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    Mit teilnahmsvollem Erstaunen hatte Don Sancho Tejada erfahren, wen er in dem Fremden vor sich gehabt hatte und er beglückwünschte ihn innerlich zu der gelungenen Flucht.

    "Und ich erreiche ihn dennoch, den Burschen, ehe er das elende Piratennest Orocué vor sich sieht," sagte der Alguacil grimmig und suchte erschöpft sein Lager auf, zu dem ihn der nicht wenig erschrockene Posadero führte.

Siebzehntes Kapitel.

Auf der Hacienda Otoño

    Am anderen Tage ritt Don Sancho Tejada, gefolgt von seinem schläfriger als je aussehenden Peon Juan, nach Süden zu. War es auch ärgerlich, daß er auf dem Markte zu Naëva nichts erfahren hatte über den, den er suchte, so hoffte er doch am Ocoa, in der Nähe der drei Quellen Kenntnis von dem Verbleib des Sohnes Pedro d'Alcantaras zu erlangen.

    Da er keine allzu große Eile hatte, ritt er gemählich durch die sonnbeglänzten Llanos, bald in einer Posada, wo er eine solche am Wege antraf, bald bei einem einsam wohnenden Llanero übernachtend.

    Am dritten Tage, als er sich schon dem Ocoa näherte, fand er, als er am Abend einer aus wenigen Häusern bestehenden Niederlassung zuritt, in der am Wege liegenden Posada eine überraschend große Zahl von Gästen versammelt, zwischen denen es sehr lebhaft herging. Wohl an dreißig Pferde und Maultiere waren ringsum angepflockt und die Reiter, zwischen denen auch einige Reiterinnen zu sehen waren, hatten sich teils im Inneren des sehr luftigen Hauses, teils vor diesem niedergelassen.

    Tejada warf den Zügel seines Tieres seinem gehorsamen Peon zu und trat zwischen die Gäste, die sich wenig um ihn bekümmerten, um den Posadero zu suchen.

    Endlich traf er den Mann, der genug zu tun hatte, um die ungewöhnliche Zahl Gäste zu bedienen.

    "Habt Ihr Nachtquartier für einen Caballero und seinen Peon?"

    "Sicher, Sennor."

    "Aber Euer Haus ist voll, wie ich sehen."

    "Diese Caballeros reiten sämtlich heute abend noch ab, sie sind in den Llanos zu Hause. Kommt Ihr auch von Sennor Vivandas Fest?"

    "Nein, ich komme von Norden."

    "Sucht Euch einen Platz; sobald ich kann, werde ich nach Euren Befehlen fragen."

    Damit verschwand der Mann in einer Art Küche, in der gebacken und gebraten wurde.

    In nicht allzu günstiger Beleuchtung von Lampen, die aus Kokosschalen hergestellt waren, in denen ein von Palmöl genährter Doch brannte, sah Tejada die nervigen Gestalten der Steppenbewohner um sich her sitzen, die in verschiedenen Gruppen in lebhafter Unterhaltung begriffen waren.

    Er suchte sich ein bescheidenes Plätzchen im Schatten eines hölzernen Pfeilers und lauschte. Ein Name, der unweit von ihm ausgesprochen wurde, erregte sofort seine Aufmerksamkeit.

    "Die d'Alcantaras sind eines der ältesten Geschlechter des Landes," sagte einer der Männer, "ob aber außer Don Alonzo noch ein Glied dieser Familie lebt, weiß ich nicht - die Bürgerkriege haben aufgeräumt unter den alten Familien."

    "Es ist doch ein Wunder," sagte ein anderer, "daß Alonzo diesen roten Mördern entgangen ist."

    "Er hat ihnen heimgezahlt, was sie an den Seinen, an ihm verbrochen haben," äußerte lebhaft ein dritter, "der junge Espinoza aus den Bergen, der mit war, sagte, jeder seiner Schüsse habe getroffen."

    "Und dabei kannte er das Dorf der Ladrones noch, als ob er es gestern verlassen hätte."

    "Ja, er ist ein Mann, der Sohn Don Pedros, kein besserer Reiter, kein besserer Schütze weit und breit, seine Feinde mögen sich hüten."

