Выбрать главу

    Als die Nacht ganz hereingebrochen war, nahm er das Pferd des erschlagenen Indianers am Zügel und hieß Fernando und Antonio ihm mit den Maultieren folgen. Sie kamen glücklich trotz der Dunkelheit durch die Höhle und erreichten die Schlucht, die nach dem Wege führte.

    "Laßt uns hier harren, wir müssen zu allem bereit sein; die Nacht wird dunkel, wie ich sehe, kein Stern leuchtet am Himmel."

    Schweigend harrten sie so geraume Zeit im Schatten der Felsen.

    Mehrmals schlich Alonzo zur Straße und lauschte - kein Laut war zu vernehmen.

    Als er zum dritten Male zurückkehrte, sagte er leise, triumphierend: "Die Umstände sind für uns günstig, der Sturm naht von Norden und er ist furchtbar in diesen Felsen."

    Er hatte kaum ausgesprochen, als ein Sausen sich hören ließ, das vom Himmel herunter zu kommen schien.

    "Ah, er kommt schon, unser Freund aus Norden, gebt acht, er wird sich noch ganz anders vernehmen lassen. O wie ich ihn liebe, wenn er einherjagt und die Wolken hetzt, wie ein Jaguar die Bergschafe." Das Sausen verwandelte sich in ein dumpfes Heulen und selbst in ihrer geschützten Stellung spürten sie den Lufthauch. Große Tropfen begannen hernieder zu fallen.

    "O schön, auch der Regengott ist den Roten feindlich, denn sie können seine Tränen nicht ertragen. Brause, Sturmwind, weinet ihr Wolken - reitet voran auf Sturmesflügeln und scheuche die Feinde. Wir wollen es wagen, haltet die Machete bereit, der Büchsen wollen wir uns nur im Notfall bedienen. Überlaßt euch den Tieren und folgt mir. In den Sattel!"

    Alle drei stiegen auf und Alonzo, sein unruhiges Tier mit indianischen Schmeichelworten beruhigend, ritt voran.

    Als sie jetzt in den Felsweg einbogen, fühlten sie die ganze furchtbare Gewalt des Sturmes.

    Von den mit ewigem Eise bedeckten Höhen der Bergriesen herab sauste er mit elementarer Gewalt über Felsen und Berge, durch Schluchten und Wälder hernieder, dunkle Wolken vor sich herjagend und Schauer kalter Regenstürme niedersendend.

    Ein Heulen war ringsum vernehmbar, ein Pfeifen, Zischen, Sausen, das sinnbetäubend wirkte.

    Die Erde schien ringsum zu beben.

    Der Kreole und der Mestize zitterten vor der unheimlichen Macht der in wildestem Grimme entfesselten Naturgewalten, deren Toben umso schreckenvoller war, da eine Finsternis sie umgab, die kaum das Nächste zu erkennen erlaubte.

    "Es ist gut so!" klang die Stimme des Knaben dumpf zu ihren Ohren.

    Halb bewußtlos trieben sie ihre Pferde an, diese folgten zitternd, fast betäubt von der Wucht der Regentropfen.

    Immer rasender brauste der Orkan einher, bald in tiefen langgezogenen Tönen heulend, bald hell klingende Laute den Felsen ringsum entlockend, ein Konzert voll grauenhafter Majestät.

    In wenigen Augenblicken waren die Reiter durchnäßt bis auf die Haut und doch fühlten sie es kaum in dem Schrecken der Stunde.

    Enger und enger wurde der ansteigende Weg, der zum Wächterhause führte und je mehr die Felsenwände zu ihren Seiten näher traten, umsomehr zischte es über ihnen, hinter ihnen, um sie her.

    Den Gefährten Alonzos, denen die Stürme des Hochgebirges fremd waren, deuchte es, als ob die Welt zu Grunde ginge, und sie murmelten Gebete vor sich hin. Aber gehorsam, trotz allen Aufruhrs der Natur, schritten die angstvoll schnaubenden Tiere weiter. Jetzt nahte die gefährliche Stelle. Alonzo hielt sein Pferd an, und verzweiflungsvoll umklammerten die Männer ihre Waffen.

    Aber was war der Zorn der Menschen gegen den Grimm der Naturgewalten? Als ob er Felsen entwurzeln wolle, sauste der Sturm einher.

    Ein dumpfes Krachen und Poltern ließ sich hinter ihnen vernehmen, Felsstücke mußten herniedergesaust sein. 

