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«Und du kennst ihn?«

«Nicht persönlich! Wer hat Don Alfonso schon persönlich gesehen? Ich nehme an, seine eigene Familie weiß nicht, daß er Don Alfonso ist, und seine Geliebten rufen ihn sicherlich >tesorito<, aber nie Alfonso. Wie steht's übrigens mit deinem Spanisch? Damals konntest du es ganz gut. Was heißt >tesorito<?«

«Schätzchen.«

«Bravo!«Fachtmann klatschte in die Hände.»Übermorgen wirst du in der Emerald-Street mit Alfonso sprechen. Daß er dich in sein Bürohaus kommen läßt, ist eine so hohe Auszeichnung, als stecke er dir einen Ordensstern an die Brust. Woher ich Don Alfonso kenne? Er steht mit unserer Fabrik in Geschäftsbeziehungen. Kauft jährlich für 3 Millionen Medikamente, Desinfektionsmittel, Verbandmaterial. Vor allem Antibiotika. Im Minengebiet herrscht ein Klima. Junge, Junge! Und Hygiene ist ein Wort, das aus der Mondsprache stammen muß. Als ich Alfonso andeutete, daß ein deutscher Arzt unter gewissen Umständen als idealistischer Idiot zu den Schürfern ziehen will, war er sehr interessiert.«

«Was nennst du gewisse Umstände?«fragte Dr. Mohr vorsichtig. Kolumbien fing an, sich so zu verändern, wie er es erwartet hatte. Das Abenteuer begann bereits in der Bar von Roberto.

«Neben deiner Bezahlung als Arzt auch einen Anteil an den Smaragden, die du findest. Ich habe vorgeschlagen 50: 50!«

«Ewald, ich bin Arzt und kein Smaragdsucher.«

«Das wird sich von allein ergeben. Jetzt darüber zu diskutieren, wäre müßig. Du wirst automatisch in die Stollen kriechen und von den grünen Steinen fasziniert sein. Dem habe ich vorgebeugt. Don Alfonso ist mit 50: 50 einverstanden.«

«Und er bezahlt mich auch als Arzt?«

«Nur als Mäzen! Angestellt wirst du vom Gesundheitsministerium. Aber das staatliche Gehalt ist so miserabel, daß bisher kein Arzt in die Kordilleren gegangen ist. Das tun nur deutsche oder schweizer Idealisten. Darum legt Don Alfonso heimlich ein paar hundert Pesos drauf. und die 50 % Schürfrechte! Du kannst Millionär werden, Pit! Weißt du übrigens, wie die Schürfer heißen?«

«Guaqueros.«

«Du wirst immer besser, Junge.«

«Ich habe in den letzten Tagen alles gelesen, was man über die kolumbianischen Minen weiß. Das ist wenig. Ich habe aber erfahren, daß sie seit 1974 geschlossen sind und von 3 Bataillonen bewacht werden.«

«Habe ich dir doch geschrieben, Othello!«

«Ich hab's aber nicht geglaubt. Daß so etwas möglich ist in unserem Jahrhundert: Edelsteinsuche mit dem Revolver in der Hand.«

«Das wäre das wenigste. «Fachtmann trank seinen Wein aus.»In Penasblancas gibt es nur noch Menschen, die aussehen wie Menschen. Ihre Mentalität aber ist absolut raubtierhaft. Das richtige Arbeitsfeld für dich.«

«Und was versprichst du dir davon, Ewald?«Das war die Frage, auf die beide die ganze Zeit gewartet hatten. Fachtmann lachte etwas gequält.

«Wenn du Millionär geworden bist, hoffe ich, daß ein paar Tröpfchen in mein wüstenleeres Portemonnaie fallen. Ich weiß, es ist schäbig: Du hast die Arbeit vorne im Dreck, und ich halte hinten nur die Hand auf. Aber erkenne an: Ich habe dir die Chance vermittelt, das große Abenteuer zu erleben. Ich selbst — das gebe ich ohne rot zu werden zu — bin für diesen Job viel zu feige! Das ist etwas für Männer wie dich. Außerdem bist du Arzt, und das ist da draußen so etwas wie eine kugelsichere Weste.«

Das Bürogebäude von Don Alfonso Camargo war ein Neubau in der Emerald-Street, mit Marmorplatten verkleidet, vollklimatisiert und mit einem Portier neben der Eingangshalle, der mehr einem

Zuchthauswächter glich. Er saß in einer Kabine aus schußsicherem Panzerglas, umgeben von Hebeln und Knöpfen, die rot oder grün schimmerten und anscheinend im Notfall einen elektronischen Krieg auslösen konnten. Vor einer Schranke stand ein Mikrofon. Jeder Besucher mußte hineinsprechen, sich anmelden und sagen, was er wollte. An die Portiersloge kam man erst gar nicht heran.

