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»Um Himmels willen! Ist denn irgendwas in Ordnung?« Jensen hätte beinahe gelacht und überlegte, ob er sagen sollte:

Nein, alles in bester Ordnung. Wir sitzen nur hier, um zwei Morde zu planen, für die wir beide ein Motiv haben, falls dir das entgangen sein sollte, und die einige der besten Kriminalbeamten Miamis aufzuklären versuchen werden... Womöglich gelingt ihnen das sogar. Wer weiß, vielleicht werden wir gemeinsam auf dem elektrischen Stuhl landen... Aber ansonsten ist alles in bester Ordnung.

»Nicht so laut!« ermahnte Cynthia ihn. »Und reiß dich gefälligst zusammen! Es gibt keinen Grund, beunruhigt zu sein, denn alles wird klappen - und das kann ich besser beurteilen als du. Hast du von deinem Mann gehört, über den wir gesprochen haben? Aber keinen Namen nennen!«

Jensen nickte. »Vor drei Tagen.«

Der Anruf war fünfzehn Tage nach dem Rollstuhlmord gekommen. Nichts deutete darauf hin, woher der Anruf kam; Patrick hatte nicht danach gefragt, vermutete aber, daß er aus Kolumbien kam.

»Sie wissen, wer ich bin, aber nicht sagen.« Das war eindeutig Virgilios Stimme.

»Ja, das weiß ich.«

»Ich komme bald. Sie wollen noch?«

»Ja.« Virgilio drückte sich offenbar so knapp wie möglich aus. Jensen folgte seinem Beispiel.

»In ein bis zwei Wochen. Okay?«

»Okay.«

Das war alles gewesen. Nachdem Patrick ihr Gespräch wiedergegeben hatte, fragte Cynthia ihn: »Bist du sicher, daß du dich auf deinen Instinkt verlassen kannst? Er weiß, was wir wollen?«

»Bestimmt. Einen Mann wie ihn engagiert man nicht für belanglose Aufträge, das weiß er selbst am besten. Erzähl mir jetzt von diesen anderen Doppelmorden. Du hast von Eigentümlichkeiten gesprochen, nicht wahr?«

»Ja.« Eine Pause. »In Coconut Grove sind neben den Ermordeten vier tote Katzen zurückgelassen worden.«

»Vier Katzen?« fragte Jensen ungläubig.

»Frag mich nicht nach dem Grund - der ist mir so rätselhaft wie allen anderen auch. Die Mordkommission grübelt noch immer darüber nach.«

»Du hast gesagt, in Fort Lauderdale habe es einen ähnlichen Fall gegeben. Wie steht's damit?«

»Dieser Fall ist komplizierter. Die Füße des Mannes sind verbrannt worden, aber niemand weiß, weshalb. Trotzdem sieht man auch darin eine symbolische Handlung eines möglicherweise geistesgestörten Killers.«

»Was schlägst du also vor?«

»Ich bin dafür, den ersten Mord zu kopieren. Sag deinem Mann, er soll am Tatort einen Tierkadaver zurücklassen.«

»Nicht vier Katzen, hoffe ich.«

Cynthia schüttelte den Kopf. »So genau wollen wir den Täter nicht nachahmen, und ein Tier ist genug - vielleicht ein Kaninchen. Das reicht als Symbol. Außerdem gibt's weitere Eigentümlichkeiten.«

»Zum Beispiel?«

Sie beschrieb ihm, wie die Ehepaare Frost und Hennenfeld sich gefesselt und geknebelt gegenübergesessen hatten. »Und der Mörder hat ein Bowiemesser benutzt. Du kennst diese Art Messer?«

Jensen nickte. »Ich habe mal eines in einem Buch beschrieben. Leicht zu beschaffen. Weiter!«

»An beiden Tatorten hat ein Radio sehr laut harte Rockmusik gespielt.«

»Kein Problem.« Jensen konzentrierte sich, um sich diese Einzelheiten zu merken, die er sich weder jetzt noch später aufschreiben durfte.

»Alles vorhandene Geld muß gestohlen werden«, fuhr Cynthia fort. »Mein Vater hat immer viel Geld in der Tasche und läßt es auf seinem Nachttisch liegen. Aber der Schmuck meiner Mutter darf nicht angerührt werden. So ist's an diesen anderen Tatorten auch gewesen. Ich möchte, daß du das deinem Mann unmißverständlich klarmachst.«

»Das dürfte nicht schwierig sein. Schmuck läßt sich identifizieren und kann auf die Spur des Täters führen; das hat dieser andere Kerl bestimmt auch gewußt.«

»Jetzt zu ihrem Haus«, fuhr Cynthia fort. »Das hier wirst du brauchen.«

Sie schob ihm eine Werbebroschüre über Immobilien in Bay Point hin. Als Jensen sie aufschlug, fand er in der Mitte einen Straßenplan mit genau eingezeichneten Häusern. Eines davon war angekreuzt.

