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Buch

Zwei spektakuläre Diamantendiebstähle erschüttern die Welt der Schmuckhändler. Francis Roundell, Sicherheitschef des renommierten Auktionshauses Christie’s in London ahnt einen Zusammenhang zwischen den Überfällen und dem großen Interesse zweier Männer an einer Versteigerung, die mehr als zwanzig Jahre zurückliegt: Damals hatte Christie’s einen ebenso wertvollen wie außergewöhnlich schönen Stein in einem Katalog aufgeführt.

Experten hielten ihn für den seit 1920 spurlos verschwundenen geheimnisumwitterten Florentiner. Kurz vor der Versteigerung war das Angebot ohne Kommentar zurückgezogen worden. Soll es tatsächlich Zufall sein, dass die zwei Männer ausgerechnet zum Zeitpunkt der Raubüberfälle alles über diesen Stein von damals wissen wollen? Francis Roundell glaubt nicht daran. Er wittert das große Geschäft für Christie’s und beauftragt die beste Schmuckexpertin des Hauses, Marie-Claire de Vries, die Geschichte des Florentiners zu recherchieren. Könnte es sein, dass dieser Diamant, den Kaiser und Könige trugen und der allen Unglück brachte, wieder aufgetaucht ist? Gehören die beiden geraubten Diamanten etwa zum Florentiner?

Ihre Nachforschungen führen Marie-Claire nicht nur an die Schauplätze, an denen der Florentiner seine geschichtsträchtige Rolle spielte, sondern sie lernt außer den beiden undurchsichtigen Männern auch einen steinreichen indischen Schmuckhändler kennen. Alle wollen den Florentiner finden, doch aus welchem Grund? Sind die Motive der drei geheimnisvollen Schmuckliebhaber tatsächlich so selbstlos, wie sie bekunden? Oder treibt sie doch nur die nackte Gier? Und welches Interesse hat der Orden der Ritter vom Goldenen Vlies an dem Florentiner? Marie-Claire erliegt nicht nur der Faszination des Diamanten, sondern auch dem Charme der drei Männer, bis sie erkennen muss, dass sie sich damit in höchste Gefahr begeben hat. Trifft auch sie die fatale Macht des sagenumwobenen Diamanten?

Autor

Rolf Ackermann, 1952 in Duisburg geboren, hat mehrere Sachbücher veröffentlicht. Sein langjähriger Aufenthalt in Ostafrika hat ihn zu seinem ersten Roman, Die weiße Jägerin, inspiriert, der 2005 erschienen ist. Zurzeit lebt Rolf Ackermann in Wien.

Widmung

Béatrice: Woher nimmst du nur die Geduld und Kraft, deinen manchmal in schriftstellerischen Sphären über den irdischen Dingen schwebenden Mann so liebevoll und zudem noch, als wissenschaftliche Ratgeberin, so kompetent zu unterstützen?

In diesem Buch ist viel von dir. Und das ist gut so! Meinen Söhnen, Tobias und Philippe, möchte ich mit diesem Buch aufzeigen, wie spannend und gleichsam unterhaltsam Geschichte sein kann. Es sind nicht immer die Fakten, die zählen.

Die Dinge dazwischen, die unsichtbaren, das Menschliche macht das wahre Leben aus …

Und also werden die Edelsteine von Feuer und Wasser

erzeugt, deshalb haben sie auch Feuer und Wasser und

viele Kräfte und Wirkungen in sich …

»Physica« von Hildegard von Bingen (1098-1179)

1. Kapitel

Freiherr Georg Ludwig von Hohenstein kannte den Mann in seinem Traum nicht. Weder hatte er jemals zuvor die Stimme gehört, noch diese Augen schon einmal gesehen. Ein komplettes Gesicht hatte der Mann nicht, aber er wirkte bedrohlich. Seine Augen zeigten einen Schimmer von Hass und sein französischer Befehl hallte wie ein Peitschenschlag durch Georgs Traum.

»Reveillez!«

Freiherr von Hohenstein drehte sich mürrisch auf die Seite, zog die Bettdecke über die Schulter und versuchte den Traum zu verdrängen. Dann hörte er Klara hinter sich sprechen. Ihre Hand lag auf seiner Schulter. Sie sprach mit gepresster Stimme, angsterfüllt und panisch. Plötzlich wusste er, dass es kein Traum war.

»Georg …«, stotterte sie.

