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»Jetzt Lucius, aufgeweckt und fein bei dir! So eine erwünschte Gelegenheit, deinen alten Durst nach Wundern zu löschen, bekommst du nicht wieder. Nur alle kindische Furcht beiseite! Tritt, so nahe du kannst, hinzu und beschaue dir alles recht beim Lichte. Zwar mit deiner Wirtin mußt du dir nichts zu schaffen machen. Ehre als ein rechtschaffender Kerl des redlichen Milos Ehebette. Inzwischen auf Fotis keck den Angriff gewagt! Das Mädchen ist hübsch und wohl ebensowenig dumm als hartherzig. Gestern abend wenigstens, als du schlafen gingst und sie dich zu Bette brachte, war sie ziemlich scherzhaft und zutunlich; schien ganz zärtlich, als sie dich zudeckte und zur guten Nacht auf den Kopf küßte, und mich dünkt, ihre Mienen, ihr öfteres Umsehen beim Hinausgehen und ihr Stehenbleiben in der Tür sagten auch deutlich genug, daß sie weit lieber bei dir geblieben als weggegangen wäre. Frisch also, Glück und Stern an Fotis versucht!«

Unter dem Selbstgespräche und mit dem Entschluß komme ich zu Milos Wohnung. Weder er noch seine Frau war zu Hause.

Ich finde meine teure Fotis ganz allein in der Küche vor der Anrichte, wo sie ihrer Herrschaft ein Ragout zubereitete, dessen lieblicher Geruch mir schon von weitem den Mund wässerig machte.

Sie hatte ein nettes Leinenkleid an und war dicht unterm Busen mit einer schönen, fleischfarbenen Binde hoch und zierlich gegürtet.

Soeben schwenkte sie mit niedlichen Händen die Kasserolle um, worin sie das Essen zurechtmachte. Durch ihre rasche Bewegung gerieten alle ihre zarten Glieder, gleich Gallert, in das sanfteste Beben. Hin und her wallten die wohlgepflegten Lenden, und wollüstig zitterte unter ihnen die runden Hüften.

Ich stutzte bei dem Anblick und erstarrte fast vor Erstaunen und Bewunderung. Jeder schlummernde Sinn erwachte und empörte sich. Endlich rief ich:

»Ei, allerliebst, Fotis! Ja, mit solchem regen Kreuz läßt sich schon das Kasseröllchen schwenken und was Gutes zubereiten! Oh, wahrhaftig, mehr als glücklich, wer da nur mit dem Finger hineintunken darf!«

Das Mädchen, dem es gar nicht an Maulwerk fehlte, sah sich sogleich mit schelmischer Miene nach mir um und versetzte schalkhaft:

»Lassen Sie mich ungeneckt, mein schöner Herr, und verbrennen Sie sich nicht an meinem Herde, oder es wird Ihnen schlecht ergehen. Niemand als ich kann Ihnen dann helfen, und unerachtet ich gleich geschickt im Bette als in der Küche bin, so dürft’ ich Sie doch wohl ein wenig zappeln lassen.«

Ich ließ mich hierdurch nicht abschrecken, sondern blieb stehen und betrachtete mir ganz aufmerksam alle Reize dieses drolligen Mädchens. Ich schweige der übrigen, da ich für Kopf und Haar von jeher vorzüglich eingenommen gewesen. Bin ich in Gesellschaft, so sehe ich mich beständig danach um, und in der Einsamkeit habe ich im stillen meine Lust und Freude daran.

Der Grund, den ich mir von diesem Vorzuge anzugeben weiß, ist dieser:

Wäre der Kopf nicht der vornehmste Teil des Körpers, wie würde die Natur denselben so frei in die Augen fallen und, wie auf ein Fußgestelle, auf die Schultern erhoben haben? Das Haar aber ist durch seine eigentümliche Schönheit dem Haupte, was den übrigen Gliedern kaum nur der gesuchte Schmuck lachender Farben und prachtreicher Kleider ist. Ja, will eine Schöne recht sich sehen lassen und in all ihrem Reize erscheinen, so wirft sie die Bekleidung ab, jeglicher Schleier fällt: sie tritt allein in ihrer nackten Schönheit auf und vertraut mehr auf die Rosen ihrer Haut als auf das Gold ihres Gewandes. Allein (Frevel ist’s, es nur zu sagen, und niemals müßte sich ein Beispiel einer so abscheulichen Untat ereignen) entblößet das Haupt des schönsten Mädchens seines Haares, ihr raubt zugleich auch dem Gesichte all seine Liebenswürdigkeit! Und käme sie von dem Himmel hernieder, wäre sie aus dem Meere geboren und von den Wellen erzogen, ja wäre sie Venus selbst, umtanzt von den drei Huldgöttinnen, gefolgt von dem ganzen Volke der Amoretten, mit ihrem Gürtel geschmückt, duftete sie Zimt und tröffe von Balsam, ginge aber kahlköpfig einher, – gefallen könnte sie selbst Vulkan nicht. Im Gegenteil, was kann bezaubernder sein als ein Haar von schöner Farbe und blendendem Glanze, das hell in der Sonne blitzt oder nur einen sanften Widerschein von sich gibt und durch wechselnde Anmut seinen Anblick vervielfältigt; das jetzt wie Gold schimmernd, sanft zur Farbe des Honigs sich verdüstert, jetzt bei Rabenschwärze mit der Täubchen blauspielenden Hälsen wetteifert oder, gesalbt mit arabischem Wohlgeruch, von künstlicher Hand geteilt und glatt zurückgebunden, wie ein Spiegel des gegenüberstehenden Liebhabers Bild verschönert zurückwirft? Was kann man Edleres sehen, als wenn die Fülle desselben, in einem Schopf gewunden, den Scheitel krönt oder ringelnd über den Rücken hinabfließt? Kurz, die Würde des Haares ist so groß, daß, geht eine Schöne auch noch so geschmückt mit Gold, Stoff, Edelgesteinen und allem übrigen Staate und hat nur nicht für die Zierlichkeit ihrer Haare gesorgt, sie deswegen allein von niemand für angeputzt gehalten wird.

Meine Fotis trug die ihrigen mit einer glücklichen Nachlässigkeit geziert und war darum nur desto reizender. Aufgerollt am Ende und verloren auf dem Wirbel durch eine Schleife befestigt, fielen sie in ihrem ganzen Reichtum auf den Nacken herab, verteilten sich um den Hals herum und ruhten an desselben gekräuseltem Streif.

Ich konnte mich vor Übermaß der Wollust nicht mehr halten. Ich umfing Fotis und drückte den Spitzen ihrer Haare, wo sie sich über der Stirn in einen Knoten verschlangen, den honigsten Kuß auf.

Sie bog den Hals zurück, sah mich seitwärts mit durchtriebenen Augen an und sprach:

»He, kleiner Lecker, das ist bittersüße Ware! Lassen Sie die Näscherei, oder Sie werden sich mit dem zu vielen Honig endlich den Magen vergällen!«

»Wenn’s weiter nichts ist, immerhin!« versetzte ich. »Für einen einzigen Kuß von dir, du allerliebstes Mädchen, laß ich mich wohl lebendig auf diesen glühenden Kohlen braten.«

Mit den Worten drückte ich sie fester an mich und küßte sie. Und schon umschlang sie mich, von gleichen Trieben hingerissen und wie ich schmachtend von lechzendem Verlangen; schon sog ich ihren Zimtatem aus halbgeöffnetem Munde ein, saugte Nektar von ihrer der meinigen begegnenden Zunge und fühlte mich unwiderstehlich zum völligen Genusse der Wollust hingerissen, als ich ausrief:

»Ich sterbe, Fotis; erbarme dich, ich sterbe!«

Unter wiederholten feuervollen Küssen antwortete sie:

»Sei guten Muts! Dein Wunsch ist auch der meine, und später denn diesen Abend soll unser Vergnügen nicht verschoben sein. Sobald Licht angesteckt, bin ich auf deinem Zimmer. Jetzt geh und rüste dich zum Kampfe. Ich kündige dir Fehde auf die ganze Nacht an.«

Nach diesem und ähnlichem Gekose schieden wir voneinander.

Kaum war es Mittag, so schickte mir Byrrhenna zum Gastgeschenk einen fetten Schweinsbraten, fünf junge Hühner und einen guten Vorrat köstlichen alten Weins.

Ich rief gleich Fotis.

»Sieh hier«, sagte ich, »der Venus Ermunterer und Waffenträger, Bacchus, ist auch schon da. Schonen wir seiner heute nicht, auf daß er in uns alle träge Scham ertränke und rüstige Wollust dafür herbeischaffe! Denn frisch segelt das Schiffchen der Venus die Nacht hinunter, wenn nicht in der Lampe das Öl noch im Becher der Wein versiegt.«

Der Rest des Tages ging über dem Bade hin und dem schmalen Abendessen beim Milo, wozu ich eingeladen war.

Byrrhennens Warnung eingedenk, vermied ich bei Tische, soviel ich konnte, die Augen meiner Wirtin, und sah ich sie ja einmal ein, so war es so schüchtern, als ob ich in die Hölle blickte. Ich hielt mich dafür an Fotis schadlos; denn mit innigem Vergnügen schielte ich immer nach ihr hin, als sie hinter uns aufwartete.

Wie es etwas später hinkam, sah Pamphile die Lampe an und rief: »Ei, was werden wir morgen für Regen kriegen!« – »Woher weißt du denn das?« fragte der Mann. – »Das sagt mir die Lampe«, antwortete sie.