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»Hm. Es muß aber doch sicher einfachere Wege geben —«

»Das glauben Sie doch selbst nicht! Sie vermuten vielleicht, daß es verläßlichere Wege gäbe — wie zum Beispiel wissenschaftliche Methodik —, aber Sie glauben doch nicht wirklich, daß die leichter sind. Ich selbst habe größten Respekt vor wissenschaftlicher Methodik, weiß aber gleichzeitig, daß sie mir die Art von Wissen, nach der ich suche, nicht bringen kann. Auch hier geht es um Wissen darüber, was das Universum ist und wie es funktioniert, aber nicht die Art von Wissen, die ich mir durch exakte Wissenschaft verschaffen kann; einfach deshalb, weil sich die Naturwissenschaften weigern anzunehmen, daß einige der Naturkräfte Personen sind. Nun trifft das aber in einigen Fällen zu. Und ohne mit diesen Personen in Kontakt zu treten, kann ich die Dinge, die ich wissen will, nie erfahren.

Meine Art der Forschung ist ebenso kostspielig wie der Bau und Betrieb eines riesigen Synchrotrons, Herr Doktor Hess, und es liegt auf der Hand, daß es mir nie gelingen würde, irgendeine Regierung dazu zu veranlassen, meine Arbeit zu finanzieren. Leute wie Dr. Baines aber können das, wenn ich ihrer genug finde — ebenso wie sie ja auch Sie finanzieren.

Schließlich werde ich möglicherweise für das, was ich gelernt habe, mit einem Juwel zahlen müssen, das mit keinem Geld der Erde zu erkaufen ist. Im Gegensatz zu Macbeth weiß ich, daß man das ›kommende Leben‹ nicht überspringen« kann. Aber selbst wenn’s dazu kommt — und wahrscheinlich wird’s dazu kommen —, so nehme ich mein Wissen mit mir, und es wird den hohen Preis wert sein.

Mit anderen Worten — wie Sie selbst ja schon geargwöhnt haben: Ich bin ein Fanatiker.«

Zu seiner eigenen langsam aufdämmernden Überraschung sagte Hess langsam: »Ja. — Ja, natürlich ... ich ja auch.«

9

Pater Domenico lag in einem ungewohnten Bett auf dem Rücken und starrte schlaflos zu der rosa Stuckdecke empor. Dies war die Nacht, deretwegen er gekommen war. Wares drei Tage des Fastens, der Reinigung und des Gebets — wahrhaftig eine blasphemische Parodie der von der Kirche vorgeschriebenen Riten, der Intention, wenn schon nicht dem Inhalt nach — waren vorbei, und er hatte erklärt, er sei nun bereit zu handeln.

Offenbar war er immer noch gesonnen, Baines und seinen beiden abstoßenden Handlangern zu gestatten, der Beschwörung beizuwohnen, aber wenn er je die Absicht gehabt hatte, auch Pater Domenico in die Zeremonie einzubeziehen, so hatte er sich inzwischen jedenfalls eines Besseren besonnen. Das war einerseits zwar enttäuschend, andererseits aber eine große Erleichterung. Pater Domenico hätte freilich an Wares Stelle auch nicht anders gehandelt.

Aber selbst hier, von der eigentlichen Arena des Geschehens ausgeschlossen und von allen schützenden Dingen umgeben, die er nur aufbieten konnte, konnte Pater Domenico jene Bedrückung spüren, die solchen unheilvollen Taten vorausgeht und die sich mit dem ›toten‹ Wetter vor einem Erdbeben vergleichen läßt. Knapp vor der Anrufung einer der himmlischen Mächte war stets eine ähnliche Stille und Spannung in der Luft, aber nicht mit diesen Oberschwingungen von Bösartigkeit und Katastrophe . . . oder hätte vielleicht jemand, der nicht wußte, was hier gespielt werden sollte, den Unterschied nicht wahrgenommen? Das war an sich schon ein beunruhigender Gedanke, aber jedenfalls ein Gedanke, den man ruhig Bischof Berkeley und den logischen Positivisten überlassen konnte. Pater Domenico wußte, was im Gange war — ein Ritual übernatürlichen Mordes. Es ließ ihn in seinem Bett erschaudern.

Irgendwo im Palazzo hörte man den silbernen Klang einer Standuhr, die fern und süß die Stunde schlug. Es war nun zehn Uhr nachts, die vierte Stunde des Saturn am Tage des Saturn, die Stunde also, die, wie selbst der untadelige und bemitleidenswerte Pietro de Abano schrieb, für Experimente des Hasses, der Feindschaft und der Auseinandersetzung die geeignetste war. Gemäß den Bestimmungen des ›Paktes‹ aber war es Pater Domenico nicht gestattet, auch nur für das Mißlingen des infernalischen Planes zu beten.