»Das ist...?«

»Ja«, sagte Cynthia rasch. »Außerdem solltest du wissen, daß es dort drei Hausangestellte gibt: das Ehepaar Palacio - er ist Butler, sie führt den Haushalt -, das im Haus wohnt, und ein Dienstmädchen, das früh kommt und gegen sechzehn Uhr geht.«

»Nachts sind also vier Personen im Haus?«

»Außer donnerstags. Jeden Donnerstag fahren die Palacios nach West Palm Beach, um dort Mrs. Palacios Schwester zu besuchen. Sie fahren am Spätnachmittag weg und kommen nie vor Mitternacht zurück, manchmal erst später.«

Patrick hatte das Gefühl, sein Gedächtnis sei überlastet. »Das muß ich mir notieren, bevor ich's vergesse.« Er suchte in seinen Jackentaschen nach einem Kugelschreiber.

Cynthia griff ungeduldig nach der Broschüre. »Gib her, ich schreib's dir auf.« Auf dem Umschlag notierte sie:

DM - kommt früh, geht um 16 h

EP - Donnerstagabend bis Mitternacht

Jensen steckte die Broschüre ein. »Sonst noch etwas, das ich über diese anderen Morde wissen sollte?«

»Ja, sie sind brutal gewesen.« Cynthia verzog das Gesicht, während sie ihm die Verletzungen der Ehepaare Frost und Hennenfeld beschrieb - nach Angaben in den von ihr eingesehenen Ermittlungsakten der Mordkommission der Miami Police.

Als Patrick Jensen alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwog, gefiel ihm Cynthias Idee, diese beiden früheren Doppelmorde nachzuahmen, immer besser; auf perverse Weise, fand er, war sie sogar brillant. Dann korrigierte er sich. In dem Leben, das er jetzt zwangsweise führte, war Cynthias Idee keineswegs pervers, sondern brillant... und damit Punktum!

»Du denkst anscheinend viel nach«, sagte Cynthia über den Tisch hinweg.

Er schüttelte den Kopf und behauptete: »Ich präge mir nur die einzelnen Punkte ein.«

»Dann kannst du die Liste um einen erweitern - keine Fingerabdrücke.«

»Bestimmt kein Problem.« Jensen erinnerte sich daran, wie Virgilio sich Handschuhe übergestreift hatte, bevor er mithalf, den Rollstuhl aus dem Lieferwagen zu heben.

»Noch etwas«, sagte Cynthia. »Das ist der endgültig letzte Punkt.«

Patrick wartete.

»Zwischen den Morden in Coconut Grove und Fort Lauderdale haben vier Monate und zwölf Tage gelegen. Ich hab's nachgerechnet.«

»Und?«

»Serienmörder schlagen oft in ziemlich regelmäßigen Zeitabständen zu, was bedeutet, daß der Täter, von dem wir sprechen, in den letzten Septembertagen oder in der ersten Oktoberwoche erneut zuschlagen könnte. Auch das habe ich nachgerechnet.«

Jensen zog die Augenbrauen hoch. »Was hat das mit uns zu tun?«

»Wir kommen dem Kerl zuvor, indem wir unser Datum auf Mitte August festlegen. Sollte er dann Ende September oder Anfang Oktober erneut zuschlagen, hat das Intervall sich verschoben, aber darauf achtet niemand mehr, weil die Abstände zu unregelmäßig sind.«

Cynthia machte eine Pause. »Was hast du? Was soll das lange Gesicht?«

Patrick, dessen Miene immer zweifelnder geworden war, holte tief Luft. »Willst du wissen, was ich glaube?«

»Das ist mir eigentlich egal, aber erzähl's mir trotzdem.«

»Cynthia, ich glaube, du willst zu clever sein.«

»Wie meinst du das?«

»Je länger wir reden, desto mehr fürchte ich, etwas könnte schiefgehen, schrecklich schiefgehen.«

»Was schlägst du also vor?« fragte Cynthia eisig.

Jensen zögerte, dann antwortete er mit gemischten Gefühlen, weil er sich der Bedeutung seiner Worte durchaus bewußt war: »Daß wir aufgeben, diese ganze Sache abblasen. Hier und jetzt.«