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    Nach einer Weile sagte der vorsichtige Indio: "Wenn ich Sennor als Peon dienen soll, muß er mir auch Handgeld geben."

    "Gut, mein Bursche, hier hast du einen Peso." Er griff in die Tasche und gab ihm das Silberstück, das der Indianer mit unverkennbarer Freude einsteckte. "So und nun reite hinter mir, wie es sich für einen Peon geziemt."

    Demütig hielt der Rote sein Tier an und ließ dem neuen Herrn einigen Vorsprung.

    Tejada strich seinen Schnurrbart: "So, nun kommen wir wirklich als Caballero in die Llanos. Hoffentlich macht sich das Geschäft dort."

    Er ahnte nicht entfernt, daß ein auf seine Spur gesetzter Spürhund in dem Indio Maxtla hinter ihm ritt.

Zehntes Kapitel.

Alonzo und Eugenio

    In wunderbarem Sonnenschein lag das Land da. Weithin dehnte sich nach Norden und Osten die unabsehbare Fläche aus, auf der zahlreiche Rinderherden, bewacht von wohlberittenen Hirten, weideten. Im Westen erhob sich in der Ferne das Gebirge - nach und nach hoch ansteigend, bis seine Gipfel in den Wolken verschwanden.

    Die Landschaft belebend, rann der wasserreiche Fluß durch die Ebene, um seine Fluten dem Meta zuzuführen, der sie an den windungsreichen Orinoko abgab.

    In weiter Ausdehnung lagen hier die Sennor Vivanda gehörenden Ländereien, die unter sorgsamer Bewirtschaftung einen überaus wohltuenden Eindruck hervorriefen und von dem Reichtum und der Macht des Gebieters sprachen.

    In den Feldern zeigten sich die kleinen Häuser der Arbeiterfamilien, unter denen Indianer zahlreich vertreten waren.

    Von parkartigen Anlagen umgeben, lag das niedrige, luftige, von schattigen Veranden eingefaßte, umfangreiche Herrenhaus da, unweit des langsam dahinströmenden Flusses. Weiterhin erblickte man Felder, die abwechselnd mit Tabak, Mais und Kaffeebäumen bestanden waren, zwischen denen sich hie und da eine stattliche Palme oder ein alter Ceibabaum erhoben.

    Es war ein großer und stattlicher Herrensitz, den sich die Vivandas, die einer alten spanischen Familie entstammten, hier geschaffen hatten, und ihre Ländereien umfaßten mehrere Quadratleguas.

    Die Bewachung der zahlreichen Herden, die Bewirtschaftung der ausgedehnten Ländereien erforderte eine zahlreiche Schar von Hirten und Feldarbeitern.

    Auf der Veranda des Herrenhauses, die nach Norden hin lag, stand Alonzo, der Sohn Pedro d'Alcantaras, der hier, da niemand außer dem Sennor und dessen Bruder, dem Cura, seine Abstammung kannte, mit dem Namen des Herrn von Otoño Vivanda genannt wurde, was umso näher lag, als er wie der Sohn des Hauses behandelt wurde, und blickte sinnend ins Weite.

    Fünf Jahre waren seit dem Tage verflossen, wo er den Jaguar niederschoß, und Alonzo war zu einem Jüngling von seltener Kraft und Anmut erwachsen. Hoch und schlank von Gestalt zeugten doch die breiten Schultern, die gewölbte Brust von einer vollendeten körperlichen Entwicklung. Und diese Gestalt trug ein Haupt von einer seltenen, ernsten Schönheit. Das Gesicht, nicht ganz dem spanischen Rassetypus entsprechend, erinnerte an die Bildnisse der Griechenjünglinge, die bei Marathon kämpften. Aber die frische Lebenslust, die die jungen Hellenen auszeichnete, fehlte diesem Gesicht. Die furchtbaren Jahre der Gefangenschaft bei den Wilden hatten ihm einen Ernst aufgeprägt, der nur selten einem Lächeln wich. Es war trotz aller Jugendlichkeit der Züge das Antlitz von männlichem Charakter, dem der feste Blick der dunklen Augen, die unter einer breiten, schön geformten Stirn leuchteten, den Ausdruck von Entschlossenheit gaben.

    Dieser junge Caballero, dessen Haltung von der Gewöhnung an die Manieren der guten Gesellschaft zeugten, war der einstige Gefangene der wilden Aimaràs.

