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    Alonzo sah ein, daß der Administrator recht hatte, und war selbst erfahren genug, um einzusehen, daß jeder Versuch, sich des Kaziken und Guatis zu bemächtigen, fruchtlos sein werde, wenn nicht der Zufall sie ihm in die Hände lieferte. Hatten sie auch ihn erkannt, dann waren sie gewiß schon auf dem Heimwege.

    In der luftigen Tienda, die er mit seinen Gefährten betrat, ging es munter her, doch sah man keinen Betrunkenen, denn der Spanier ist mäßig im Genuß geistiger Getränke und Farbige wurden hier, wo weiße Caballeros saßen, nicht geduldet.

    Alonzo mit seinen Gefährten nahm an einem der roh gefertigten Tische Platz und bald herrschte die fröhlichste Stimmung unter den jungen Leuten, nur Alonzos Ernst ließ sich nicht verscheuchen, doch daran waren seine Gefährten gewöhnt.

    Mitten durch das Gespräch hindurch hörte Alonzo hinter sich den Namen seines Vaters nennen. Mit großer Vorsicht änderte er seinen Sitz so, daß er die, die in seinem Rücken saßen, sehen konnte.

    Er erkannte einige Hacienderos des Landes und zwischen ihnen einen Mann mit einer adlerartigen Physiognomie, die sich durch starken Schnurr- und Knebelbart auszeichnete. Sein Anblick überraschte Alonzo, er hatte dieses Gesicht gesehen -, aber wo? Der Mann schien seines Vaters Namen genannt zu haben, denn er sagte jetzt: "Ich habe unter Don Pedro gedient, Caballeros, als es gegen Venezuela ging - o, ein glorreicher Capitano. Ein Jammer, daß er so früh ein Ende finden mußte."

    Das Gesicht des Mannes hatte etwas an sich, das Alonzo abstieß. Dennoch bewegte es ihn, einen Kriegsgefährten seines Vaters vor sich zu sehen und diesen rühmen zu hören.

    "Bei uns in Bogotá," fuhr der Mann mit der Habichtsnase fort, "liefen einmal Gerüchte um, ein Sohn Don Pedros sei der Mörderfaust entgangen und die Freude darob war allgemein; leider scheint es sich nicht bewahrheitet zu haben."

    "Nein," sagte einer der älteren Hacienderos, "bei jenem furchtbaren Gemetzel im Tale der drei Quellen ist niemand verschont worden -, Don Pedro und die Seinigen sind bei den Heiligen droben."

    Alle bekreuzten sich.

    "Was gäbe ich, was gäben wir alle darum, wenn noch einer seines Blutes lebte."

    Die anderen schwiegen und mochten so denken wie er -, auch der Redende versank in Schweigen.

    Jetzt durchzuckte es Alonzo wie ein erleuchtender Blitz. - Das war das Gesicht des Mannes, der ihm vor fünf Jahren im Walde begegnete, ehe er das Tal der drei Quellen betrat, des Mannes mit dem blau gestreiften Poncho, der, wie er fest glaubte, den tödlichen Schuß auf Gomez abgegeben hatte.

    Der Mann hatte damals einen Vollbart getragen, aber Alonzo hatte das beobachtende Auge des Wilden, dem nichts entging; das war der Mann.

    Jetzt erschienen ihm seine Äußerungen in einem ganz anderen Lichte. Auch die Warnung des Indianers fiel ihm ein.

    Weshalb sprach der Mann hier von seinem Vater? Alonzo wußte, daß Ursache vorhanden war, seine Abkunft zu verbergen, wenn er auch nicht genau die Gefahren erkannte, die ihn bedrohten - und jetzt stimmten ihn die Äußerungen des Fremden mißtrauisch.

    Er wandte sich wieder zu seinen Gefährten, horchte aber trotzdem nach dem anderen Tische hinüber, doch vernahm er nichts, was seinen Verdacht, daß er in dem Manne einen Feind zu sehen habe, verstärken konnte. Doch unzweifelhaft war es ihm, daß er ihn gesehen, ehe der tödliche Schuß auf Gomez fiel. Er gewahrte auch, daß der Fremde die Gesellschaft der jungen Leute mit verstohlener Aufmerksamkeit beobachtete und sich nach deren Namen erkundigte. Er nahm sich vor, den Mann im Auge zu behalten.

    Nach einiger Zeit brach die Gesellschaft der jungen Leute auf und Alonzo suchte sein Haus auf.

