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Mit stummen Erstaunen verehrten wir den hohen Mut unseres edlen Hauptmanns, nahmen seinen Leib mit uns, hüllten ihn sorgfältig in weiße Leilachen ein und übergaben ihn dem Meere. Und so ist ein ganzes Element das Grab unseres Lamachus, der ein ruhmwürdiges Leben mit einem ruhmwürdigen Tode gekrönt hat!

Was aber den Alcimus betrifft, so hat er, wie aufgeweckt er auch war, doch dem bösen Geschicke nicht entgehen können.

Er brach in die Hütte eines alten schlafenden Mütterchens ein und stieg zu ihr in die oberste Bucht hinauf. Anstatt aber da mit dem Erwürgen der alten Vettel anzufangen, ließ er sich einfallen, uns lieber alle ihre Sachen zum Fenster herunterzuwerfen. Er war nicht faul, bald war alles ausgeräumt, und nun sollte es auch über das Bette hergehen, worin die Alte lag. Er schmiß sie also heraus auf den Boden und wollte ihr auch nicht einmal die Decke lassen; aber auf ihren Knien bat ihn der alte Nickeclass="underline" ›Oh, habe Erbarmen, mein Sohn, und wolle doch nicht auch diese so elenden Lumpen eines armen unglücklichen alten Weibes ihren steinreichen Nachbarn schenken, in deren Hof dieses Fenster geht!‹

Alcimus, überlistet, nimmt das für bares Geld. Damit nun sowohl das, was er vorher hinabgeschmissen, als auch das, was er noch hinabwerfen wollte, nicht aus Irrtum in fremde, sondern in unsere Hände fallen möchte, so hängt er sich bald mit halbem Leibe zum Fenster hinaus, um die Sache zu untersuchen und zu gleicher Zeit auch in dem Hause der reichen Nachbarn, wovon die Alte sprach, die Gelegenheit abzusehen. Darüber vergißt er sich aber so sehr, daß er sich immer weiter und weiter zum Fenster hinausreckt, bis er endlich ganz im Gleichgewicht schwebt. Da erwartete ihn die schlaue Alte. Mit schwacher Hand hilft sie ihm, ohne daß er es sich versieht, unten bei den Füßen nach und stürzt ihn so, Kopf unten, Kopf oben, in die Gasse hinab.

Außerdem, daß er sehr hoch fiel, schlug er noch unten auf einen großen Eckstein auf, daß er sich auch gleich Rückgrat und alle Rippen im Leibe zerschmetterte und das Blut ihm aus Maul und Nase herausströmte.

Er quälte sich nicht lange. Kaum konnte er uns erzählen, was sich zugetragen, als er verschied.

Wir bestatteten ihn gleich dem Lamachus, der an ihm einen Nachfolger erhielt, der gewiß seines nicht unwert war.

Nachdem uns diese zweite schmerzliche Wunde geschlagen, taten wir auf alle weiteren Unternehmungen in Theben Verzicht und stiegen zur nächsten Stadt, Platää, hinab.

Das Gerücht machte uns da sogleich einen gewissen Demochares bekannt, der eben ein Fechterspiel geben wollte. Er war ein Mann von der edelsten Geburt, von großem Vermögen und von ausnehmender Freigebigkeit, und die Zurüstung zur öffentlichen Lustbarkeit geschah mit einer Pracht, die vollkommen seiner würdig war.

Ich müßte ein ganzer Kerl an Geist und Beredsamkeit sein, wenn ich euch alle die mancherlei Anstalten, die er getroffen hatte, schicklich beschreiben könnte. Genug, da sah man eine Menge der behendesten Tierkämpfer; da waren arme Sünder, die wilden Tieren zum Fraße gemästet wurden, und auf dem Orte, wo die Kampfspiele sollten gehalten werden, war sehr zierlich ein hölzernes übersetztes Gerüst gleich einem Gebäude, das sich um einen Versammlungsplatz herumzieht, aufgerichtet und mit den schönsten Gemälden ausgeschmückt. Und welch eine Anzahl wilder Tiere und von welcher Größe; denn er hatte diese lebendigen Gräber der zum Tode verurteilten Menschen von den entlegensten Orten her mit äußerster Sorgfalt zusammengeholt.

Vorzüglich aber vor allen übrigen Zubereitungen zu diesem herrlichen Feste ließ er sich eine Menge großer Bären überaus viel kosten. Außer denen, die er auf seinen eigenen Jagden gefangen, außer denen, die er mit dem teuersten Pfennig erkauft hatte, unterhielt er noch viele, die ihm verschiedene seiner Freunde zum Geschenk gemacht hatten.

Indessen, ungeachtet Demochares diesen Tieren es weder an hinlänglichem Futter noch an der sorgfältigsten Wartung fehlen ließ, so konnte er sie dennoch nicht vor dem Tode in Sicherheit stellen. Bei der langwierigen Gefangenschaft, der übermäßigen Sonnenhitze und dem beständigen faulen Daliegen zehrten sie sich ab, wurden krank, und ehe man es sich versah, war das Sterben unter ihnen. In sehr kurzer Zeit war fast nichts davon mehr übrig.