Die Uhr, diese beidhändige Maschine hinter der ›Schwelle‹, schlug, und schlug dann plötzlich nicht mehr. Ware zog die Brokatvorhänge zur Seite.

Bisher hatte sich Baines trotz allem in dem von einem Gürtel zusammengehaltenen weißen Leinengewand, das ihm Ware gegeben hatte und auf dessen Anlegung dieser bestanden hatte, etwas dumm gefühlt. Als er aber nun Jack Ginsberg und Dr. Hess gleichermaßen gewandet sah, wurde er etwas heiterer. Was Ware selbst anbetraf, so war sein Anblick entweder komisch oder furchterregend, je nachdem, wie man der ganzen magischen Prozedur gegenüberstand. Er trug einen weißen levitischen Überwurf, der auf der Brust mit roter Seide bestickt war. Seine weißen Lederschuhe waren mit Zinnober beschrieben, und seine Papierkrone zierte das Wort EL. Ein gut drei Zoll breiter Gürtel umschloß seine Hüften, der aus dem Fell irgendeines haarigen, löwenfarbenen Tieres gefertigt schien. In diesem Gürtel stak ein in rote Seide gehüllter Gegenstand, in dem Baines nach den Beschreibungen von Dr. Hess den ›Stab der Macht‹ zu erkennen glaubte.

»Und nun müssen wir uns rituell bekleiden«, sagte Ware beinahe flüsternd. »Dr. Baines, auf dem Schreibtisch liegen drei Kleidungsstücke. Nehmen Sie eines davon, dann noch eines und wieder eines. Reichen Sie zwei davon Dr. Hess und Mr. Ginsberg. Das dritte ziehen Sie selbst an.«

Baines griff in das Stoffbündel und hob ein Gewand auf. Es war eine Alba.

»Nehmt eure Roben und haltet sie in euren Händen über euren Häuptern. Wenn ihr das ›Amen‹ hört, laßt sie herabfallen. Nun:

»ANTON, AMATOR, EMITES, THEODONIEL, PONCOR, PAGOR, ANITOR, im Namen dieser hochheiligen englischen Anrufungen, den Namen der Himmlischen, kleide ich mich, o Herr der Herren, in meine Rohen der Macht, so daß ich, innerhalb der Bedingungen des Paktes, alles zu erfüllen vermag, was ich wünsche, durch Dich, IDEODANIACH, PAMOR, PLAIOR, Herr der Herren, dessen Königreich und Herrschaft währet von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.«

Die Alben raschelten hernieder, und Ware öffnete das Tor.

Der Raum, der jenseits lag, war von gelbem Kerzenlicht nur spärlich erleuchtet und ähnelte zunächst nicht im geringsten dem von Dr. Hess beschriebenen Saal. In dem Maße, in dem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, konnte Baines aber allmählich erkennen, daß es doch der gleiche Raum war. Allerdings waren seine Umrisse jetzt kaum sichtbar und sein Mobiliar anders angeordnet: Man hatte nur das Lesepult und die bodenhohen Leuchter — deren es jetzt vier statt nur zwei gab — von der Wand zur Mitte gerückt, und daher waren sie mehr oder minder deutlich sichtbar.

Alles war aber immer noch sehr verwirrend, ein Durcheinander von flackernden Schatten und leicht Übelkeit erregendem Parfüm — und glich durchaus nicht der Blaupause, die Baines im Geiste nach der Zeichnung Dr. Hess’ von diesem Saal entworfen hatte. Was den Raum selbst völlig beherrschte, war übrigens auch eine Zeichnung, nicht irgendein Möbelstück oder architektonisches Detail. Es war ein riesiger Doppelkreis am Boden, der mit weißer Tünche gemalt zu sein schien. Zwischen die beiden konzentrischen Kreise war eine Unzahl von Worten geschrieben, oder Reihen von Zeichen, die wie Worte aussahen, wobei die Schriftzeichen, was Baines anlangte, ebensogut hebräisch, griechisch, etruskisch oder gar elfisch sein mochten. Einige wenige waren mit Lateinbuchstaben geschrieben, aber auch sie bildeten Namen, die Baines nicht erkannte. Um die Außenseite des äußeren Kreises herum waren astrologische Zeichen in der Tierkreisordnung geschrieben, doch stand Saturn hier im Norden.