Immer rasender brauste der Orkan daher.

Stumm und dunkel lag das Wächterhaus da, vom Nordsturm umheult - mit Regenströmen übergossen - schattenhaft vermochte Alonzo es zu erkennen. Waren die Wächter aufmerksam, dann genügte ein Loslassen von Felsbrocken, die zu dem Zwecke aufgehäuft lagen, um in ihren Weg geschleudert zu werden, und dies war sichere Vernichtung; der Ausgang war dann versperrt und die Büchsen machten ihrem Leben ein rasches Ende, oder, was noch schlimmer war, lieferten sie in die Gewalt der grausamen Feinde zurück.

    Einen Augenblick bebte auch der kühne Jüngling. Aber alles war still im Wächterhaus. Die Naturgewalten, die entfesselt einhertobten, bändigten die Wilden, füllten ihre Seelen mit abergläubischen Schauern, denn die Geister der Vernichtung schritten im Sturme einher. - "Vorwärts!" befahl der Jüngling.

    Und eingehüllt in Nacht und Sturm, beschützt vom Grauen der Stunde, legten sie die gefährliche Strecke zurück.

    Das Wächterhaus lag hinter ihnen.

    Bald senkte sich der Weg und wurde breiter.

    Jetzt schrie Alonzo seinen Begleitern zu, daß die größte Gefahr hinter ihnen liege.

    Neue Hoffnung füllte die bebenden Herzen.

    Sicher schritten die des Weges gewohnten Tiere weiter, trotz Sturm und Regen.

    Um einen Felsen biegend, fühlten sie die Wucht des Orkanes weniger, auch der Regen ließ nach.

    Alonzo, der die Bodengestaltung hier kannte, lenkte in eine Schlucht zu ihrer Rechten ein, wo sie unter dem Schutze eines überragenden Felsens Halt machten. Hier waren sie der Gewalt des Sturmes entzogen und den Regenströmen weniger ausgesetzt.

    "Wir müssen hier harren, denn unseren Weg kreuzt ein Bach, der jetzt tobende Fluten in die Tiefe wälzen wird, wir müssen warten, bis seine Wasser abgelaufen sind."

    Sie hatten Büsche und einige Bäume vor sich. Der Aufforderung Alonzos folgend, stiegen alle ab, banden die Tiere an, und suchten unter des Knaben Leitung eine enge, bedeckte Felsspalte auf, wo sie sich aneinandergedrängt fröstelnd niederkauerten.

    Immer noch tobte draußen der Sturm durch die finstere Nacht, doch seine grimmigste Wut schien gebrochen zu sein. - Lange harrten sie so, schwächer und schwächer ward das Tosen der Lüfte, der Regen hatte längst aufgehört und schon waren einzelne Sterne zu erkennen.

    Langsam dämmerte der Morgen herauf, und rötliche Strahlen zuckten über den jetzt klaren Himmel.

    "Zu Pferde! Wir müssen versuchen, den Bach zu kreuzen."

    Es war kühl geworden und Fernando, der an wärmere Temperatur gewöhnt war, zitterte vor Frost. Antonio, ein Bewohner der Vorberge, ertrug die Kälte leichter. Der Knabe in seinem dünnen Gewande schien unempfindlich zu sein.

    Sorgfältig hatten sie nach den Büchsen gesehen. Deren Schlösser waren, dank der Vorsicht, mit der sie im Regen geschützt worden waren, trocken geblieben.

    Alonzo ritt voran und befahl, daß die beiden anderen hundert Schritte hinter ihm reiten sollten.

    Am Rande eines in steinigem Bette rinnenden Baches hielt er; das Gebirgswasser war schnell, wie es gekommen, zur Tiefe weiter gestürzt, der Bach war seicht.

    Er winkte die beiden anderen heran, gab Fernando die Zügel seines Pferdes und sagte: "Wartet hier, ich will auf dem Wege ausschauen."

    Dann schritt er durch das Wasser und verschwand um einen Felsen, an dem der Weg herlief.

    Nach einiger Zeit kehrte er zurück.

    "Der Weg ist frei, so weit ich sehen konnte." Vorsichtig leiteten sie dann ihre Tiere durch den mit Geröll gefüllten Bach, stiegen wieder auf und ritten weiter, Alonzo mit gleicher Vorsicht immer weiter voran.