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»Mein Geschenk besteht aus Worten, Danka«, verkündete der Kater, nachdem er sich satt gegessen hatte. »Du bist jetzt alt genug, damit ich dich in Verschiedenes einweihen kann.«

»Nur zu«, forderte ich ihn auf, während ich versuchte, Käse mit dem Schwert zu schneiden. Ich wollte das unbedingt mit dem Schwert machen, obwohl es ständig abrutschte und nur idiotisch kleine Streifen abhobelte.

»Wir fliegen jetzt in irgendeine Stadt der Flügelträger und überreden sie, in den Krieg gegen die Freiflieger zu ziehen.«

»Sollen wir selbst etwa nicht kämpfen?«, fragte Len perplex.

»Doch, aber nicht nur wir. Danka wird dir bestätigen, was ich jetzt darlege, denn in seiner Welt kommt es ebenfalls zu richtigen Kriegen.«

»Stimmt«, bestätigte ich. Es gefiel mir, dass den Kater meine Meinung interessierte.

»Krieg bedeutet, dass das ganze Volk, dass alle Menschen in den Kampf gegen den Feind ziehen«, fuhr der Kater fort. »Wenn alle Kräfte aufgeboten werden, wenn die Menschen nur noch eine Alternative akzeptieren: entweder den Sieg zu erringen oder zu sterben.«

»Bei uns will aber niemand sterben.« Lens Gesicht verfinsterte sich.

»Aber ihr wollt doch, dass die Sonne scheint?«, fuhr ihn der Kater an. »Deine Generation hat sie zwar nicht verkauft – aber sie ist es, die den Preis dafür zahlt! Entweder ihr dient noch tausend Jahre lang den Freifliegern und Händlern oder ihr geht das Risiko ein! Denn den anderen kommt das, was ihr bislang unter Krieg versteht, hervorragend zupass! Die Freiflieger brauchen junge dumme Bengel als Nachwuchs. Und die Händler brauchen frische Ware – eure erwachsenen Männer und die Waffen der Freiflieger. Vorwürfe kann man beiden eigentlich nicht machen, das ist einfach ihre Moral. Aber wenn du ein Mensch bist, Flügelträger, dann stelle dich gefälligst auf die Seite des Lichts!«

Len schwieg.

»Du kannst mein Glas austrinken«, sagte der Sonnenkater unvermittelt. »Und nimm’s mir nicht übel, dass ich so deutliche Worte sage. Ich schlage eben keine Halbheiten vor… Len, mein Junge, wenn du die Sonne und die Sterne sehen möchtest, wenn du die Angst um dich und deine Freunde für immer hinter dir lassen willst…« Der Kater legte eine Pause ein. »… dann fang einen richtigen Krieg an!«

Len verteilte den Sekt des Katers auf sein und mein Glas. »Ich sage ja gar nichts«, meinte er verlegen. »Ich will nur keinen Krieg. Ich weiß nicht, wie man dort, in Dankas Welt, kämpft…«

»Bei uns wird so gekämpft, dass sich die Freiflieger vor Angst in die Hose scheißen würden«, platzte ich dazwischen. Schon seit Längerem wollte ich auch einen Beitrag zum Gespräch leisten, hatte es aber bisher nicht geschafft. »Man kämpft, bis das ganze Land brennt! Mit Bomben, im Vergleich zu denen das Schwarze Feuer Kinderkram ist!«

»Und gegen wen?«

Das brachte mich aus dem Konzept.

»Also… wir kämpfen untereinander. Schließlich gibt es bei uns keine Freiflieger.«

»Dann ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn es bei uns welche gibt?« Len kippte seinen Sekt auf ex hinunter. Ich wollte zwar nichts mehr trinken, konnte das Glas jedoch auch nicht stehen lassen…

»Dafür haben sie das Licht«, erklärte der Kater mit leiser Stimme.

»Eben!«, bekräftigte ich stolz.

»Stimmt… Licht ist gut«, meinte Len. »Aber mir ist schwindlig, Danka. Lass uns nachher weiter darüber reden, ja?«

»Von mir aus«, sagte ich unwillig. Doch mir blieb ja immer noch der Kater, mit dem ich mich unterhalten konnte. »Gibt es noch Sekt, Len?«

Len schüttelte den Kopf und streckte sich auf dem Rücken aus. Der Kater sprang mir wieder auf den Schoß.

»Du solltest keinen Sekt mehr trinken, Danka. Du bist ohnehin schon angetrunken.«

»Ich?« Das fand ich komisch. »Von einem Glas Blubberwasser…«

»Von anderthalb Gläsern Sekt. Noch dazu auf leeren Magen.«

»Und wenn schon…« Natürlich irrte sich der Kater gewaltig, das wusste ich genau – aber wie sollte ich ihm das erklären?

