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    Er setzte das gewaltige Horn an, blies mit aller Kraft seiner Lungen hinein und der dumpfe markerschütternde Ton hallte durch die Nacht und weckte das Echo der Schluchten.

    Noch einmal dröhnte das Horn in langem, mächtigem Tone. Dann ließ Alonzo es fallen und glitt von der Terrasse herab, mit drei gewaltigen Sprüngen einen Eibenbusch erreichend, an dem er zur Erde sank.

    Schon wurde es lebendig in den Häusern, Lichter erschienen, Stimmen wurden laut -, Alonzo wußte, alle würden nach dem Tempel eilen, um dort zu vernehmen, von wo Gefahr drohe. Außer sich, am meisten überrascht eilten die Priester aus ihren nahegelegenen Häusern herbei. Wer konnte es wagen, das Horn des Unheils zu berühren?

    Einem Schatten gleich glitt Alonzo durch die Nacht, sich niederwerfend, wenn Männer nahten. Er erkannte Tucumaxtlis Stimme, der eilig von seinem Hause herkam, er vernahm die Stimme Guatis, der sich zu dem Kaziken gesellte.

    Alonzo nahte sich dem Hause des Kaziken, nachdem er sich vorher überzeugt, daß das Maultier noch an seinem Platze sei, und ging keck zum Haupteingang hinein, die Treppe hinauf, er wußte wo das Gemach lag, in dem er Elvira gesehen. Es war Licht darin, er erkannte es durch den dichten Vorhang. Er lauschte, lüftete vorsichtig den Teppich. Da lag bleich und matt Elvira -, das alte Weib lauschte am Fenster hinaus. Mit raschem Schritt trat Alonzo ein, die blinkende Machete in der Hand.

    Elvira sprang erschreckt empor, das Weib wandte sich -, vor ihnen stand ein hoher Aimaràkrieger, dessen Augen heller blitzten als die Waffe.

    Einen kurzen Moment standen beide Frauen starr -, dann rief Elvira: "Alonzo!" - und das alte Weib flüsterte entsetzt: "Techpo."

    Alonzo kannte die ganze Gefahr, die ein Hilferuf des Weibes mit sich führen würde, er trat mit finsterem Gesichte auf sie zu.

    "Nieder, Catha -, der Gott des Windes sendet mich."

    Nieder sank das Weib, zitternd.

    Mit zauberhafter Schnelligkeit umschnürte Alonzo sie mit seinem Lasso, zwang ihr einen Lappen, den er Elviras Lager entriß, in den Mund und sagte zu Elvira, die stumm vor Überraschung dem eilig sich abspielenden Vorgang zusah, "komm!"

    Er bot ihr die Hand, führte sie zur Tür, riß dort den Vorhang ab, wickelte ihn um ihre zarte Gestalt und leitete sie dann hinab. Niemand begegnete ihnen.

    Draußen nahm er das schwache Mädchen auf den Arm und trug es zu dem Maultier, setzte es auf dessen Rücken und schwang sich hinter Elvira auf, das Tier mit freundlichen Worten in der Aimaràsprache ermunternd.

    Vom Tempel her ertönten Stimmen.

    Einen kurzen Augenblick hatte Alonzo gezweifelt, ob er den Weg zu dem nördlichen Ausgang des Dorfes nehmen sollte, aber der Weg über die Felsen war für das zarte Mädchen unmöglich, so war er entschlossen, den Weg nach dem Wächterhaus im Westen zu nehmen -, auf jede Gefahr hin. Blut mußte dort fließen, und er war entschlossen, es zu vergießen, wenn es nötig war. Niemand begegnete ihm und er ließ das starke Tier laufen.

    "Alonzo!" flüsterte es vor ihm, halb ängstlich, halb freudig.

    "Sei ruhig, Schwester, ich rette dich."

    Und sie festhaltend stürmte er durch die Nacht den ihm wohlbekannten Weg entlang. Endlich hielt er, hob Elvira herab, band das Tier fest, nahm sie auf den Arm, trug sie durch die dunkle Schlucht sicher über Felsgeröll hin, in die Höhle, die er einst mit Fernando und dem Mestizen betrat und flüsterte ihr zu: "Harre hier, Schwester, hier bist du ganz sicher, harre, bis ich dich hole."

    "O Alonzo, Bruder -, o komme bald, ich vergehe vor Angst."

    "Bete, ich komme wieder." Fort eilte er. Keine Zeit war zu verlieren, denn die schützende Nacht nahte ihrem Ende.

