›Ha,!‹ ruft er, ›treff’ ich dich, du Erzschandbube? Daß dein Herr und alle himmlischen Götter dich doch für die falschen Schwüre, die du da ausstößest, in den Abgrund vertilgten! Du bist ein Dieb! Du hast im Badehause mir gestern meine Schuhe gestohlen! Du solltest krumm zusammengeschlossen in den finstersten Kerker geschmissen werden, und wie einen Hund sollte man dich da ohne Erbarmen verrecken lassen!‹
Der Ton der Wahrheit, womit er dies hervorbrachte, und die Keckheit, mit welcher er seinen vorgeblichen Dieb behandelte, übertölpelten richtig meinen Barbarus. Flugs machte er linksum und kehrte wieder nach Hause. Er krümmte dem Mirmex kein Haar; mit lachendem Herzen gab er ihm die Schuhe und hieß ihn, sie ihrem Herrn wieder zuzustellen.«
Noch redete das Mütterchen, so hub Madame Bäckerin mit einem tiefen Herzensseufzer an:
»Ach! glücklich, wem solch braver Liebhaber beschert wird! Mir armen Frau ist leider nur eine feige Memme zuteil geworden. Es braucht nicht einmal des Geklappers der Mühle, der verkappte, schäbige Esel da macht ihn schon zittern und beben!«
»Nun«, antwortete die Alte wieder, »so geben Sie sich nur zufrieden, Madamchen! Noch heutigen Tages sollen Sie selbst so glücklich sein, jenen wackeren Jungen in Ihre Arme zu schließen. Da! Ich verspreche es Ihnen mit Hand und Mund. Auf diesen Abend! Sie können sich darauf verlassen!«
»Topp!« versetzte jene, und die Kupplerin trippelte fort.
Unterdessen war die tugendsame Bäckerin nicht faul. Sie richtete ein köstliches Mahl zu; sie schafft herrlichen Wein an, bäckt, siedet, bratet, deckt den Tisch aufs stattlichste. Kurz, hätte sie einen Gott zu bewirten gehabt, sie hätte sich darauf nicht besser vorbereiten können als auf die Ankunft ihres Buhlen. Ihr Mann war just bei einem Walkmüller in der Nachbarschaft zu Gaste.
Wie es Mittag ward und ich ausgespannt wurde, um gefüttert zu werden, freute ich mich bei weitem nicht so sehr, daß ich nun meiner Arbeit quitt war, als daß mir die Auge wieder aufgebunden wurden, damit ich frei dem schändlichen Wesen des garstigen Weibes zusehen konnte.
Bereits hatte sich die Sonne in den Ozean getaucht und erleuchtete die unterirdischen Gegenden, als die Alte, den feinen Liebling am Arm, anmarschiert kam. Es war ein blutjunges Bürschchen, noch glatt ums Kinn und selbst noch fähig, statt eines Mädchens zu dienen. Er ward mit den zärtlichsten Küssen empfangen und mußte sogleich am Tische Platz nehmen; aber kaum daß er von Speise und Trank zu kosten anfing, hörte man auch schon unvermutet den Mann wieder nach Hause kommen. Sein Herzensweibchen hätte ihn lieber, ich weiß nicht wohin? gewünscht, oder daß er Hals und Beine möchte gebrochen haben! Allein, was half’s? Er war einmal da. Hurtig war sie also mit ihrem vor Furcht leichenblassen Liebsten unter eine hölzerne Wanne, worin man das Getreide zu schwingen pflegte, und die von ungefähr dastand. Nachdem er also versteckt, geht sie mir nichts, dir nichts unverzagt ihrem Manne entgegen und fragt ihn, wie er denn schon so früh wieder von dem Gastmahle seines Busenfreundes heimkehre? Wehmütig und seufzend gab dieser ihr zur Antwort:
»Aus Ungeduld über die schändliche, niederträchtige Aufführung seines verruchten Weibes bin ich davongelaufen. Ihr gütigen Götter! Wer hatte so was von einer so braven, nüchternen Hausfrau denken sollen? Ja, ich schwöre es bei der heiligen Ceres, noch jetzt, da es meine Augen gesehen, kann ich’s kaum über das Herz bringen, es zu glauben!«
Neugierig gemacht durch die Worte, hörte das freche Weibsstück nicht auf, ihrem Manne mit Bitten anzuliegen, ihr den ganzen Vorgang von Anfang zu erzählen, bis er ihr endlich nachgab und also, seiner eigenen unkundig, die Schande seines Freundes ausschwatzte:
»Stelle dir vor, mein Kind, Freund Walkmüllers Frau, die immer so züchtig und ehrbar tat und überall im Ruf einer treuen Ehegattin und trefflichen Haushälterin stand, dies Weib hatte insgeheim einen Liebhaber, mit dem sie Ehebruch trieb. Immer steckte sie heimlich mit ihm beisammen und hurte, und wie wir beide aus dem Bade zu Tische kamen, war sie grade mit nichts anderem beschäftigt. Unsere plötzliche Ankunft überraschte sie; indessen wußte sie sich zu helfen. Sie steckte ihren Liebhaber unter einen geflochtenen weidenen Korb, mit Tuch behangen, unter welchem der Schwefeldampf angemacht war, um ihm die gehörige Weiße zu geben, und wie sie denselben also ihrer Meinung nach sehr sicher untergebracht hatte, ging sie ruhig mit uns zu Tische. Allein, gar übel war mein Herr Urian da in dem Schwefelgewölbe aufgehoben. Er erstickte schier und fiel in Ohnmacht. Der scharfe Schwefel versetzte ihm den Atem und kribbelte ihn so heftig im Gehirne, daß er einmal über das andere zu niesen anfing. Mein Freund, der sich einbildete, es sei seine Frau, denn der Korb stand gerade hinter ihr, rief erst immer: ›Prost!‹ Aber wie das Ding zu oft kam und gar nicht aufhören wollte, so ging ihm ein Licht auf. Zurück stieß er den Tisch, sprang auf, nahm den Korb weg. Da fand er den Galan, keuchend, in den letzten Zügen!