    Des biederen Tejada bemächtigte sich beim Anhören dieser Wechselreden ein ungemessenes Erstaunen. Da war ja der Gesuchte, offen vor aller Welt stand er da, der Sohn Don Pedro d'Alcantaras und er schien bei diesen Leuten sehr beliebt zu sein. Sollte er ihn bereits in dem Jüngling kennen gelernt haben, der in Naëva im Wettrennen den Sieg davontrug? Ja, der mußte es sein. Hm, ein verwegener Bursche, den zu beseitigen gar nicht so leicht sein würde.

    "Mit welcher Klugheit ihn Sennor Vivanda verborgen gehalten hat."

    "Er wird wohl seine Gründe dafür gehabt haben."

    "Jetzt ist aber ein d'Alcantara da, mannhaft wie sein Vater, und wenn er ruft, reiten die Llaneros hinter ihm."

    Tejada konnte es jetzt doch nicht unterlassen, sich an die neben ihm sitzenden Leute zu wenden und um Auskunft über das Schicksal von Sennorita Vivanda zu ersuchen, von deren Raub er in Naëva vernommen. Seine Teilnahme war unverkennbar.

    Bereitwillig erzählten sie dem Fremden, der aus Norden kam und sogar unter Pedro d'Alcantara in den Bürgerkriegen gedient hatte, was sie wußten und gaben ihrer lebhaften Bewunderung für Alonzo Ausdruck.

    Mit sichtlichem Interesse lauschte der Fremde der wunderbaren Mär von dem Gefangenen der so berüchtigten Aimaràs und hielt umsoweniger mit seiner freudigen Anerkennung der hervorragenden Eigenschaften des Jünglings zurück, als er eine so große Verehrung für seinen Vater hegte.

    Der Mond war aufgegangen und beleuchtete mit seinem Silberschein die endlosen Llanos.

    Die Gäste, die hierauf gewartet hatten, brachen auf, um ihre zerstreuten Gehöfte aufzusuchen, und bald war die eben noch so geräuschvolle Posada still und einsam.

    Juan, der Peon Tejadas, hatte für die Tiere gesorgt und sich hierbei mit anderen Indios unterhaltend, schweigend die Wundermär des Tages von dem Auftauchen eines großen Capitanos, den die verachteten Indios bravos gefangen gehalten, mit angehört.

    Er nahte sich seinem Herrn, um dessen letzte Befehle in Empfang zu nehmen.

    Tejada sagte ihm, daß sie morgen bald nach Tagesanbruch reiten würden und ließ sich dann, während Maxtla sich eine Schlafstätte suchte, mit dem gesprächigen Posadero in eine längere Unterhaltung über die jüngsten Ereignisse, über Sennor Vivanda und dessen Familie und die Verhältnisse des Landes ein, auf diese Weise alles erfahrend, was er zu wissen wünschte.

    Sehr nachdenklich gestimmt suchte auch er endlich die Nachtruhe.

    Bald nach Sonnenaufgang verließ er in der Tat mit seinem Peon die Posada.

    Sennor Sancho Tejada war immer noch nachdenklich gestimmt. Er hatte erfahren, daß der junge d'Alcantara, den zu suchen er ausgezogen war und an dessen Abkunft niemand zu zweifeln schien, eine viel gewichtigere Persönlichkeit war als er angenommen, und daß dieser junge Mann außerdem in den reich begüterten Vivandas mächtige Freunde zu haben schien.

Tejada begann behaglich sein Mahl einzunehmen.

"Ja, mein guter Don Carlos, jetzt begreife ich, daß du bereitwillig fünftausend Pesos gibst, um diesen Jungen aus dem Wege zu räumen. Aber fünftausend Pesos sind viel zu wenig. Der junge Mann ist wertvoll und die Sache gefährlich. Freilich werden die glorreiche Excellenza inzwischen von diesem Alcantara, der aus der Dunkelheit so plötzlich an das Licht getreten ist, erfahren haben, und sicher einen oder mehrere andere mit dem Geschäft beauftragen, das ich unternommen habe, wenn ich nicht bald günstige Nachrichten einsenden kann. Hm - hier muß rasch gehandelt werden. Wenn dieser stumpfsinnige Indio nur zu etwas gebrauchen wäre? Einen Messerstich weiß diese Rasse ganz gut im Dunkeln beizubringen. Hm - ja, die Sache muß ernstlich überlegt werden - ich möchte mich auch doch nicht unnütz in Gefahr begeben. Ich glaube, wenn ich dem Burschen hundert Pesos biete, er beseitigt ihn in Handumdrehen. Nun, wir werden sehen, doch vorerst wollen wir das Terrain erkunden und für einen gesicherten Rückzug sorgen."