»Jetzt hör mir mal zu, Danka«, fuhr der Sonnenkater fort. »Ich möchte dir nämlich wirklich etwas schenken. Einen Rat. Hörst du mir zu?«

»Hmm«, brummte ich, während ich mich neben Len ausstreckte. Windböen strichen über mein Gesicht. Meine Wangen brannten. Die tief hängenden grauen Wolken zogen sich über uns zusammen.

»Wir müssen versuchen, die Flügelträger in einen richtigen Krieg zu führen, Danka. Hast du das verstanden?«

»Na klar.«

»Gut. Dann lass mich dir folgenden Rat geben: Erzähle den Flügelträgern nicht vom Kampf für das Licht, denn sie wissen gar nicht, was Licht ist. Erzähle ihnen nicht vom Kampf gegen die Finsternis. Überzeuge sie davon, dass die Freiflieger einen Angriff auf ihre Städte planen und dass es nichts bringt, die Sache auszusitzen.«

»Und was soll das alles bringen?« Ich schloss die Augen, denn ich wollte schlafen. Warum war ich plötzlich bloß so müde?

»Das wirst du später noch begreifen. Vertraue jetzt einfach auf meinen Rat. Abgemacht?«

»Abgemacht…«, hauchte ich, während die Stimme des Katers sich in der Ferne auflöste. »Du bist wie die Händler… wie Garet… Immer vertröstet ihr mich auf später. Nur handeln soll ich gleich.«

Und noch ehe ich sagen konnte, wie sehr es mir stank, wenn man über meinen Kopf hinweg für mich entschied, war ich bereits eingeschlafen.

Len und ich hätten uns eine gewaltige Erkältung einfangen können, während wir da ein, zwei Stunden im kalten Bergwind auf den Felsen schliefen. Zum Glück taugen die Flügel jedoch nicht nur zum Fliegen. Sie saugen gewaltige Kräfte aus dir heraus, schützen dich dafür aber auch hervorragend gegen die Kälte.

Nachdem wir die leere Sektflasche im Abgrund versenkt hatten, erhoben wir uns wieder in die Luft. Das Wetter wurde immer mieser. Unter der grauen Wolkendecke ballten sich nun auch noch stinknormale Regenwolken. Schneeregen prasselte auf die Flügel. Mir war erst wohler, als wir diesen Lattenzaun von einer Hügelkette hinter uns gelassen hatten und tiefer fliegen konnten.

Die nächste Stadt lag nur eine Flugstunde von uns entfernt. Doch ohne uns darüber abgesprochen zu haben, wollten wir alle in Lens Stadt zurückfliegen. Dort würden wir es leichter haben… nahmen wir zumindest an. Deshalb dauerte unser Flug fast den ganzen Tag.

»Hast du Heimweh?«, fragte ich Len, als wir am Stadtrand runtergingen. Eine Landung im Stadtzentrum hätten die Wachposten falsch verstehen können, und ich brannte nicht gerade darauf, mit den Pfeilen ihrer Armbrüste Bekanntschaft zu schließen.

Mein Junior zuckte ausweichend mit den Schultern, eine Geste, die sehr komisch wirkt, wenn du mit ausgebreiteten Flügeln durch die Luft schwebst.

»Ich schon«, gab ich zu. »Auch wenn man mich hier… nicht sehr mag.«

Wir landeten und legten die Flügel an.

»Wollen wir es für heute gut sein lassen und morgen anfangen?«, schlug Len vor.

»Lass uns die Sache lieber gleich in Angriff nehmen«, widersprach ich. »Solange wir noch so wütend sind.«

»Ganz recht«, sagte der Kater. »Schnelligkeit und Entschlossenheit sind die Methoden des Lichts.«

Kurz vorm Stadtrand, als uns bereits die ersten Flügelträger entgegenkamen, schrie Len plötzlich auf: »Du trägst ja deine Binde gar nicht, Danka!«

»Ich habe auch nicht vor, das zu tun«, erwiderte ich finster. »Jetzt brauchen wir uns nicht mehr zu verstellen.«

»Recht so«, pflichtete mir der Kater bei. »Ich werde mich auch nicht mehr maskieren…« Und sofort leuchtete er heller denn je.

Wir marschierten an den Flügelträgern vorbei, die wie versteinert dastanden – zwei Senioren mit Mädchen in ihrem Alter und ein Junior, der uns mit entgeistertem Blick nachtrottete. Lächelnd winkte ich allen zu. Natürlich winkte niemand zurück.