daß der Fall Davanal - abgesehen von den Postskripten - nur sieben Tage gedauert hatte. Er war ihm viel länger vorgekommen. Jetzt wartete er gespannt darauf, was Detective Bowe zu berichten hatte.

11

Ruby Bowe begann ihre Nachforschungen beim Metro-Dade Police Department, das sein imposantes Dienstgebäude in der Northwest 25th Street hatte. Sie fragte, ob der Ermittler, der vor siebzehn Jahren den Doppelmord an dem Ehepaar Esperanza bearbeitet hatte, noch im Dienst sei.

»Damals bin ich noch nicht hiergewesen«, sagte der Chef der Mordkommission. Der Lieutenant drehte sich nach einem Regal mit Registerbänden um. »Mal sehen, ob wir fündig werden.« Er blätterte in einem der Bände. »Ja, hier steht er. Esperanza, Clarence und Florentina, Fall weiter ungelöst, Ermittlungen offiziell nicht eingestellt. Wollen Ihre Leute ihn für uns lösen, Detective?«

»Sieht so aus, als könnten wir's, Sir. Aber ich würde lieber erst mit dem Ermittler sprechen.«

Der Lieutenant las weiter. »Das ist Archie Lewis gewesen... seit sechs Jahren pensioniert, lebt irgendwo in Georgia. Den Fall bearbeitet jetzt unsere Gruppe für Altfälle. So eine haben Sie auch, nicht wahr?«

»Ja, Sir.«

Die Gruppe für Altfälle bearbeitete ungelöste Schwerverbrechen, vor allem Morde, die mit Hilfe modernster Untersuchungstechniken wiederaufgerollt wurden.

Polizeibehörden mit solchen Ermittlergruppen waren bei der Aufklärung alter Verbrechen, die die Täter längst vergessen hofften, oft überraschend erfolgreich.

»Wir lassen die Altfälle immer wieder von anderen Beamten der Gruppe bearbeiten«, sagte der Lieutenant. »Im Augenblick gehören die Esperanzas Vic Crowley.«

Detective Crowley, der gleich herüberkam, war ein freundlicher Mann mit Stirnglatze. »Ich habe mir die alte Akte angesehen«, erklärte er Ruby, »ohne einen Ansatzpunkt für weitere Ermittlungen zu finden. Tot wie die Esperanzas.«

»Das ist sie vielleicht noch immer.« Bowe berichtete, obwohl Elroy Doil diesen Mord vor seiner Hinrichtung gestanden habe, sei der Wahrheitsgehalt seines Geständnisses zweifelhaft. »Ich würde mir gern Ihre Ermittlungsakte daraufhin ansehen, ob sie einen Beweis für seine Aussage enthält.«

»Und dann? Wollen Sie den Kerl ausgraben und noch mal vor Gericht stellen? Okay, Sie haben bestimmt Ihre Gründe dafür. Kommen Sie, wir graben wenigstens die Akte aus.«

Crowley nahm Bowe in die Registratur mit, wo er nach längerer Suche die verblaßte, überquellende Akte Esperanza fand. Er blätterte an seinem Schreibtisch sitzend darin herum und sagte einige Minuten später: »Das hier können Sie brauchen, glaube ich.« Er überreichte seiner Kollegin den mehrseitigen Ermittlungsbericht.

Auf Seite drei fand Bowe, was sie suchte: die Aufstellung der am Tatort des Doppelmords sichergestellten Beweisstücke, darunter eine »Geldscheinklammer, goldfarben, Monogramm >HB<.« Auf einer folgenden Seite hatte ein Ermittler vermerkt, diese Geldscheinklammer müsse der Täter verloren haben, weil das Monogramm zu keinem der Ermordeten passe und ihr Neffe ausgesagt habe, er habe sie nie bei ihnen gesehen.

»Das muß sie sein«, erklärte sie Crowley. »Doil hat Sergeant Ainslie gegenüber ausgesagt, er habe sie bei einem anderen Raubüberfall erbeutet und anscheinend an diesem Tatort verloren.«

»Wollen Sie sich das Ding ansehen? Es liegt sicher noch in der Asservatenkammer.«

»Das sollte ich wohl. Tue ich's nicht, fragt bestimmt jemand, warum ich's nicht getan habe.«

»Ist das nicht immer so?«

Nachdem Crowley die Liste für seine Kollegin kopiert hatte, führte er Bowe ins benachbarte große Gebäude des Asservatenlagers hinüber, dessen überfüllte Stahlkammern und Tresore das Strandgut unzähliger Verbrechen enthielten.