    In den Hohlweg tretend, sah er eine dunkle Gestalt neben seinem Maultier stehen.

    "Wer bist du? Was tust du hier?" fragte eine rauhe Stimme in der Aimaràsprache.

    Einen Augenblick erschrak Alonzo, aber dann fuhr im Zorn der Verzweiflung geschwungen blitzschnell seine Machete in des Mannes Brust. Lautlos sank dieser nieder. Alonzo schwang sich auf und ritt in voller Eile weiter. Es nahte das Wächterhaus. Er wußte, drei Männer wurden in Zeiten, wo es notwendig war, dorthin gestellt -, also zwei hatte er noch zu bewältigen, ehe der Eingang für die Freunde frei war. Er hoffte zwar, daß der Mestize Antonio, der den Weg kannte, die Dunkelheit benutzt haben würde, um weiter vorzudringen, aber er hatte keine Gewißheit. Er fürchtete auch das Zusammentreffen mit den Aimaràs nicht, aber es ging ihm gegen die Natur, unvorbereitete Feinde zu überfallen. Dennoch mußte es sein, das Leben Elviras stand auf dem Spiele. Da war das ruinenhafte Wächterhaus, es zeichnete sich bereits gegen den Morgenhimmel ab.

    In vollem Laufe seines Tieres jagte er nach Botenart heran. Auf die Felsplatte traten zwei Männer, schattenhaft nur wahrzunehmen.

    "Ho - ah?" schallte es ihm entgegen.

    "Ein Bote des Kaziken."

    Alonzo sprang ab und eilte hinauf zu dem Wächterhaus.

    Ein älterer, grimmig aussehender Mann trat ihm entgegen, dessen Antlitz ihm von dem Schreckenstage im Tale der drei Quellen im Gedächtnis geblieben war, es war einer der Mörder der Seinen. Das Blut stieg ihm zu Kopf, jetzt stand er nahe vor dem Wilden -, dieser starrte in sein Gesicht und stieß einen Laut der Überraschung aus, er sah in das Gesicht Techpos, des so geheimnisvoll Verschwundenen. Mitleidslos fuhr dessen Machete empor, schwer getroffen stürzte der Mann zu Boden. Der andere stand wie versteinert. Doch als jetzt Alonzo eine Bewegung auf ihn zu machte, riß er die Büchse empor, Alonzo schlug sie zur Seite, aber in den Felsen widerhallend entlud sich der Schuß. Fernes Rufen antwortete dem Echo.

    Alonzo stieß einen gellenden Schrei aus und warf sich so plötzlich auf den überraschten und wehrlosen Wilden, einen noch jungen Mann, daß dieser am Boden lag, ehe er wußte, wie ihm geschah.

    "Rühre dich nicht," sagte Alonzo, "oder meine Machete fährt durch deine Kehle."

    Der Indianer war still.

    Draußen hörte man eilenden Huf der Mulos den Weg entlang kommen und gleich darauf standen Geronimo, Antonio und andere der Montaneros neben Alonzo.

    "Dem Burschen eine Kugel durch die Schläfe," sagte der alte Jäger.

    "Nein, binden, er ist mein Gefangener," erwiderte Alonzo gebieterisch.

    Und allsobald wurde der Aimarà gebunden.

    Von neuem ließ Hufschlag sich vernehmen. Diesmal aber kam er vom Dorfe her.

    "Deckt euch und feuert, wenn sie erscheinen."

    Schon war die Morgendämmerung angebrochen und man sah deutlich Reiter herannahen, denen das dunkle Haar wild um den Kopf flatterte.

    Auf hundert Schritte ließ man sie herankommen.

    "Feuer!"

    Zehn Gewehre entluden sich, gellende Schmerzenslaute hallten in dem Hohlweg wider und wild wälzten sich Tier und Menschen durcheinander.

    "Feuer!"

Die Büchsen der Montaneros entluden sich.

Noch einmal krachten die Büchsen, aber schon hatten sich die überraschten Aimaràs zur Flucht gewandt und nur noch fernher vernahm man den Hufschlag ihrer Tiere.

    Die Montaneros jubelten Alonzo zu. Antonio drückte ihm die Hand und sagte leise: "Das war die verhängnisvolle Stelle hier."

    Alonzo berichtete, daß Donna Elvira in Sicherheit sei, daß aber Sennorito de Vallas noch auf Rettung harre.