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Der Bäcker ließ sich seine Hahnreischaft eben nicht zu Herzen gehen; sondern mit heiterm, freundlichem Gesicht, redete er das zärtliche Herzblatt seiner Frau, das wie eine Milchsuppe blaß und zitternd und bebend vor ihm stand, also an:

»Fürchte nichts Böses von mir, mein Söhnchen! Ich bin weder ein grausamer Barbar noch ein ungeschliffner Bauer. Fern sei es von mir, daß ich dich im Schwefeldampf erstickte, wie dort der Walkmüller, oder daß ich die Strenge der Gesetze gegen dich anrief und auf Leib und Leben Ehebruchs halber dich anklagte. Mit einem so schmucken Jungen als du bist, weiß ich schon besser umzugehen! In Frieden will ich dich mit meiner Frau, und du sollst unser Bett mit uns beiden teilen. Meine Frau und ich haben von jeher in jener vollkommenen Einmütigkeit miteinander gelebt, wovon die Weisen schwatzen. Was ihr gefällt, gefällt mir auch. Nur hab’ ich, wie billig, als Mann allemal den Vorrang.«

Auf diese hämische Spöttelei führte er das Bürschchen, sehr wider seinen Willen, zu Bette, schloß sein keusches Weib unterdessen anderswo ein und, allein mit ihrem Liebsten, übte er an demselben die ganze Nacht hindurch die süße Rache für die ihm zugedachte Hörner. Sobald aber der lichte Sonnenwagen den Tag gebar, so ließ er zwei von den stärksten Bäckerknechten hereinkommen, das Knäblein hoch von ihnen in die Höhe halten, und nun ihm brav den Hintern ausgepeitscht!

»Wie?« sprach er dabei, »ein solcher Gelbschnabel, ein so rotziges Bübchen, das noch selbst gemißbraucht wird, will mit seiner unreifen Mannheit schon den Dirnen nachlaufen? Will freie, durch das heilige Band der Ehe gebundene Weiber verführen? und so frühe sich den Schandnamen eines Ehebrechers erwerben? Nein, solchem Mutwillen muß gesteuert werden!«

Unter diesen und ähnlichen Reden strafte er ihn tüchtig ab und warf ihn darauf zum Hause hinaus. Tausend, wie trollte sich mein Abenteurer; nur froh, daß er mit dem Leben davonkam, so übel sein Steiß auch bei Nacht und bei Tage mochte zugerichtet sein!

Seiner teuren Hälfte aber schrieb der Bäcker auf der Stelle den Laufpaß und jagte sie von sich.

Dieses ohnehin erzböse Weib ward durch diesen gerechten Schimpf dermaßen aufgebracht und wild, daß sie ihre ganze Verruchtheit aufbot und keinen weiblichen Kniff unversucht ließ, sich zu rächen. Sie gatterte eine alte Hexe aus, welche den Ruf hatte, durch Beschwörungen und Schwarzkünsteleien alles in der Welt ausrichten zu können, und sparte weder Bitten noch Geschenke, dieselbe dahin zu bewegen, ihren Mann entweder wieder gutzumachen und mit ihr auszusöhnen oder, wo sie das nicht könnte, wenigstens ein Gespenst oder sonst einen bösen Geist zu bannen, um denselben totzuquälen.

Die geistermächtige Zauberin versuchte erstlich die leichten Waffen ihrer entsetzlichen Kunst und bemühte sich, des Mannes tiefverwundetes Herz zu heilen und wieder zur Liebe zu bewegen. Allein, da ihr dies nicht so wohl als sie es dachte gelang, so ward sie böse auf die Geister und, nicht weniger von der ihr versprochenen Belohnung als von der erlittenen Verachtung angereizt, fing sie an, dem armen Manne nach dem Leben zu trachten, und schickte den Schatten eines gewaltsam umgekommen Weibes über ihn, um ihn zu töten.

Aber vielleicht tadelt mich hier ein krittlicher Leser und spricht:

»Aber, wie ging es denn an, daß du einfältiger Esel bei deiner Mühle alles erfahren konntest, was doch die Weiber, nach deinem eigenen Geständnisse, insgeheim vorgenommen haben?«

Er lasse sich dienen und höre, wie es möglich war, daß ich erzneugieriger Mensch unter meiner Eselsmaske alles haarklein erfuhr, wie es mit meines armen Herrn Tode zugegangen!