In der äußersten Wut, worin er über den ihm angetanen Schimpf geriet, wollte er ein Messer nehmen und die halbe Leiche noch ermorden. Allein, das hätte uns böse Händel übern Hals ziehen können; ich gab es nicht zu. Ich versicherte ihm, der Kuckuck würde solange nicht mehr rufen, wir brachten uns gar nicht seines Todes schuldig zu machen; er würde sogleich von selbst am Schwefel krepieren. Doch all mein Zureden hätte nichts geholfen, wäre die Sache nicht sprechend gewesen. Kaum, daß sich der Kerl noch regte! Dadurch ließ sich der Walkmüller besänftigen, und bevor der Sterbende gänzlich verschied, lud er ihn auf und trug ihn in das Gäßchen daneben.
Unterdessen riet ich seinem Weibe wohlmeinend, sich aus dem Staube zu machen und so lange irgendwo bei einem Freunde zu bleiben, bis sich erst der Zorn ihres Mannes ein wenig gelegt hätte. Wenn sie wartete, bis er zurückkäme, so stände ich nicht dafür, daß er nicht in der Hitze sowohl ihr als auch sich selbst ein Leid zufügte.
Sie folgte dem Rat. Und weil ich voraussah, daß nun weiter an kein Essen würde gedacht werden, so ging ich fort.«
Wie der Bäcker auserzählt hatte, da hätte man sie hören sollen, wie sie mit namenloser Gleisnerei auf das unbarmherzigste und in den niederträchtigsten Ausdrücken auf ihr Ebenbild, auf die Frau Walkmüllerin, loszog! Wie sie sie lästerte!
»Oh, das ehrlose, das unzüchtige Mensch!« hieß es, »die ist ja die Schande unseres ganzen Geschlechts! So mit Hintansetzung aller Tugend, aller Scham, aller ehelichen Treue aus dem Hause ihres Mannes einen Hurenwinkel zu machen! Nein, die verdient nicht mehr den ehrenvollen Namen einer Frau, einer Gattin; eine Hure ist sie! Ein Nickel!«
»Ja«, fügte sie gar hinzu, »dergleichen Weiber sollten lebendig verbrannt werden!«
Indessen, aus Besorgnis, nicht auch noch entdeckt zu werden, wenn sie ihren Herzgeliebten noch länger in der unbequemen Lage unter der Wanne ließe, legte sie sehr darauf an, daß ihr Mann recht früh zu Bett gehen möchte. Nur glückte es ihr nicht. Da er von seinem Gastmahle hungrig nach Hase gekommen war, so bat er sich von ihr erst noch was zu essen aus; und zu ihrem größten Leidwesen mußte sie ihm das auftischen, was für einen ganz andern bestimmt war. Hurtig war sie dennoch damit da.
Das Herz tat mir im Leibe weh, als ich des garstigen Weibes vorhergehende Aufführung mit ihrer gegenwärtigen Gleisnerei verglich. Ich sann unaufhörlich hin und her, ob es denn nicht möglich wäre, die Betrügerin zu entlarven und meinem Herrn behilflich zu sein, das saubere Bürschchen, das wie eine Schildkröte unter seiner Wanne lag, zu entdecken. Endlich, mitten in meinem Leide über die meinem Herrn angetane Schmach, war es von der göttlichen Vorsehung verhängt, daß uns unser alter lahmer Wärter hinaus an den See zur Tränke treiben mußte. Dadurch gewann ich die erwünschteste Gelegenheit zur Rache. Ich merkte, als ich mich der Wanne näherte, daß sie zu schmal war und die Finger des Galans darunter hervorragten. Unvermerkt tat ich einen Seitenschritt und stellte und stemmte einen meiner Hufe mit solcher Gewalt auf die hervorstehenden Spitzen, daß ich sie völlig zermalmte, und daß der liebe Buhle gleich vor unerträglichem Schmerz jämmerlich zu krähen anfing, die Wanne von sich abwarf und aufsprang. Somit war die ganze unzüchtige Szene aufgezogen!