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Eines Abends wollte man mich ermorden; die Tür wurde eingetreten, doch durch das Geschrei meiner Nachbarn gewarnt, hatte ich gerade genug Zeit zu fliehen, ohne mehr mitzunehmen als das, was ich am Leibe trug. Da ich erkannte, dass es lebensgefährlich wäre, in Frankreich zu bleiben, ließ ich alles, was ich besaß, zurück, Vermögen wie Möbel, und da ich in meinem Vaterland nicht mehr sicher war, kam ich hierher zu meinem älteren Bruder, einem Deportierten, der kindisch geworden ist und den ich um nichts in der Welt im Stich lassen würde. Meiner achtzigjährigen Schwägerin hat man das Leibgedinge, das ich ihr aus meinem Besitz zukommen ließ, unter dem Vorwand vorenthalten, mein Besitz sei beschlagnahmt, was bedeutet, dass ich bankrott sterben werde, wenn kein Wunder geschieht, was ich sehr bezweifle.

Ich muss gestehen, General, dass ich mich auf den neuen Stil nicht verstehe, doch im alten Stil verbleibe ich als

Ihr ergebener Diener

DUROSEL BEAUMANOIR

»Wohlan! General, was sagen Sie?«

»Ich sage«, erwiderte der Erste Konsul mit leicht belegter Stimme, »dass es mich zutiefst erschüttert, dergleichen zu erfahren. Diese Schuld ist eine heilige Schuld, Bourrienne. Schreiben Sie General Durosel, ich werde den Brief unterzeichnen. Sie werden ihm zehntausend Francs schicken, bis wir mehr für ihn tun können, denn das bin ich diesem Mann schuldig, der meinem Vater geholfen hat; ich werde mich um ihn kümmern... Aber apropos Schulden, Bourrienne: Ich muss mit Ihnen über eine ernste Sache sprechen.«

Bonaparte setzte sich; seine Stirn verfinsterte sich.

Bourrienne blieb neben ihm stehen.

»Ich muss mit Ihnen über Joséphines Schulden sprechen.«

Bourrienne fuhr zusammen. »Sehr wohl«, sagte er. »Und wer hat Ihnen dazu geraten?«

»Die Stimme des Volkes.«

Bourrienne verbeugte sich, als verstehe er nicht ganz, wage aber nicht nachzufragen.

»Stell dir vor, Bourrienne« (wenn Bonaparte erregt war, kam es vor, dass er sich vergaß und seinen alten Kameraden duzte), »stell dir vor, ich habe mich mit Duroc unter die Leute gemischt, um zu hören, was geredet wird.«

»Und haben Sie viel Schlechtes über den Ersten Konsul zu hören bekommen?«

»Tatsächlich«, sagte Bonaparte lachend, »hätte ich fast Prügel bezogen, weil ich Schlechtes über ihn gesagt habe; ohne Duroc und die Hiebe, die er mit seinem Knüppel verteilt hat, wären wir wahrscheinlich festgenommen und der Polizeiwache von Château-d’Eau vorgeführt worden.«

»Aber das erklärt nicht, wie mitten unter den Lobreden auf den Ersten Konsul die Rede auf die Schulden Madame Bonapartes gekommen sein kann.«

»Mitten unter den Lobreden auf den Ersten Konsul wurden sehr wenig schmeichelhafte Dinge über seine Frau geäußert. Es hieß, Madame Bonaparte ruiniere ihren Mann mit ihren Toiletten, sie mache überall Schulden, das unscheinbarste ihrer Kleider koste hundert Louisdors und der schlichteste ihrer Hüte zweihundert Francs. Ich glaube kein Wort davon, Bourrienne, das weißt du; aber kein Rauch ohne Feuer. Letztes Jahr habe ich Schulden von dreihunderttausend Francs beglichen. Man hat sich darauf berufen, dass ich aus Ägypten kein Geld geschickt hatte. Schön und gut. Aber das hier ist eine andere Sache. Joséphine erhält von mir sechstausend Francs im Monat für ihre Toilette, und ich erwarte, dass sie damit auskommt. Mit übler Nachrede dieser Art wurde die arme Marie-Antoinette dem Volk verhasst gemacht. Du musst Joséphine zur Rede stellen, Bourrienne, und Ordnung in diese Geschichte bringen.«

»Sie können sich nicht vorstellen«, erwiderte Bourrienne, »wie froh ich bin, dass Sie von sich aus dieses Thema zur Sprache bringen. Heute Morgen, als Sie mich bereits ungeduldig erwarteten, bat mich Madame Bonaparte genau darum, mit Ihnen über die missliche Lage zu sprechen, in der sie sich befindet.«

»Missliche Lage, Bourrienne! Was verstehen Sie darunter?«, fragte Bonaparte, der seinen Sekretär jetzt nicht mehr duzte.

