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Eine Abordnung aus Freiwilligen holte dann die Verunglückten aus den unteren Räumen. Sie stießen zwar nicht auf das Tier, aber sie kamen vollkommen geschwächt zurück. Die Geretteten waren kaum aus ihrem Dämmerschlaf zu wecken.

Der Captain berief eine Versammlung ein, aber ihr Ergebnis war ziemlich hoffnungslos: Wir kamen zum Schluß, daß sich das Wesen, das ich gesehen hatte, von Kalzium ernährte und daß es die Fähigkeit hatte, dieses aus einer Umgebung an sich heranzuziehen. Wir erörterten einige verzweifelte Pläne, um uns dagegen zu wehren; einige schlugen vor, den Teil des Schiffes, wo sich das Monstrum aufhielt, zu sprengen, andere wollten komplizierte Fallen aufstellen...

Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Ich sah die bleichen Gestalten der Kameraden, wie sie müde in den komfortablen Liegesesseln lümmelten, den verbundenen Oberkörper des Captains, den regungslos liegenden Spike. Allerlei Gedanken gingen mir durch den Kopf, Ich fühlte mich wohl wie immer, nie hatte ich das Ziehen gespürt, mit dem sich bei den anderen der Kalziumentzug äußerte. Als einziger hatte ich das Wesen gesehen – es war mir nichts geschehen. Alle meine Folgerungen liefen an einem Punkt zusammen...

Wenn es stimmte, war es sehr traurig für mich. Aber es bedeutete – vielleicht! – die Rettung.

Unauffällig zog ich mich zurück, verschwand hinter einer blätterüberzogenen Gitterwand, schlich mich durch die Tür...

Ich mußte Gewißheit haben. Im Laborraum des Doktors gab es das, was ich suchte – eine stricknadellange Injektionsnadel. Ich öffnete mein Hemd und stach sie mir durch die Haut unterhalb des Brustbeins – langsam senkte sie sich ein, ein wenig schräg hinauf –, ich wußte genau, wohin ich treffen mußte. Es kostete mich große Überwindung, ich spürte mein Herz pulsieren, Schweiß stand auf meiner Stirn. Meine Reaktionen waren die der normalen Menschen.

Und dann hatte ich die Gewißheit: Die Nadel stieß – in etwa fünf Zentimeter Tiefe – auf etwas Hartes, Undurchdringliches, Metallenes.

Nun gab es keinen Augenblick der Besinnung mehr. Mein Leben war völlig unwichtig. Ich holte mir eine Maschinenpistole aus dem Vorratsraum und lief ins Innere des Schiffes. Noch nie war mir der Geruch der vertrockneten Pflanzen so unerträglich vorgekommen, das Leblose in diesen Luxusräumen so erdrückend. Aber auch noch nie hatte ich so sicher gewußt, was ich zu tun hatte.

Lange Zeit lief ich im hintersten Teil des Schiffes herum. Ich suchte das Kalziumwesen. Immer wieder diese wunderschönen Räume, in denen der Tod saß – dürre Pflanzen, Aquarien mit verfaulten Fischen, Liegebänke, Spieltische, Gartenschaukeln. Wasserbecken, Plastiken, leuchtende Kugeln – Lichtquellen und Schmuck zugleich.

Dann bemerkte ich Anzeichen von Unordnung. Beiseitegeschobene Stühle, umgeworfene Blumenbehälter... War das ein Geräusch?

Ich stand still, lauschte – ein Schleifen und Scharren. Ich hob die Impulspistole und schlich weiter. Dort ein silbergrauer Knäuel, riesengroß, tastende Fühler oder Antennen, Hunderte von spinnendürren Armen und Beinen. Sie bewegten sich an einer Stelle zur Seite und eine Art parabolischer Spiegel richtete sich auf mich – aber ich spürte keine Wirkung. Mir kann niemand Kalzium entziehen. Ich legte den Finger an die Abzugtaste der Maschinenpistole – aber kein Impuls lief ab. Noch einmal drückte ich durch: nichts!

Und jetzt erst fiel mir ein: Meine Waffe arbeitete mit einer Germanium-Kalziumsulfid-Kathode – und war natürlich längst zerstört.

Eine entsetzliche Wut überlief mich. Jetzt durfte mein Plan nicht mehr scheitern. Ich warf die Pistole weg – packte einen Stuhl – lief auf das Tier zu. Mit aller Kraft warf ich mich darauf, schmetterte den Stuhl von oben hinunter...