    Sein gutes Geschick hatte ihn in die Obhut Don Sebastian Vivandas, des Curas gegeben, eines Mannes von seltener Herzens- und Geistesbildung, der, des mörderischen Parteihaders in der Hauptstadt des Landes überdrüssig, seine Stellung an der Kathedrale Bogotás als Pfarrer aufgegeben hatte, um auf den Besitzungen seiner Familie, unter den Bewohnern der Llanos seine geistlichen Funktionen in stillem Frieden weiter auszuüben.

    Don Sebastian hatte den wilden, trotzigen Knaben, den Gefangenen der Aimaràs, den Retter seiner Nichte vor tödlicher Gefahr, alsbald in sein Herz geschlossen und ihn mit der Zärtlichkeit eines Vaters behandelt.

    Er wußte dem jungen Wilden, der seiner Muttersprache nicht mehr ganz mächtig war, der weder lesen noch schreiben konnte, klar zu machen, daß, ehe er mit Erfolg als der Sohn und Erbe seines Vaters auftreten könne, er sich die Eigenschaften des jungen Caballeros zu eigen zu machen habe, und daß dann immer noch der geeignete Zeitpunkt abgewartet werden müsse, um seine Rechtsansprüche in den politischen Wirren des Landes gegen mächtige und einflußreiche Gegner zur Geltung zu bringen, die, taub gegen die Stimme des Rechtes, die Beweise seiner Abkunft als erlogen, ihn selbst als Betrüger brandmarken konnten.

    Der Knabe sah beides ein und fügte sich geduldig dem klugen und gütigen Berater. Nicht ohne Mühe gewöhnte er, der so lange die Luft der Berge geatmet hatte, sich an die Hitze der Niederung und schwerer noch der Wilde sich an die Gewohnheiten zivilisierten Lebens.

    Aber mit Feuereifer arbeitete er an seiner geistigen Ausbildung und bald fiel es wie Schuppen von seinen Augen; er unterschied wieder die Lautzeichen seiner Sprache, und die ungeübte Hand bequemte sich zum Schreiben, wie sie es in der Kinderzeit bereits gewohnt gewesen.

    Eine wichtige Hilfe hatte der greise Cura ferner an seiner jungen Nichte, die dem Wilden im Schreiben und Lesen Unterricht erteilte.

    Der emporwachsende Jüngling machte große Fortschritte, und der Cura lehrte ihm alles, was er selbst wußte.

    Aber auch an Leibesübungen fehlte es Alonzo nicht, und hier erst in den Llanos lernte er wirklich reiten! Bald aber zwang er das wildeste Pferd, wußte seinen Lauf mit allen Hilfsmitteln zu beflügeln, handhabte Lasso und Lanze gleich dem geübtesten Reiter der Steppe. Seine staunenswerte Geschicklichkeit als Schütze, die von den Llaneros höchlichst bewundert wurde, war ihm geblieben.

    Die beiden Brüder Vivanda waren dem stolzen, ernsten Jüngling, der so eifrig strebte, das, was er versäumt hatte, nachzuholen, von Herzen zugetan.

    Vorsichtig waren Nachforschungen nach Alonzos Verwandten und seinem Eigentum angestellt worden. Seines Vaters Bruder hatte als Verbannter das Land verlassen müssen und lebte vermutlich in Mexiko, dessen Schwester war tot und ihr Gatte ergeben dem einflußreichsten Manne im Staate, dem Minister de Valla. Die Verwandten seiner Mutter lebten fern an der Küste.

    Pedro d'Alcantaras Eigentum hatte der Staat, das ist die zeitige Regierung, eingezogen, und es de Valla für seine Verdienste um das Vaterland als Ehrengeschenk verliehen.

    Der Präsident Don Manuel Obando war zwar ein ehrlicher Mann, aber er war nur Soldat, unfähig, die widerstrebenden Parteien seines Vaterlandes mit Klugheit zu beherrschen, und war ganz in der Hand des schlauen und erfahrenen de Valla.

    So war es zunächst untunlich, Schritte für Alonzo zur Wiedererlangung seines Eigentums zu unternehmen, und der Cura hatte nur einige Freunde ins Vertrauen gezogen, die von dem zeitigen Regimente des Staates, das ist dem Regiment de Vallas, dachten wie er.

    Alonzo, unter dem Schutze der beiden Vivandas herangewachsen, war der Liebling der Llaneros weit und breit und selbst die Indios waren dem Jüngling, dessen Herzensgüte und gerechter Sinn oft genug die stolze Zurückhaltung seines Wesens durchbrachen, aufrichtig zugetan.