»Ich verstehe darunter, dass ihr das Leben schwer gemacht wird.«

»Und durch wen?«

»Durch ihre Gläubiger.«

»Ihre Gläubiger! Ich dachte, ich hätte sie von ihren Gläubigern befreit.«

»Vor einem Jahr, ja.«

»Nun?«

»Nun, die Situation hat sich im Verlauf dieses Jahres grundlegend geändert. Vor einem Jahr war sie die Ehefrau des Generals Bonaparte, heute ist sie die Ehefrau des Ersten Konsuls.«

»Bourrienne, damit muss ein für alle Mal Schluss sein. Ich will nie wieder solche Dinge zu hören bekommen.«

»Das ist ganz meine Meinung, General.«

»Es darf kein anderer als Sie damit befasst sein, all diese Schulden zu bezahlen.«

»Ich könnte mir nichts Besseres wünschen. Geben Sie mir die erforderlichen Mittel, und die Sache wird im Handumdrehen erledigt sein, dafür lege ich die Hand ins Feuer.«

»Wie viel benötigen Sie?«

»Wie viel ich benötige? Nun, ja, hm...«

»Nun?«

»Nun! Das ist genau das, was Madame Bonaparte Ihnen nicht zu sagen wagt.«

»Wie! Was sie mir nicht zu sagen wagt? Und du?«

»Ich genauso wenig, General.«

»Du auch nicht! Dann muss es bodenlos sein!«

Bourrienne seufzte hörbar.

»Alles in allem«, fuhr Bonaparte fort, »wenn ich letztes Jahr die Schulden bezahlt habe und dir jetzt dreihunderttausend Francs gebe...«

Bourrienne schwieg. Bonaparte betrachtete ihn beunruhigt.

»Sag endlich etwas, du Dummkopf!«

»Nun denn! Mit dreihunderttausend Francs, General, geben Sie mir nur die Hälfte des geschuldeten Betrags.«

»Die Hälfte!«, rief Bonaparte und erhob sich. »Sechshunderttausend Francs! Sie muss – sechshunderttausend Francs?«

Bourrienne nickte zustimmend.

»Hat sie Ihnen diesen Betrag gestanden?«

»Ja, General.«

»Und wie soll ich diese sechshunderttausend Francs aufbringen? Vielleicht aus den fünfhunderttausend Francs, die ich als Konsul verdiene?«

»Nun ja, sie vermutet sicherlich, dass Sie hie und da ein paar hunderttausend Francs zurückgelegt haben.«

»Sechshunderttausend Francs!«, wiederholte Bonaparte. »Und zur gleichen Zeit, in der meine Frau sechshunderttausend Francs für ihre Toilette ausgibt, gebe ich der Witwe und den Waisen tapferer Soldaten, die vor den Pyramiden und bei Marengo fielen, hundert Francs Rente! Und so viel kann ich noch nicht einmal allen von ihnen geben! Ein ganzes Jahr lang müssen sie von diesen hundert Francs leben, während Madame Bonaparte Kleider für hundert und Hüte für fünfundzwanzig Louisdor trägt. Sie haben sich sicher verhört, Bourrienne, es können nicht sechshunderttausend Francs sein.«

»Ich habe mich nicht verhört, General, und Madame Bonaparte ist sich erst gestern über ihre Lage klar geworden, als sie eine Rechnung über vierzigtausend Francs für Handschuhe erhielt.«

»Was sagen Sie da?«, rief Bonaparte.

»Ich sagte, vierzigtausend Francs für Handschuhe, General. Was sollen wir tun? So ist es nun einmal. Sie hat gestern Abend mit Madame Hulot ihre Rechnungen nachgezählt. Die ganze Nacht über hat sie geweint, und heute Morgen habe ich sie in Tränen aufgelöst vorgefunden.«

»Bah! Soll sie nur weinen! Soll sie weinen vor Scham oder besser noch vor Gewissensbissen! Vierzigtausend Francs für Handschuhe! In welchem Zeitraum?«

»In einem Jahr«, erwiderte Bourrienne.

»In einem Jahr! Der Lebensunterhalt von vierzig Familien! Bourrienne, ich will alle Unterlagen sehen.«

»Wann?«

»Auf der Stelle. Es ist acht Uhr, Cadoudal hat um neun Uhr Audienz, ich habe genug Zeit. Auf der Stelle, Bourrienne, auf der Stelle!«

»Sie haben recht, General, bringen wir es zu Ende, wenn wir schon dabei sind.«

»Holen Sie mir die Rechnungen, und zwar alle, ohne Ausnahme; wir werden sie gemeinsam durchsehen.«