Выбрать главу

Es war ein mit Inbrunst vorgebrachtes Bekenntnis. »Würdest du dich als Anhänger des Pelagius bezeichnen?«, fragte Fidelma.«

Pater Cornelius blieb sich treu. »Pelagius hat einen moralischen Grundsatz verkündet. Männer und Frauen haben die Wahl, Gutes zu tun oder Böses. Nichts ist vorherbestimmt. Entscheidend ist, wie wir unser Leben gestalten, nur das entscheidet, ob unser Lohn Himmel oder Hölle ist.«

»Doch Papst Innocentius hat Pelagius zum Ketzer erklärt«, warf Fidelma ein.

»Und der nächste Papst Zosimus hat ihn in Schutz genommen.«

»Um später seine Entscheidung zu widerrufen«, meinte Fidelma milde lächelnd. »Doch mir ist das gleich. In den Lehren der Kirche meines Landes hat Pelagius seinen festen Platz, denn er war unseres Blutes und unseres Glaubens. Für uns ist jetzt von Belang, dass sich Abt Miseno auf die Lehren des Augustinus von Hippo beruft. Das hast du doch gesagt, nicht wahr?«

»Ja. Und er will mir diese Stelle hier entziehen, weil ich nicht so denke wie er.«

»Hat der Abt die Befugnis, als Pfarrer dieser Kirche einzusetzen, wen er für geeignet hält?«

»Ja, die hat er.«

»Vermutlich hat er auch die Befugnis, dich ohne Begründung zu entlassen?«

»Nicht ohne triftigen Grund. Er muss seine Entscheidung dem Bischof gegenüber rechtfertigen.«

»Ah ja, so ist das hier. In Rom stehen die Bischöfe über den Äbten. In Irland ist das anders. Ist das Bekenntnis zu Pelagius, der als Ketzer gilt – ob zu Recht oder nicht, sei dahingestellt –, Grund genug, dir die Gemeinde hier zu entziehen?«

»Ich predige weder die Lehren des Pelagius noch die des Augustinus. Beide beschäftigen lediglich mein Gewissen. Den Pflichten, die ich meiner Gemeinde gegenüber habe, bin ich stets nachgekommen, niemand hat meine seelsorgerischen Bemühungen beanstandet.«

»Du hast also dem Abt keinen Anlass geboten, dich zu entlassen?

»Nein, keinen.«

»Dennoch drängt Abt Miseno darauf, dass du dein Amt hier aufgibst?«

»Ja, so ist es.«

»Und du widersetzt dich dem?«

»Das tue ich, ja.«

»Hast du den Gallier gekannt, der gestorben ist?«

Wieder wunderte sich Cornelius über den raschen Wechsel ihrer Fragestellungen.

»Ich habe ihn hier mehrere Male gesehen.«

»Mehrere Male?«

»Ihn und seine Schwester. Ich nehme an, sie sind Pilger und haben Unterkunft in der xenodochia ganz in der Nähe gefunden. Sie haben hier jeden Tag die Messe besucht.«

»Und der andere Gallier, der sich so hingebungsvoll um das Mädchen bemüht?«

»Den habe ich gestern zum ersten Mal gesehen. Wahrscheinlich ist er eben erst in Rom eingetroffen.«

»Hm.«

»Schwester, ich stehe vor einem mir unbegreiflichen Rätsel. Warum sollte jemand den Wein vergiftet haben? Das hätte doch den Tod aller heute in der Kirche zum Abendmahl Versammelten nach sich ziehen können?«

Fidelma sah ihn nachdenklich an. »Glaubst du, es war beabsichtigt, dass alle, die am Abendmahl teilnahmen, von dem Wein tranken?«

»Was denn sonst? Es war damit zu rechnen, dass jeder Besucher der Messe herantreten und Brot und Wein empfangen würde, wie es der Brauch ist.«

»Aber dazu ist es nicht gekommen. Das Gift war derart beschaffen, dass mit Sicherheit nur der Erste, der davon trank, sterben würde, und sein Tod würde allen anderen eine Warnung sein, nicht davon zu trinken. Und genau das ist geschehen.«

»Wenn der Wein nur für den Gallier bestimmt war, wie konnte derjenige, der den Wein vergiftet hat, wissen, dass er als Erster vortreten und das Abendmahl empfangen würde?«

»Gut geschlussfolgert. Wenn der Gallier hier zum Gottesdienst kam, hat er da jedes Mal die Kommunion erhalten?«