Ich fand fast keinen Widerstand – ich lief geradezu in das Tier hinein. Eine poröse Masse stäubte zu Boden. Die Fühler, die Arme und Beine vibrierten, aber ich wischte mit der Hand darüber weg, und sie brachen, zerfielen. Der Leib des Tieres, der unter den Gliedmaßen zum Vorschein kam, blähte sich auf, rollte und wogte. Aber einige Hiebe mit dem Stuhl brachten ihn zur Ruhe. Das alles war kinderleicht. Trotzdem war ich am Ende meiner Kräfte – die Anspannung der Nerven, die Aufregung.

Vier Stunden brauchte ich, um zurückzukommen. Der Captain war wütend. Aber als ich ihm sagte, daß das Tier tot war, wurde er still. Alle liefen hinunter, dorthin, wo sein zerfallener Körper lag.

Erst als sie wiederkamen, wurde mir das Glück, sie gerettet zu haben, bewußt: Spike, den hilfsbereiten stillen Physiker, den dicken Smoky, den wißbegierigen Willy, und alle andern, die ganze Mannschaft erprobter Raumfahrer, die mich zu den Ihren zählt. Jack, der Kokons voll Kalziumoxids gefunden hatte – genug um unseren Katalysator neu zu beschicken –, den Doc, der zerbröckelte Reste des Wesens in Fläschchen mitbrachte, und den Captain, der auf mich zutrat und sagte: »So verdammt unangenehm war es mir nie, jemand bestrafen zu müssen. Aber du mußt einsehen: drei Tage Arrest. Du hast dich unerlaubt von uns entfernt.«

Die Strafe macht mir nichts aus. Viel wichtiger ist, daß sie nichts erfahren. Denn ich habe sie gern, alle, und ich möchte, daß auch sie mich lieb behalten. Und das ist doch nicht ganz sicher, wenn sie von der Positronenzelle in meiner Magengrube erfahren. Wenn sie erfahren, daß ich ein Roboter bin.

42

Selbstvernichtung

»Versuchen Sie eine Umkehrung«, sagte der Koordinator. Das ist prinzipiell bei jedem Makrovorgang möglich – jedes Naturgesetz der klassischen, nicht statistischen Physik erlaubt, daß die beschriebene Erscheinung auch in umgekehrter Richtung verläuft. So widerspräche es z.B. keiner physikalischen Regel, wenn die Radiowellen nicht vom Sender ausgesandt würden, sondern von allen Seiten in ihm zusammenliefen. Mikrovorgänge statistischer Natur spielen bei solchen und ähnlichen Vorgängen keine wahrnehmbare Rolle.

Der Commodore saß wie so oft bei seinen Kursberechnungen. Da kam die Meldung. Er lief zum Bildschirm und sah es selbst. Eine weiße Nadel stach quer über den Himmel, ein langer Lichtstrahl, nur zeitweise von dazwischentretenden Kleinplaneten unterbrochen. Er ging von einem diskusartigen Körper aus. Dann erfaßte er einen Planetoiden, der sich nun wie eine selbstleuchtende Sonne von seinen Nachbarn abhob. Es bestand höchste Alarmbereitschaft.

»Entfernung messen!« befahl der Commodore. »... der Helligkeit den Energiefluß berechnen! Alle Mann auf Gefechtsstation!«

Er beobachtete weiter. Er sah, wie sich um den bestrahlten Planeten plötzlich ein Schleier bildete. Den Strahl entlang schien sich rasend schnell etwas zu bewegen. Gleichzeitig wurde der Himmelskörper durchsichtig, schwoll auf, zerstreute sich, zerstäubt von fremden Energien. Das Licht erlosch. Das Raumschiff war verschwunden.

Der Commodore rieb sich die Augen. Das Schiff war verschwunden! Es konnte sich doch nicht in Nichts aufgelöst haben!

»Da ist es wieder!« schrie der Beobachter.

»Unmöglich!« stammelte der Commodore, obwohl er es selbst sah. In den wenigen Augenblicken, seit sie es aus den Augen verloren hatten, hatte es fast die ganze Himmelhalbkugel durchquert. Wieder bohrte sich ein Lichtkegel in das Schwarz. Diesmal war es nur ein winziger Brocken, der in der Helligkeit auftauchte. Er bewegte sich gegen das Schiff, wie vom Strahl herangezogen. Der Strahl erlosch, ohne daß sie erkennen konnten, was mit dem eingefangenen Himmelskörper geschehen war. Und wieder vollführte der Flugkörper einen gewaltigen Sprung und begann sein Spiel von neuem.

»... Teufel, wo bleiben die Meßergebnisse!« brüllte der Commodore.

Der Navigator stürzte herbei und stotterte: »Entfernung drei Lichtminuten – Durchmesser des Schiffs sieben Kilometer – Energiefluß...«