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Die Früchte rollen in den Schäler, vom Schäler in die Presse. Der Stempel senkt sich. Der Transportrobot nimmt das Glas Tomatensaft auf und gleitet zur Tür der Veranda.

Eine Anordnung trifft ein.

Er wendet sich zur Küche zurück. Die rotorangene Flüssigkeit verschwindet im Müllfach. Der Zerstäuber zischt auf.

Auf der Veranda liegt freundliches gelbes Licht. Der Wind bewegt die Blattpflanzen und die langen, gewendelten Luftwurzeln. Der Sanitätsautomat steht im Hintergrund. Ein Fühler umschließt das Handgelenk des alten Mannes. Der alte Mann sitzt tief in Polstern vergraben, das Lehnbett steht im Schatten. Sein Gesicht trägt einen friedlichen Ausdruck. Er ist den Ausläufern der Stadt zugewandt, dem Zuge des Aquädukts, der im Grau der Berge verschwindet, den Kuppeln der Luftspeicher, den Steingärten mit dem bunten Glanz der Minerale.

Der alte Mann ist tot.

Der Sanitätsrobot meldet es der Zentrale.

In der Zentrale klicken Relais. Die Magnettrommel läuft. Millionen Transistoren verteilen Impulse. Spannungen orientieren mikrokristalline Körner um. Muster entstehen, die noch niemals entstanden sind.

Die Zentrale arbeitet. Sie tastet alle Informationen ab, sucht nach Befehlen. Vergeblich. Diese Situation ist neu.

Die Ströme suchen sich immer wieder andere Wege. Die Elektronen konzentrieren sich bald da, bald dort. Eine rote Lampe leuchtet oszillierend auf – Kurzschluß.

Die Zentrale schickt eine Schockwelle durch die Leitungen. Die Zeiger der Meßinstrumente schnellen über die roten Teilstriche, fallen auf Null. Neuer Strom dringt zögernd in die Drähte ein...

Die Zentrale ruft die Lichtflugzeuge herunter. Sie stellt den Wetterdienst ein. Sie unterbricht die Transportfahrten der Gyrokarren. Sie konzentriert sich auf ihr Problem...

Zwei Möglichkeiten zeichnen sich ab.

Die erste – die Stadt zur Ruhe legen. Die Energieversorgung einstellen. Zu arbeiten aufhören. Schluß machen. Die zweite...

Die Zentrale sendet Nachrichten aus, eine nach der andern. Die Robotküchen werden sich auf Maschinenöl umstellen, auf Sprühmittel, auf Benzingemisch. Der Wetterdienst wird Licht, Temperatur und Feuchtigkeit dem Stahl, dem Aluminium, dem Chrom anpassen. Die Gyrokarren werden Erze aus den Bergen holen, die Fabriken neue, selbständige Maschinen bauen. Die Wehranlagen werden sie schützen...

Die Stadt wird weiterleben – jetzt für sich selbst.

52

Links ist Tod

Die allgemeine Relativitätstheorie legt dar, daß Raum und Schwerkraft in grundlegender Weise zusammenhängen. Der Eintritt in einen anderen Raum dürfte nur über Schwerefelder riesiger Stärke führen, deren Eigenschaften wir heute noch nicht kennen. Ist dieses Problem einmal technisch gelöst, dann ist es nur eine Nebensache, ob der neue Raum gleiche Paritätseigenschaften hat oder nicht, ob er sich symmetrisch oder antisymmetrisch zu unserem verhält, ob er eine Spiegelwelt ist oder nicht.

Wie lächerlich ist eigentlich der Beruf eines Zugführers! Ich sitze in meinem Stuhl und starre auf die Schienen, die sich unentwegt nähern und doch stets gleich entfernt bleiben. Links ist Kobaltwüste und rechts ist Kobaltwüste. Wie Rinden sitzen die roten Salzkrusten auf der Ebene. Wie Algenkolonien. Wie Geschwüre.

Die Fahrt erfolgt automatisch. Ich habe nichts zu tun. Das einzige, was ich bedienen muß, ist der Wärmeregulator. Bald werden wir die Schleuse passieren. Bald werden wir aus der Lichtzone in die Dunkelheit kommen. Aus 150° plus in 150° minus.

Wie ein lauschendes Ohr steht das Mikrophon vor mir. Was für Beobachtungen soll ich festhalten? Links ist Wüste, rechts ist Wüste. Mir kann das nie passieren, was den beiden anderen passiert ist. Unaufmerksamkeit? Überarbeitung? Nicht bei mir!

Der Übergang vom Licht zum Schatten erfolgt schnell. Ganz plötzlich wird es dämmrig, wird es dunkel. Wie Blutlachen stehen die Salzflächen in den schwarzen Oxyden, glänzend im streifenden Licht.