Fachtmann hatte Dr. Mohr vor dem Gebäude abgesetzt und ihm Hals- und Beinbruch gewünscht. Sie hatten ausgemacht, sich in einem Cafe auf der Rambla zu treffen.

Der Portier musterte Dr. Mohr und schätzte ihn ab. Dann ertönte aus einem Lautsprecher an der Hallendecke:»Amerikaner, Sir?«

«No!«sagte Mohr in das Mikrofon.

«Engländer? Franzose?«

«Weder noch. Deutscher!«

«Danke. «Der Portier blickte auf eine Liste vor sich. Hatte er vorher englisch gesprochen, sprach er jetzt spanisch.»Sie sind Dr. Peter Mohr aus Hamburg?«

«Genau.«

«Gehen Sie durch die Glastür, nehmen Sie den Fahrstuhl Nr. III und fahren Sie bis zum neunten Stockwerk. Dort holt Sie Senori-ta Teresa ab.«

«Ich werde mir Mühe geben, alles zu behalten«, sagte Mohr etwas sarkastisch.»Keine Röntgenkontrolle?«

«Bei Ihnen nicht, Don Pedro.«

Ach ja, dachte Mohr. Stimmt ja. Ich heiße jetzt Pedro statt Peter. Don Pedro. Die Glastür summte leise, als er sie aufdrückte, dann stieg er in den Lift Nummer III, tippte auf die Taste mit der Zahl 9 und wurde sanft nach oben getragen. Als sich die Tür wieder öffnete, stand eine hübsche, schwarzäugige Senorita da und lächelte ihn engelgleich an. Eigentlich wie bei allen großen Firmen, dachte Mohr. Die Sekretärin erwartet den Gast des Chefs. Nichts deutete daraufhin, daß hier für einige Millionen Mark Smaragde sinnbildlich von Blut reingewaschen werden.

Senorita Teresa führte Dr. Mohr in ein Zimmer mit alten spani-schen geschnitzten Möbeln, hohen Lehnstühlen und einem riesigen Schlachtengemälde an der Wand. Es zeigte die Eroberung Kolumbiens durch die spanischen Konquistadoren. Gepanzerte Reiter hieben auf wildbemalte Indianer ein. Auf einem Hügel stand ein Bischof und hob segnend das Kreuz über das Gemetzel. Die Kultur kam nach Südamerika. Angeekelt setzte sich Dr. Mohr. Senorita Teresa hatte ihn allein gelassen.

Plötzlich zuckte er zusammen. Aus der Wand klang eine deutliche, kaum verzerrte Stimme. Sonor, gut klingend, ein warmer Bariton.

«Ich begrüße Sie, Dr. Mohr!«sagte die Stimme.»Wie ist Ihr Spanisch? Soll ich lieber deutsch sprechen?«

«Bleiben wir bei Spanisch. Es wird ja vielleicht für die nächste Zeit meine Sprache werden. «Dr. Mohr blieb sitzen. Er gab sich keine Mühe, den Lautsprecher zu suchen.»Ich danke Ihnen für die Begrüßung, Don Alfonso.«

«Dr. Fachtmann hat mir nicht zuviel versprochen. Sie sind ein Mann, dem man ein Leben in Penasblancas zutrauen könnte.«

Aha, dachte Dr. Mohr. Irgendwo sind auch eingebaute, unsichtbare Fernsehkameras. Er kann mich genau beobachten. Ewald hat nicht gelogen oder übertrieben: Niemand kennt Alfonso Camargo, aber er kennt alle. Im Grunde mit einem ganz billigen Trick.

«Noch habe ich mich nicht entschieden«, antwortete Dr. Mohr.»Um es vorweg zu nehmen: Es geht mir nicht um die Pesos. Ich komme aus einem vermögenden Elternhaus. Mich interessieren auch nicht die 50 % Schürferlöse, weil sie zu irreal sind. Ich will als Arzt zu den Minen, nicht als Guaquero! Und als Arzt stelle ich Bedingungen, bevor ich losziehe.«

«Ich höre«, sagte die Stimme von Don Alfonso.»Ich habe sonst grundsätzlich etwas gegen Fremde, die ihre Nasen in unser Geschäft stecken. Wir haben Unruhe genug in den Minen, und jeder Fremde stellt zunächst einen Feind dar! Sie wollen Forderungen stellen — ich auch! Ich will — und für diese Aufgabe scheinen Sie mir der richtige Mann zu sein —, daß vor allem in Penasblancas in die Schürf-kolonnen ein anderer Zug kommt. Den Guaqueros fehlt der >Kopf<. Sie verstehen, was ich meine. Diese Menschen dort sind wie Wilde, aber wenn man sie richtig organisiert, können sie viel mehr leisten! Von uns aus ist das unmöglich durchzuführen. Sieben sogenannte Inspektoren, die ich nach Muzo schickte, sind einfach abgeknallt worden. Aber Sie, als Arzt, werden bald eine Macht über diese Menschen haben, daß Sie auch Reformen durchsetzen können.«