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    Voran war Leon Castillo auf seinem Rappen. Jetzt aber entfaltete Alonzo seine ganze Reitergeschicklichkeit und trieb seinen Fuchs zu rasendem Laufe an. Bald hatte er nur noch den Rappen vor sich. Vierhundert Schritte trennten ihn vom Ziele und Castillo ritt wohl zwanzig Schritt vor ihm.

    Eine kleine muldenartige Vertiefung liegt vor den Reitern. Castillos Rappe, dessen Reiter ihm nicht rechtzeitig die Sporen gegeben, kommt mit den Vorderhufen hinein, aber wie ein Pfeil fliegt der Fuchs darüber hin.

    Alonzo hat die Führung und unter dem tosenden Viva! der Zuschauer, dem Tücherschwenken der Sennoritas geht er als erster durchs Ziel, zwei Pferdelängen hinter ihm ist der Rappe.

    Donna Juana de Mendoza überreichte dem stürmisch bejubelten Sieger den Lorbeerzweig und dem jungen Castillo einen schön verzierten silbernen Becher.

    "Das nächste Mal werde aber ich siegen, Don Alonzo!"

    "Gern will ich dir nachreiten, es war nur Zufall, daß ich als erster durchs Ziel ging."

    Freundschaftlich schüttelten sich die Sieger die Hände.

    Bald nahte eine Deputation der Bewohner der Berge und lud die edlen Donnas und Sennoras als Zuschauer beim Wettschießen ein, wer aber sich mit der Büchse versuchen wolle, sei willkommen in den Reihen der Schützen.

    Daß Alonzo die Büchse mit Meisterschaft handhabe, wußten nur wenige; bei den Zusammenkünften mit den Landleuten der Berge hatte er sich stets der Teilnahme am Preisschießen enthalten.

    Jetzt redeten ihm die, die wußten, wie er schoß, zu, der Aufforderung der Montaneros doch diesmal zu entsprechen, und Alonzo gab, eingedenk der Ermahnung, sich auch unter den Bergbewohnern Freunde zu suchen, ihrem Wunsche nach.

    Eilig wurde der Deputation mitgeteilt, daß Don Alonzo Vivanda um die Ehre bitte, sich am Wettschießen beteiligen zu dürfen.

    Dies erregte nicht geringes Erstaunen. Seit Jahren hatte es kein Llanero mehr gewagt, mit den trefflichen Schützen der Berge zu wetteifern -, doch hieß man selbstverständlich Don Alonzo willkommen.

    Alonzo ließ seine Büchse und seinen Kugelbeutel holen und begab sich, begleitet von seinen Freunden und gefolgt von einer stattlichen Zahl Hacienderos und deren Damen, nach den Schießständen der Schützen.

    Das Vorschießen war bereits beendigt. Das heißt mehr als hundert Schützen hatten nach einer Scheibe auf hundert Schritt Entfernung je sechs Schüsse abgegeben, doch nur wer unter diesen dreimal das Zentrum getroffen hatte, wurde zum Entscheidungskampfe auf eine dreihundert Schritt entfernte Scheibe zugelassen.

    Nur elf Bewerber um den Preis waren aus diesen hervorgegangen. Erfüllte Alonzo die Bedingung und traf dreimal das Zentrum der näheren Scheibe, durfte er sich zu den Elfen als Zwölfter gesellen.

    Die Ordner und Richter am Schießplatze empfingen den ehrerbietig sich ihnen nahenden Alonzo mit einem Lächeln. Sie sahen die Niederlage des Llaneros voraus.

    Über das Feld aber hatte es sich mit Windeseile verbreitet, Don Alonzo, der Sieger im Wettrennen, schießt mit den Montaneros, und alles war nach den Schießständen gelaufen. Auch Tejada, gefolgt von seinem indianischen Peon, hatte sich dort eingefunden.

    Alles war sehr begierig auf den Ausgang des Wagnisses, sich mit den berühmten Schützen der Berge messen zu wollen. Alonzo wurde mit den Bedingungen des Wettkampfes bekannt gemacht, nach denen er zunächst sechs Schüsse auf die nahe Scheibe abzugeben hatte, unter denen drei ins Schwarze treffen mußten, wenn er zum Hauptkampfe zugelassen werden sollte.