Er versuchte sich aufzurichten, aber etwas presste ihn mit einem kalten Gegenstand auf das Kopfkissen zurück. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der Mann mit den hasserfüllten Augen Wirklichkeit geworden war. Er stand direkt vor ihm am Bett und richtete eine Pistole auf ihn. Die Mündung zeigte genau zwischen Freiherr von Hohensteins Augen. Im diffusen Morgenlicht des Schlafzimmers waren noch andere Gestalten zu erkennen. Sie huschten umher und trugen alle Kapuzen. Der Mann vor ihm sprach diesmal sehr leise.

»Guten Morgen, Monsieur Freiherr von Hohenstein …« Es klang seltsam. Er strengte sich an, das H auszusprechen, aber es gelang ihm nicht. Als sei ihm das peinlich, räusperte er sich kurz. Dann sprach er in exzellentem Deutsch mit einem sehr eigentümlichen Akzent.

»Ich bedaure, Ihre Nachtruhe so rüde unterbrechen zu müssen, Monsieur, aber ich muss Sie und Ihre werte Gattin bitten, mir Ihre geschätzte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Wir müssen über unaufschiebbare geschäftliche Belange sprechen.«

Freiherr Georg von Hohenstein wunderte sich über die gewählte Ausdrucksweise des Mannes mit der Pistole.

»Was wollen Sie?«, presste er hervor. Er versuchte bei seiner Gattin nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, er habe Angst. Aber er hatte Angst. Panische Angst. Und seine Stimme verriet ihn: »Ich habe nicht viel Bargeld im Hause. Nehmen Sie …«

»Ich will Ihr Geld nicht. Ich will den Sancy!«

Freiherr von Hohenstein stockte der Atem. Die Hand seiner Frau, die auf seiner Schulter lag, zuckte merklich. Der Sancy! Woher wusste dieser Einbrecher, dass der Sancy im Haus war? Woher wusste er, dass der Brillant morgen zu einer Ausstellung über den Schmuck der preußischen Könige ins Schloss Charlottenburg nach Berlin gebracht werden sollte und nur deswegen am Tag zuvor aus der Panzerglasvitrine herausgenommen worden war und zusammen mit den anderen Schmuckstücken im Safe lag – allein durch die Stahltür geschützt?

»Alle Wertsachen sind in einem Tresor mit Zeitschloss. Der Sancy auch. Der Tresor ist erst wieder am Montag zu öffnen«, log er.

Der Mann mit der Pistole nickte einem seiner Begleiter zu. Er schien verärgert zu sein. Die Morgensonne schien jetzt in den Raum. Aus den Umrissen der anderen Männer wurden große, klar erkennbare Gestalten, die alle blaue Overalls trugen. Einer war kleiner, fast schmächtig, die beiden anderen waren muskulös. Sie schienen keine Waffen zu haben. Der Schmächtige trat an das Bett.

»Drehen Sie sich langsam um«, befahl der scheinbare Anführer Georg von Hohenstein. Mit dem Pistolenlauf drückte er ihn unmissverständlich zu jener Seite hin, wo seine Frau lag. Langsam drehte sich Freiherr von Hohenstein um. Seine hellen Stirnhaare fielen ihm ins Gesicht. Er erschrak. Klara lag auf dem Rücken. Die Bettdecke hatte sie bis zum Mund hochgezogen. Mit panischen Augen schaute sie ihn an. Schweißperlen rannen ihr über das Gesicht. Todesangst verfärbte ihren ohnehin fahlen Teint grau-weiß. Der Schmächtige trat an ihr Bett heran und riss die Bettdecke weg. Klara schrie lautlos-entsetzt auf. Ihr von Furcht erfüllter Blick verriet, wovor sie Angst hatte. Ohne die Reaktion seines in Angst erstarrten Opfers abzuwarten, presste der Mann Klara seine Hand auf den Mund und riss ihr brutal das Nachtkleid vom Leib. Freiherr von Hohenstein bäumte sich kurz gegen den Druck der Pistole in seinem Nacken auf, aber er wusste, dass das sinnlos war. Seine Frau lag wie gelähmt auf dem Bett mit dem dunkelroten Seidenbezug. Tränen rannen ihr über die Wangen.

Im Raum herrschte plötzlich eine eigentümlich angespannte Atmosphäre. Der Schmächtige taxierte Klara von Hohenstein ungeniert.

»Bitte tun Sie ihr nichts …«, wollte Freiherr von Hohenstein seine Bereitschaft, den Tresor zu öffnen, artikulieren, aber der Mann hinter ihm steckte ihm den Lauf der Waffe von der Seite her in den Mund.