Das ist der dritte Zug, der durch die Schleuse geht. Mit beiden ist es geschehen. Die Zugführer hatten die Heizung nicht eingestellt. Die Züge kamen an. Aber die 700 Fahrgäste stiegen nicht aus. Sie bewegten sich nicht. Saßen, starrten. Bis das Bahnhofpersonal in die Wagen stieg. Erfroren. 700 Fahrgäste. Und der Zugführer mit ihnen.

Wir haben den Passagieren nichts gesagt. Wenn etwas passiert, merken sie es nicht. Aber es wird nichts passieren. Ich passe auf. Wache. Konzentriere mich. Der Drehknauf steht jetzt ganz rechts – auf Kühlung. Sobald wir die Schleuse hinter uns haben, werde ich ihn nach links drehen – auf Heizung. Ich werde mich nicht auf langsames Nachregeln einlassen wie die andern. Ich werde den Hebel einfach ganz nach links werfen.

Man merkt nicht viel von der Gravitationsumkehr, von der Rechts-links-Vertauschung. Ich bin schon ein dutzendmal durchmarschiert. Ein wenig Schwindel. Alles zieht sich in die Länge, windet sich, krümmt sich. So, wie wenn du einen Rausch hast. Dann ist alles vorbei. Fast ohne Folgen. Der Schutzanzug aus einem Netz von Negatronenleitungen schützt einen. Nur die Umgebung ändert sich. Es geht schnell. Plötzlich ist man in einem anderen Raum.

Jetzt sind wir da! Die Gegenstände schwanken, werden länger. Hast du dich schon einmal einem Vergrößerungsspiegel genähert? Wie man sie oft zum Rasieren benützt? Da dreht sich auch auf einmal alles, fällt zusammen – und ist wieder da. So ist es auch hier. Ein Moment der Verwirrung... vorbei.

Jetzt den Knopf drehen! – Er scheint zu klemmen... Ich versuche noch einmal zu drehen... ein kleines Stückchen zurück nach rechts, dann nach links bis zum Anschlag: Heizung. Jetzt ist alles in Ordnung.

Ich blicke hinaus. Fast nichts zu sehen. Dämmerung, Dunkelheit. Nur ganz schwach die endlosen Flächen der Kobaltwüste, links und rechts.

Ein kühler Hauch läuft über mich hinweg... Ist etwas undicht? Ich sehe mich um. Türen und Fenster geschlossen. Es war wohl eine Täuschung.

Ich bin etwas unruhig. Sollte es uns genauso gehen wie den anderen beiden Zügen? Aber bei denen war doch der Heizungsknopf nicht umgeschaltet. Ich habe es nicht vergessen. Oder sollte... Ein furchtbarer Gedanke schießt mir durch den Kopf...

Ich grüble... Plötzlich fällt es mir ein: die Rechts-links-Vertauschung! Man darf den Hebel nicht umlegen – das besorgt die Gravitationsumkehr von selbst.

Ein kurzer Entschluß! Ich reiße den Hebel herum... Jetzt müßte es richtig sein. Ich lehne mich zurück. Ich bin müde. Ich kann mich noch so sehr zusammennehmen – aber ich habe keine Kraft mehr. Es ist kalt. Mein Atem bildet Wolken in der Luft. Vielleicht war es doch zu spät. Doch die, die nach uns kommen, sollen daran denken: Sie dürfen den Knopf nicht drehen! Rechts und Links sind vertauscht! Rechts ist Wärme, links Erstarrung! Rechts ist Leben, links ist Tod!

Jetzt ist das Problem gelöst. Ist es gelöst? Oder ist mir doch ein schrecklicher Fehler unterlaufen?

53

Krieg

Wirtschaftliche und kriegerische Aktionen lassen sich an elektronischen Rechenmaschinen durchexerzieren und dadurch in ihren Folgen beurteilen. Das geschieht schon heute. Nur wenige wissen, daß die Frage, ob die USA aktiv in den Koreakonflikt eingreifen sollten, einem Elektronengehirn vorgelegt wurde. Es hat für den Frieden entschieden.

Der Krieg war erklärt. Der gesamte Generalstab der westlichen Union war im Bunker des Heptagons versammelt. Mit gerunzelter Stirn beobachtete der Oberbefehlshaber das Elektronengehirn, das die möglichen künftigen Schlachten gegeneinander abwägen sollte. Funken sprühten, Relais knackten. Ein rotes Lämpchen leuchtete auf, die Maschine verstummte.

Der Chefmathematiker ließ die gelochten Streifen durch die Finger gleiten.