Das Volk, anstatt sich an der Hetze dieser stattlichen Tiere zu erlustigen, sah sie nun jämmerlich verreckend hin und wieder auf den Straßen liegen, und arme Elende, welche Mangel und nagenden Hunger selbst nach widrigem Aase lüstern macht – kamen und holten sie sich zur Speise.

Dieser Umstand gab mir und dem Babulus folgenden listigen Anschlag ein:

Wir tragen uns den größten, feistesten von diesen Bären nach unserer Herberge und stellen uns, als wollten wir uns damit recht was zugute tun. Wir ziehen ihm das Fell ab, lassen aber die Tatzen unversehrt sowie den Kopf bis ans Genicke. Darauf schaben wir die Haut sorgfältig aus, streuen brav Asche hinein und lassen sie an der Sonne trocknen. Derweilen diese durch die Hitze ihrer Strahlen sie gar macht, erlaben wir uns mit unsern Kameraden an dem fetten Fleische und verabredeten zum bevorstehenden Unternehmen diesen Plan:

Einer aus unserer Mitte, der alle übrigen noch weit mehr an Herz und an Leibeskräften überträfe, solle sich freiwillig in die Haut stecken und den Bären spielen, sich als solcher in Demochares’ Wohnung bringen lassen und dann bei nächtlicher Weile, wenn alles schliefe, den andern die Haustür eröffnen.

Wie viele unserer unerschrocknen Gesellschaft waren nicht gleich zu dieser glänzenden Tat bereit! Doch einstimmig wurde vor allen andern Thrasileon erwählt, und mit Freuden unterzog er sich dem gefährlichen Wagnis. Er fährt heiteren Angesichts in das geschmeidige wohlgegerbte Fell hinein. Wir nähen es mit einer feinen Naht zu, die wir bestmöglichst unter den langen dichten Zotten verbergen. Seinen Kopf stecken wir in des Tieres Hals, und zum Atemholen und Sehen machen wir ihm um die Gegend der Nasenlöcher und der Augen kleine Öffnungen. Und nachdem wir also unsern tapfern Kameraden zu einem fürchterlichen Bären umgeschaffen, kaufen wir für ein Geringes einen Käfig, in den er stracks von selbst mit dem standhaftesten Mute hineinkroch.

Nach diesen Vorbereitungen schreiten wir folgendermaßen zur weiteren Ausführung unseres listigen Anschlags.

Wir hatten auskundschaftet, daß ein gewisser Nikanor aus Thrazien ein sehr genauer Freund des Demochares sei. In seinem Namen schrieben wir einen Brief, da er dem Demochares hiermit die Erstlinge seiner Jagd überschicke, um von seiner Seite auch etwas zur Pracht der Spiele seines Freundes beizutragen.

Nun war der Abend herangekommen. Unter dem Schleier der Finsternis tragen wir unsern Thrasileon in dem Käfig samt dem falschen Sendschreiben zum Demochares.

Er erstaunte über die Größe der Bestie und freute sich außerordentlich, daß ihn sein Freund just so zur gelegenen Zeit beschenkte. Er zog den Beutel heraus und gab uns zehn Dukaten Trinkgeld, daß wir ihm ein Geschenk überbracht, das ihm so viel Freude machte.

Unterdessen zog die Neugier viele Leute herbei. Sie standen alle voller Bewunderung um unsern Bären herum. Thrasileon war aber immer wohl auf seiner Hut. Sobald sich jemand zu nahe an ihn wagte, so fuhr er grimmig auf ihn los und wies den Vorwitzigen ab.

Man pries einhellig den Demochares glücklich, daß er fast dem Schicksale zum Trotz den großen Abgang der Tiere gleich wieder durch einen so guten Zuwachs ersetzen könnte.

Er gab Befehl, den Bären sofort nach einem seiner Landgüter zu bringen und desselben allda aufs beste zu warten. Allein das gab ich nicht zu! – ›Gnädiger Herr!‹ fing ich an, ›ich weiß nicht, ob Sie gut tun, daß Sie ihn jetzt, da er von der Sommerhitze und der Reise abgemattet ist, zu einem Haufen anderer Bären tun wollen, die sich obendrein, wie ich höre, nicht so recht wohlbefinden sollen. Wäre es unmaßgeblich nicht besser, wenn Euer Gnaden ihn hier im Hause an einen schattigen, luftigen Ort hinbringen ließen, wo auch allenfalls ein Teich in der Nähe wäre, damit er sich abkühlen könnte? Denn Euer Gnaden wissen wohl, daß dergleichen Tiere sich gern in dichten Hainen, feuchten Höhlen oder auf anmutigen Hügeln und an kühlen Quellen aufzuhalten pflegen.‹