Es war so um Mittag herum, als plötzlich in der Bäckerei ein altes, höchst betrübtes Mütterchen erschien, halb behangen mit einer elenden Kutte, barfuß, bleich wie ein Tuch, hundsmager und das Gesicht größtenteils verdeckt von struppigem, gräulichem, zerrauftem und von Asche schmutzigem Haar. Sie nahm den Meister freundlich bei der Hand, ging mit ihm in die Stube hinein und schloß die Tür ab, als ob sie etwas Geheimes miteinander zu sprechen hätten. Sie blieben selbander eine geraume Zeit drinnen. Endlich war das Getreide auf den Mühlen alle geworden, und da des Zwiegesprächs noch kein Ende war, so traten die Bäckerknechte an die Tür und riefen den Meister, wieder frisches zum Aufschütten herauszugeben; aber sie mochten rufen, so laut sie wollten, kein Meister antwortete. Nun klopften sie, rufen, so laut sie wollen, kein Meister antwortete. Nun klopften sie, nun donnern sie an die Türe, es rührt und regt sich nichts! Da ahnet ihnen nichts Gutes; sie sprengen die Türe mit Gewalt auf. Als sie in die Stube treten, wo ist das Weib? Den Meister aber sehen sie tot an einem Balken hängen. Da war Klagen und Leidwesen! Man knüpfte endlich die Schleife auf, nahm den Toten ab, wusch ihn noch zu guter Letzt, und als alle gehörigen Leichenanstalten gemacht, trug man ihn unter zahlreicher Begleitung zu Grabe.

Andertages kam seine Tochter aus dem nächsten Städtchen, wo sie vorlängst verheiratet war, in großer Betrübnis gerannt, zerraufte sich das fliegende Haar und zerschlug sich die Brust mit vollen Fäusten. Zwar hatte ihr niemand das Unglück ihrer Familie hinterbracht; sie wußte aber alles. Nachts im Traume war ihr das traurige Bild ihres Vaters, einen Strick um den Hals, erschienen und hatte ihr ihrer Stiefmutter schändliches Betragen, von dem Ehebruch und den versuchten Beschwörungen an bis auf die Art, wie sie ihn durch ein Gespenst hatte erwürgen lassen, entdeckt. Als sie es schluchzend in der Bäckerei erzählte, hörte ich’s mit an. – Sind Sie nun zufrieden, Herr Splitterrichter?

Das arme Weib wollte im Leid vergehen, so sehr schmerzte sie das Unglück ihres Vaters! Doch durch das Zureden ihrer Freunde tröstete sie sich endlich, verrichtete am neunten Tage, nach Sitte und Brauch, das gewöhnliche Opfer am Grabe des Verstorbenen, und dann stellte sie von den ererbten Sklaven, Geräten, Pferden und Eseln eine Auktion an. Alles, was bis dahin nur einem einzigen zugehört, ward von dem mutwilligen Glücke nun unter vielerlei Besitzern verteilt. Mich erstand ein Gärtner für fünfzig Nummen. Freilich sagte er, wäre das teuer; aber er rechnete auch darauf, sich sein Brot mit mir zu erwerben.

Ich muß hier schon beschreiben, wie es mir wieder in diesem neuen Dienst erging.

Morgens früh pflegte mich mein Herr mit allerhand Gartengewächs zu beladen und nach der nächsten Stadt zu führen. Wenn er allda seine Ware verkauft hatte, so setzte er sich auf meinen Rücken und ritt mit baumelnden Füßen gemach wieder nach seinem Garten heim. Nun ging er an seine Arbeit; er grub, er pflanzte, er goß und was er all mehr mit gekrümmtem Rücken zu tun hatte! Ich aber blieb müßig und pflegte unterdessen der Ruhe. So ging es einen Tag wie den andern, bis endlich das kreisende Jahr nach der Ordnung alle Zeichen des Himmels bis zum Steinbock durchlaufen, und nun, nach den Freuden des mostreichen Herbstes, kalter Reif herabsank. Dann war schlechte Zeit für mich! Ich hatte beständig von Nässe und von Frost zu leiden. Mein Stall war unbedeckt; ich stand unter freiem Himmel. Mein Herr war so arm, daß er nicht so viel Stroh hatte, sich selbst, geschweige mir, eine Streu oder ein schlechtes Obdach zu machen; er mußte sich mit einer elenden Laubhütte behelfen.

Überdies hatte ich auch des Morgens nicht wenig auszustehen, wenn ich so mit nackten Füßen durch den gefrorenen Kot oder auf den spitzen Holpern marschieren mußte; und hätte ich dabei nur noch den Abgrund meines Bauches mit gewöhnlicher Kost ausfüllen können! Aber leider! So gut ward’s mir nicht! Meinem armen Herrn und mir diente zwar dieselbe, aber doch die allerelendste Speise zur Nahrung. Ach! Nichts denn schlechter, kraftloser, in den Samen geschossener Lattich, halb verwest vor Alter, hart wie Besenreis und von faulem gallenbitterm Geschmacke war unser einziges Gericht.