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Alonzo wäre am liebsten gleich den Bergen zugeritten, doch mußte er sich Sennor Vivandas Anweisung, sich in den Kreisen der einflußreichen Landbevölkerung zu bewegen, folgen und tat es auch mit vielem Anstande.

    Wenn er die Stadt oder den Markt außerhalb überschritt, durchforschte sein scharfes Auge die Gruppen der Eingeborenen, doch kein Gesicht stieß ihm auf, das an die Züge der Aimaràs erinnerte.

    Am darauffolgenden Tage fand das Wettrennen statt, an dem nur die Söhne reicher Hacienderos teilnehmen konnten, weil nur auf großen Gütern Rassepferde gezüchtet wurden.

    Dieses Wettrennen war für die jungen Caballeros stets ein Hauptvergnügen, konnten sie doch in Gegenwart der Sennoras und Sennoritas ihre Reiterkünste zeigen.

    Von den Veranstaltern des Wettrennens wurde stets eine höfliche Einladung an die Landleute aus den Bergen gerichtet, am Rennen teilzunehmen, die eines ironischen Beigeschmackes nicht entbehrte, denn diese waren weder in Bezug auf Pferdematerial, noch was ihre Reiterkunst betraf, den Bewohnern der Llanos gewachsen. Sie wurde stets abgelehnt und die Montaneros rächten sich dann durch eine Einladung zu ihrem Wettschießen mit der Büchse, von dem Llaneros wohlweislich zurückblieben.

    Das war so uralter Brauch, der die fröhliche Geselligkeit nicht beeinträchtigte.

    Die Reiterspiele begannen.

    Für die Damen und die älteren Herren waren Sitze im Schatten von hochragenden Bäumen hergerichtet und die gesamte Bevölkerung des Lagers war versammelt.

    Die Spiele begannen mit einem Ringstechen, es folgten die Künste, die im plötzlichen Herumwerfen eines Pferdes bestanden, das Nehmen von Hindernissen, staunenswerte Leistungen der Vaqueros im Lassowerfen. Alles bejubelt von den Zuschauern.

    Alonzo nahm nicht daran teil, er hatte im verflossenen Jahre Siege davongetragen.

    Sein Auge durchforschte die zuschauende Menge.

    Dann aber kam der Glanzpunkt des Festes, das Rennen der jungen Caballeros auf ungesatteltem Pferde. Hieran, was die höchste Reitergeschicklichkeit erforderte, hatte Alonzo versprochen teilzunehmen und zu diesem Zwecke ein von ihm zugerittenes Pferd, einen Fuchs, mitgebracht.

    Siebzehn junge Leute aus guter Familie ritten. Es galt, die rauhe ungeebnete Bahn entlang zu sprengen, einen Pfahl zu umkreisen und zurückzujagen. Vor der Damentribüne war der Zielpunkt.

    Die schlanken Gestalten der Reiter nahmen sich gut aus auf den prächtigen Pferden und es war ein malerisches Bild, als sie jetzt auf ein gegebenes Zeichen abritten.

    Das Terrain war nicht günstig, es zeigte Büsche und Vertiefungen, und eine Hauptschwierigkeit war, den fest eingerammten Pfahl zu umkreisen.

    Einige der Reiter stürmten vor, um die ersten am Wendepunkt zu sein, denn dort entstand oft große Verwirrung.

    Alonzo ritt auf seinem herrlichen Fuchs als letzter.

    Dahin galoppierte die Schar der jugendlichen Reiter. Drei Pferde stürzten, zwei Reiter wurden abgeworfen, ehe nur der erste den Pfahl erreichte. Als dieser eben umgebogen hatte, trafen die drei zunächst folgenden so hart an dem Pfahl aufeinander, daß dem einen das Bein an dem Holze verletzt wurde, so daß er das Rennen aufgeben mußte, und das Roß eines anderen zu Boden geworfen wurde.

    Die nächsten kamen ziemlich glatt um den Pfahl herum, als letzter Alonzo.

    Kaum aber hatte der Reiter den Pfahl hinter sich, als er seinem Fuchs zuflüsterte: "Vorwärts, mein Liebling!" und nun die ganze Kraft und Schnelligkeit seines Pferdes zeigte. Vor ihm stürzten Reiter, Pferde strauchelten und blieben zurück. Noch liefen sieben Pferde vor ihm. Im Nu hatte er vier überholt und nur noch drei vor sich, freilich die besten Renner. Die Aufregung der Zuschauer war ganz unbeschreiblich, als jetzt diese vier dem Ziele nahten.