    An dem Schießstande weilten die Richter und die elf aus dem bisherigen Wettkampf als die Besten hervorgegangenen Schützen, die Alonzo mit ironischer Höflichkeit begrüßten und sich für die Ehre bedankten, daß er als Bewerber um den Preis in ihre Reihen trete.

    Alonzo erwiderte mit der ihm eigenen Ruhe, daß er sein Bestes tun wolle, um sich solch ausgezeichneter Schützen würdig zu zeigen.

    Er lud hierauf sorgfältig seine Büchse und auf das Zeichen des Ordners hin trat er vor und schoß rasch.

    "Zentrum" signalisierten die Leute von der Scheibe.

    Dies erregte nicht geringes Aufsehen, denn Alonzo hatte kaum gezielt. Doch dieser trat bereits mit der wieder geladenen Büchse vor. Der Schuß krachte.

    "Zentrum" zeigte man von der Scheibe an.

    Die Verwunderung war außerordentlich, ein Llanero, der so schoß? Zufall konnte dies nicht sein.

    Jetzt kam der dritte Schuß.

    Alles war gespannt auf den Erfolg.

    "Zentrum" zeigte die Scheibe an.

    Die Freude der Llaneros war maßlos und die Montaneros machten ernste Gesichter. Das war ja ein Schütze ersten Ranges, dieser junge Llanero.

    Tejada brummte vor sich hin: "In den Llanos hat der junge Mann das nimmermehr gelernt, so schießt man nur in den Bergen."

    Er gewahrte nicht die leuchtenden Blicke seines Peons, mit denen er Alonzo anstarrte.

    Da Alonzo die Vorbedingung zum letzten Wettkampfe erfüllt hatte, rüsteten sich jetzt die zwölf erlesenen Schützen zum Schusse auf die Entfernung von dreihundert Schritten.

    Ein Schreiber war da, die Zahl der Ringe zu notieren, die absolute Mehrheit verlieh den Preis.

    Das Schießen begann; drei Schüsse hatte ein jeder.

    Während der Pausen unterhielt sich Alonzo mit den Preisrichtern, älteren Männern, die an dem Jüngling großen Gefallen fanden.

    Nicht nur der Bergbewohner hatte sich jetzt, wo die Entscheidung nahte, Aufregung bemächtigt, alle erwarteten mit leidenschaftlicher Begierde das Resultat.

    Es wurde von den jungen Leuten gut geschossen, doch nur einer von den zehn traf einmal das Zentrum. Dreihundert Schritte sind eine bedeutende Entfernung, um aus freier Hand nach dem Schwarzen in der Scheibe zu schießen.

    Jetzt waren nur noch Christiano Montez und Alonzo übrig geblieben.

Alonzo zielte und feuerte.

Don Christiano war ein junger hübscher Mann von liebenswürdigen Formen und galt als der beste Schütze weit und breit. Wie Alonzo aus den Gesprächen um ihn vernommen hatte, war seine Braut anwesend, in der Hoffnung, ihn als Sieger zu begrüßen. Alonzo vereinbarte mit ihm, nicht jeder solle drei Schuß nacheinander abgeben, sondern sie wollten Schuß um Schuß feuern.

    Don Christiano begann.

    Alonzo bemerkte ein errötendes Mädchengesicht, als er vortrat.

    Sorgfältig zielte der junge Montanero. Die Kugel entflog: Zentrum!

    Freudiges Gemurmel der Montaneros, Don Christiano war ihr Stolz.

    Mit gefälligem Anstand begab sich Alonzo auf den Schießstand. Krach - Zentrum!

    Eine lebhafte Bewegung gab sich ringsum kund. Das waren zwei Schützen!

    Wiederum schoß der junge Montez und zu grenzenlosem Jubel der Seinen zum zweiten Male Zentrum.

    Das machte so leicht keiner nach.

    Doch vor trat lächelnd Alonzo und auch seine Kugel saß im Schwarzen.

    Totenstille herrschte ringsum, die Erwartung war auf das Höchste gespannt -, selbst die Freunde Alonzos waren so erregt, daß sie kein Beifallszeichen fanden.