Überraschend schnell standen zwei verstaubte Kartons mit Beweismaterial aus dem siebzehn Jahre zurückliegenden Mordfall vor ihnen. Als das Siegel des ersten erbrochen und der Deckel geöffnet wurde, lag die glänzende Geldscheinklammer mit dem eingravierten Monogram »HB« in einem Plastikbeutel obenauf.

»Ist nicht angelaufen, muß also echtes Gold sein«, stellte Crowley fest. »Wer mag dieser >HB< gewesen sein?«

»Genau das«, sagte Ruby Bowe, »muß ich als nächstes rauskriegen.«

Das Archiv für Ermittlungsakten lag in einem anderen Stockwerk des Dienstgebäudes. Hier wurden zwanzig Jahre weit zurückreichende Ermittlungsakten aus den siebenundzwanzig Gemeinden im Dade County aufbewahrt. Während neuere Akten auf Magnetband gespeichert waren, existierten alte nur auf Mikrofilm. Auch das Archiv der Metro-Dade Police war in sauberen, hellen, modern eingerichteten Räumen untergebracht.

Ruby Bowe hatte sich die Stelle aus Elroy Doils Tonbandgeständnis notiert, an der er in bezug auf eine Geldklammer gesagt hatte: »Die hab' ich bei 'nem Raubüberfall erbeutet - ein paar Monate, bevor ich die Schlitzaugen umgelegt hab'.«

Sie entschied sich dafür, alle Raubüberfälle zu überprüfen, die in den drei Monaten vor der Ermordung des Ehepaars Esperanza am 12. Juli 1981 angezeigt worden waren.

»Wissen Sie überhaupt, was Sie sich da vornehmen?« fragte die Archivarin, mit der Ruby über ihr Vorhaben sprach. »Wenn Sie Pech haben, sitzen Sie wochenlang hier.« Sie hielt eine Mikrofilmkassette hoch. »Diese hier stammt aus dem Jahr 1981 und enthält die Anzeigen eines einzigen Tages - etwa fünfhundert verfilmte Seiten mit Raubüberfällen, Einbrüchen, Autodiebstählen, Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Schußwaffengebrauch... einfach alles! Bei drei Monaten sind das ungefähr fünfzigtausend Seiten.«

»Lassen die Raubüberfälle sich nicht aussondern?«

»Bei Computerakten schon. Aber bei diesem alten Zeug auf Mikrofilm - ausgeschlossen!«

Ruby Bowe seufzte. »Trotzdem muß ich einen ganz bestimmten Raubüberfall finden.«

»Viel Glück!« wünschte die Frau ihr. »Im Dade County passieren im Jahresdurchschnitt siebzehntausend Raubüberfälle.«

Im Lauf der Zeit ermüdeten Rubys Augen. Sie saß im Archiv an einem modernen Canon Microprinter, der nicht nur als Lesegerät diente, sondern die jeweilige Seite auch ausdrucken konnte. Bei den verfilmten Unterlagen handelte es sich um Standardvordrucke, was ihr die Arbeit erleichterte, weil oben die »Art des Vorfalls« angegeben war. Nur wenn dort »bewaffneter Raubüberfall« stand, nahm sie sich die Zeit, die Meldung zu überfliegen. Weiter unten war »geraubtes Eigentum« verzeichnet, und wenn dort keine Geldscheinklammer aufgeführt war - wie bisher in allen Fällen -, las Ruby weiter.

Als sie am ersten Tag nicht fündig wurde, hörte sie spätnachmittags auf und vereinbarte, daß sie am nächsten Tag zurückkommen und ihre Suche fortsetzen würde.

Auch der zweite Tag blieb ergebnislos, obwohl Ruby jetzt so in Übung war, daß sie alle Meldungen, die keine Raubüberfälle betrafen, achtlos vorbeiflitzen ließ. Am Abend dieses Tages hatte sie fünf Mikrofilmkassetten durchgesehen und beiseite gelegt.

Als sie am nächsten Morgen den nächsten Mikrofilm einlegte, fragte sie sich zweifelnd: Hat dieser Raubüberfall wirklich stattgefunden, wie Elroy Doil behauptet hat? Und ist er überhaupt angezeigt worden? Diese Fragen beschäftigten sie in den zwei folgenden Stunden noch oft, denn sie erkannte jetzt, wieviel Arbeit noch vor ihr lag.