»Ja.«

»Hat er immer am selben Fleck in der Kirche gestanden?«

»Ich glaube, ja, das war so.«

»Wann ist er jeweils vorgetreten, um Wein und Brot zu empfangen?«

Cornelius zog die Augenbrauen hoch und überlegte. »Er war stets der Erste. Nach ihm kam seine Schwester. Sie standen immer an derselben Stelle vor dem Altar.«

»Hmhm. Eins noch, bist du durch die Sakristei in die Kirche gegangen?«

»Ja.«

»War Diakon Tullius schon vor dir da?«

»Ja. Er stand an der Tür und verschaffte sich den Überblick, wie viele Gläubige kamen.«

»Hatte er den Wein bereits in den Kelch gegossen?«

»Das weiß ich nicht«, gestand Pater Cornelius. »Tullius machte mich darauf aufmerksam, dass Miseno in der Kirche geblieben war, und ich bin sofort auf ihn zugegangen. Ich glaube, als ich die Sakristei verließ, hatte Tullius den Krug in der Hand.«

Nachdenklich rieb sich Fidelma das Kinn. »Das wäre erst einmal alles, Pater. Sag bitte Abt Miseno, er möchte zu mir kommen.«

Der Abt kam, lächelte und setzte sich. »Nun, wie steht es? Bist du schon einen Schritt weiter?«

Fidelma überging sein Lächeln und fragte unvermittelt: »Wie ich höre, möchtest du Pater Cornelius aus seinem Amt entfernen?«

Abt Miseno verzog das Gesicht und musste erst mit sich selbst zu Rate gehen. »Ich hätte die Befugnis dazu. Doch was hat das mit dem vorliegenden Fall zu tun?«

Anstatt ihm zu antworten, erkundigte sich Fidelma: »Hat Pater Cornelius bei der Erfüllung seiner Pflichten versagt?«

»Ich bin nicht zufrieden mit ihm.«

»Ah so. Die Gründe, weswegen du ihn seines Amtes entheben willst, haben also nichts mit seinen theologischen Ansichten zu tun?«

Der Abt kniff die Augen zusammen. »Du bist eine geschickt vorgehende Ermittlerin, Fidelma von Kildare.«

»Du hast selbst gesagt, du hättest gelernt, wie eine dálaigh, eine Anwältin bei den Gerichten meines Landes, vorgeht. Es ist meine Aufgabe, Fragen zu stellen und aus den Antworten Schlüsse zu ziehen. Deshalb frage ich noch einmal, hat eine mögliche Amtsenthebung von Cornelius etwas mit seinen religiösen Auffassungen zu tun?«

»Ich verhalte mich in solchen Dingen wahrhaftig unvoreingenommen«, erwiderte der Abt. »Cornelius wird dir das natürlich anders darstellen.«

»Welchen Grund hast du also, ihn zu entlassen?«

»Cornelius ist seit drei Jahren hier. Ich glaube nicht, dass er seine kirchlichen Aufgaben mit gebührendem Eifer erfüllt. Es gibt Gerüchte, dass er eine Geliebte hat und dass er sich über mehr als eine Doktrin der Kirche hinwegsetzt. Sein Diakon, eine treue, zuverlässige Seele, hält die Gemeinde trotz des Verhaltens von Pater Cornelius beisammen. Und nun hat Christus Höchstselbst dargetan, dass Cornelius der Priesterschaft unwürdig ist.«

»Wie denn das?«, entfuhr es Fidelma, die Abt Misenos Logik nicht folgen konnte.

»Das Gift im Abendmahlswein bezeugt es.«

»Beschuldigst du Pater Cornelius, der Giftmischer zu sein?« Sie war erstaunt über eine derart unverhohlene Anschuldigung.

»Nein, das nicht. Aber wenn er ein dem Glauben treu ergebener Priester wäre, dann hätte die Transsubstantiation stattgefunden und der Wein wäre nicht länger vergiftet gewesen. Obwohl er Gift enthielt, hätte er sich in Christi Blut verwandelt, denn die Konsekration hätte ihn gereinigt.«

Dieser Gedankengang verwirrte Fidelma vollends. »Dann hätte sich ja tatsächlich ein Wunder ereignet.«

Abt Miseno war verstimmt. »Ist nicht die Transsubstantiation ein Wunder, das sich Tag für Tag in allen Kirchen der Christenheit vollzieht?«

»Ich bin kein Theologe. Mich hat man gelehrt, diese Wandlung sei ein symbolischer Vorgang, kein realer.«